Pinneberg/Itzehoe. Nur eine Notoperation rettete das Leben des 19-Jährigen. Welche Verletzungen er erlitt, erläuterte vor Gericht ein Rechtsmediziner.

Dass Mohmen A. die Messerattacke vom Pinneberger Bahnhof überlebt hat, ist nur der Kunst der Ärzte zu verdanken. Das erläuterte der Rechtsmediziner Fabian Heinrich den Prozessbeteiligten am Landgericht Itzehoe. „Ohne Behandlung hätte die Verletzung definitiv zum Tod geführt.“

Für den Messerstich in den Bauch des aus Hamburg stammenden Opfers soll Jamal H. (22) verantwortlich sein. Der Pinneberger, der im Verfahren die Aussage verweigert, muss sich seit dem 3. Januar wegen versuchten Totschlags vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts verantworten. Am Montag stand der zwölfte Prozesstag an – mit der Aussage des Rechtsmediziners.

Prozess: Opfer der Messerattacke von Pinneberg hat nur knapp überlebt

Fabian Heinrich hat das Opfer am 7. Juli 2022 auf der Intensivstation des Uniklinikums Eppendorf untersucht, einen Tag nach der Attacke am Pinneberger Bahnhof.

Im Parkhaus nebenan hatten mehrere Freunde aus der Kreisstadt sowie aus Hamburg ein Rap-Musikvideo gedreht, dazu Alkohol und Drogen konsumiert. Nach Ende des Drehs kam es dann am Bahnhof zum folgenschweren Streit, als die Heranwachsenden auf die S-Bahn warteten.

Das 19 Jahre alte Opfer macht im Prozess von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Gegenüber dem Rechtsmediziner hat er Angaben zur Tat gemacht – und auch eingeräumt, beim Videodreh zwei Whiskey-Cola getrunken und einen Joint geraucht zu haben.

Am Bahnhof Pinneberg taucht ein Mann auf und macht Stress

Demnach kannte er bis auf einen Freund keine der am Dreh beteiligten Personen. Später am Bahnhof sei dann ein ihm ebenfalls unbekannter Mann aufgetaucht, habe Stress gemacht und einen Beteiligten des Videodrehs angegangen.

Er sei zwischen die beiden getreten, um zu schlichten. Daraufhin habe ihm der Täter ohne Vorwarnung ein Messer in den Oberbauch gestoßen. Dieses habe er in der rechten Hand gehalten. Mohmen A. gab laut dem Mediziner weiter an, er habe sich dann ein Stück entfernt, um seine Verletzungen zu begutachten.

Opfer sollen nach eigenen Angaben die Gedärme aus dem Bauch gequollen sein

Er habe dann seine Gedärme aus dem Bauch quellen gesehen, habe sich auf eine Treppe am Bahnhof gelegt und sei ohnmächtig geworden. Zuvor habe er noch jemanden bitten können, einen Rettungswagen zu rufen.

Ein Polizist steht am 6. Juli 2022 vor dem abgesperrten Tatort am Ausgang des Bahnhofs in Pinneberg.
Ein Polizist steht am 6. Juli 2022 vor dem abgesperrten Tatort am Ausgang des Bahnhofs in Pinneberg. © HA | Florian Sprenger / Westküsten-News

Die Verletzung an sich war für den Rechtsmediziner nicht mehr sichtbar, da er Mohmen A. nach der Notoperation untersucht hat. „Bei der Einlieferung war der Blutdruck mit 40 zu 20 sehr niedrig, auffällig war auch die hohe Herzfrequenz“, so der Rechtsmediziner.

Opfer erhielt Blutkonserven, um den hohen Blutverlust auszugleichen

Laut dem Arztbrief des Operateurs habe der Messerstich die Bauchspeicheldrüse verletzt, der Darm sei perforiert und auch eine Arterie in Mitleidenschaft gezogen worden. Dadurch sei es zu starken Blutungen nach innen gekommen. Um den Verlust auszugleichen, seien mehrere Blutkonserven notwendig gewesen.

„Ich würde die Verletzungen als akut lebensbedrohlich einstufen“, so der Rechtsmediziner. Nur dem erfolgreichen operativen Eingriff habe der 19-Jährige sein Leben zu verdanken. Dennoch seien langfristige Folgeschäden nicht auszuschließen, so der Experte weiter.

Videokamera zeigt Vor- und Nachgeschichte, nicht die eigentliche Tat

Videoaufnahmen einer in der Nähe befindlichen Kamera zeigen die Vor- und die Nachgeschichte, jedoch nicht den Vorfall selbst. Zu sehen ist, dass sich zum Zeitpunkt der Messerstiche zehn junge Männer dort aufhalten. Alle sind von den Ermittlern identifiziert worden.

Während Täter und das Opfer – wegen möglicher Drogendelikte – ein Aussageverweigerungsrecht haben, sind die Verfahrensbeteiligten weiterhin dabei, die acht anderen Anwesenden zu befragen.

Hauptzeuge musste dreimal stundenlang vor Gericht aussagen

Andy T. (26), ein Hamburger Musikproduzent, musste dreimal stundenlang Rede und Antwort stehen, ehe alle Prozessbeteiligten zufrieden waren. Er ist der Hauptzeuge der Anklage, hat Jamal H. vor Gericht und im Ermittlungsverfahren eindeutig als Täter benannt.

Die anderen Zeugen hatten sich teils auf Erinnerungslücken berufen oder angegeben, den Moment des Messerstichs nicht gesehen zu haben. Fünf der acht unmittelbaren Zeugen sind bereits vor Gericht aufgetreten.

Pinneberg: Noch sind fünf weitere Prozesstermine bis zum 2. Juni angesetzt

Die Kammer hat bis zum 2. Juni noch fünf weitere Verhandlungstermine angesetzt. Ob dies ausreichen wird, ist noch unklar. Neben den unmittelbaren Zeugen müssen auch noch die Polizisten gehört werden, die Untersuchungen am Tatort vorgenommen haben. Und auch mehrere Vernehmungsbeamte stehen noch auf der Zeugenliste.