Pinneberg. Komplizierte Bergung, ausgetretener Kraftstoff, Gebäudeschäden: Ein Dekra-Experte erklärt, warum der Brand so verheerend war.
Der Brand eines Gelenkbusses in der Innenstadt von Pinneberg hatte auch Folgen für die Umwelt. Aus dem ausgebrannten Wrack traten am späten Mittwochnachmittag große Mengen an Dieselkraftstoff aus, Teile davon flossen auch in die Pinnau. Das THW und der Löschzug Gefahrgut der Feuerwehr waren vor Ort, um schlimmere Folgen zu verhindern.
Das 18 Meter lange Fahrzeug, das im S-Bahn-Ersatzverkehr eingesetzt war, ging wie berichtet kurz nach 13 Uhr an der Schauenburgerstraße in Flammen auf. Die Lösch- und Bergungsarbeiten vor Ort zogen sich mehr als zehn Stunden hin, erst gegen 23.15 Uhr konnte die Straße wieder für den Verkehr freigegeben werden.
Pinneberg: Linienbus brennt – war undichte Kraftstoffleitung ursächlich?
Der Brandmeldesensor des VHH-Busses hatte dem Fahrer eine stark erhöhe Temperatur im Motorraum angezeigt, sodass dieser das Fahrzeug stoppte und die Fahrgäste – die genaue Zahl ist unbekannt – aussteigen ließ. Einige Minuten später schlugen erste Flammen aus dem Motor, der im Heckbereich sitzt. Sofort wurde die Feuerwehr alarmiert.
„Ich habe noch keinen Busbrand gesehen, der nicht hinten im Heckbereich angefangen hat“, sagt Thomas Hilker, Abteilungsleiter für Unfallanalyse bei der Dekra-Niederlassung Hamburg. Und in den meisten Fällen bleibe – wie hier auch – am Ende nur ein ausgebranntes Gerippe übrig.
Busmotor sitzt direkt unter der letzten Sitzreihe
Häufig sei eine Undichtigkeit in der Kraftstoffzuführung ursächlich. Die große Hitze in dem kleinen Motorraum, der direkt unter der letzten Sitzbank platziert sei, begünstige die Brandentwicklung. Das Feuer schlage dann nach oben, aufgrund der hohen Temperaturen würden in der Folge Sitzpolster, Teppiche sowie die verbauten Kunststoffteile in Brand geraten.
Sie seien zwar brandhemmend, könnten angesichts der enormen Hitze dem Feuer jedoch nicht standhalten. Auch durch die Lüftungsschächte und die Kabeldurchführungen gelange der Brand in die Fahrgastzelle. „Es geht schnell, ist aber keine explosionsartige Ausbreitung“, stellt Hilker klar. Die Zeit reiche immer, um die Fahrzeuge zu evakuieren.
Erstes Feuerwehrfahrzeug nach sieben Minuten vor Ort
„Sieben Minuten nach dem Alarm war das erste, mit acht Personen besetzte Fahrzeug vor Ort“, berichtet Pinnebergs Wehrführer Claus Köster. Zu diesem Zeitpunkt habe der Bus bereits im Vollbrand gestanden, die Flammen hätten an den Fassaden der links und rechts der Straße stehenden Wohnblocks hochgeschlagen und Fenster- sowie Türglas zum Platzen gebracht.
Rauch zog in die Wohnungen. Personen, denen der Fluchtweg versperrt war, setzten Notrufe ab. Dank des schnellen Eintreffens und des massiven Einsatzes von Wasser und Löschschaum gelang es den Einsatzkräften, ein Übergreifen der Flammen auf die Dachbereiche der Gebäude zu verhindern.
Polizei schätzt den Gesamtschaden auf 600.000 Euro
An den Fassaden entstanden jedoch erhebliche Schäden. Die Polizei schätzt den Gesamtschaden auf 600.000 Euro, etwa die Hälfte könnte auf den ausgebrannten Linienbus entfallen.
„Gegen 16 Uhr ist Dieselkraftstoff aus dem ausgebrannten Bus ausgetreten“, berichtet Köster. Daraufhin sei der Löschzug Gefahrgut der Kreisfeuerwehr alarmiert worden, um den Kraftstoff kontrolliert abzupumpen. Örtliche Kräfte aus Pinneberg hätten den ausgelaufenen Teil mit Ölbindemitteln gesichert.
Die Stadtwerke und der Kommunale Servicebetrieb der Stadt seien ebenfalls vor Ort gewesen, um ein Einlaufen in die Kanalisation zu verhindern. Auch der Erste Stadtrat Stefan Bohlen unterstützte die Kräfte vor Ort. Feuerwehrchef Köster lobt ausdrücklich die Zusammenarbeit aller eingesetzter Kräfte.
THW dämmt den Dieselfilm auf der Pinnau ein
Weil später festgestellt wurde, dass bereits Teile des Kraftstoffs in die Pinnau gelaufen waren, wurde das THW Pinneberg alarmiert. Die Kräfte legten dort am späten Abend Ölsperren aus, um ein Ausbreiten der Flüssigkeit zu vermeiden.
Am Abend traf auch eine Spezialfirma ein, um das ausgebrannte Wrack des Gelenkbusses zu bergen. Das Fahrzeug wurde in zwei Teile zerschnitten und diese auf einen Tieflader geladen. Die genaue Ursachenforschung durch einen externen Brandsachverständigen wird auf dem VHH-Betriebshof in Glinde stattfinden. Dort war der Bus auch stationiert.
Glaser reparieren am Mittwochabend die Schäden an den Häusern
Am Mittwochabend kamen Glaser zum Einsatz, um die Schäden an den Gebäuden notdürftig zu reparieren. Auch die durch die Feuerwehr zur Gefahrenabwehr aufgebrochenen Türschlösser der Wohnungen wurden gerichtet. „Die VHH ist versichert und bemüht sich aktuell um Kontaktaufnahme mit den Geschädigten“, so Unternehmenssprecher Lennart Meyer.
Fahrzeugbrände kommen immer wieder vor – und natürlich sind auch Linienbusse betroffen, die täglich im Straßenverkehr unterwegs sind. „Verkehrsbusse werden im Vergleich zu privaten Pkw deutlich mehr eingesetzt, leisten viel mehr Kilometer ab“, sagt Meyer weiter.
Pinneberg: Busse müssen jährlich zum TÜV und werden regelmäßig überprüft
Sein Unternehmen tue alles, um die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten. Man sei sich der „besonderen Verantwortung“ bewusst. Jeder Bus werde jährlich der Hauptuntersuchung durch den TÜV-Hanse zugeführt. Das betroffene Fahrzeug sei zuletzt im November vorigen Jahres beim TÜV gewesen.
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Die VHH als Busunternehmen werde vom TÜV einmal jährlich zertifiziert, was die Sicherheit im Busbetrieb betrifft. An jedem Fahrzeug würden zudem regelmäßig Sicherheitsprüfungen von der VHH vorgenommen. Der betroffene Bus sei im ersten Quartal 2023 gecheckt worden.
Hinzu kämen die vom Hersteller vorgegebenen Wartungsintervalle, die die VHH vollumfänglich erfülle. Der ausgebrannte Bus sei zuletzt im Januar 2023 gewartet worden.