Bokel/Moorrege. Das Millionen-Projekt soll 15.000 Haushalte im Kreis Pinneberg mit Strom versorgen. Auch Schafe könnten unter den Anlagen weiden.

  • In Bokel soll bald der erste Solarstrompark der Region stehen. 60 Hektar soll er groß werden
  • Das ist nur möglich, weil ein Milchbauer aus dem Dorf seine Fläche zur Verfügung stellt

Der Kreis Pinneberg schickt sich an, jetzt bald auch selbst einiges für die Energiewende zu tun – sofern die Genehmigungsbehörden mitspielen. So soll ganz im Norden des Kreises in Bokel bis 2025 der erste große Solarstrompark im Kreis Pinneberg entstehen.

Konkret wollen dort vier Landwirte zusammen etwa 60 Hektar ihrer Flächen einem Investor aus Bayern verpachten. Die Gemeindevertretung hat diesem Vorhaben bereits zugestimmt.

Solarpark im Kreis Pinneberg: Mini-Dorf plant auf 60 Hektar Photovoltaikanlagen

Anders sieht es mit einer ganz ähnlichen Initiative in Moorrege aus, wo der Gemeinderat seine Zustimmung zu einem Photovoltaik-Projekt zweier Landwirte zunächst auf Eis gelegt und auf den Zeitraum nach der Kommunalwahl im Mai verschoben hat.

In Bokel ist man dagegen voller Tatendrang: „Wir wollen nicht nur auf die Solarpanels schauen, sondern auch wirtschaftlich davon profitieren“, erklärt Jan Hachmann, der in vierter Generation mit seiner Familie einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 180 Hektar Land bewirtschaftet.

Sonnenenergie: Milchbauer stellt seine Fläche zur Verfügung

„Wir haben 120 Milchkühe, 80 Freilandschweine und auch noch etliche Schafe“, erklärt der Vollerwerbslandwirt. Auch einen Hofladen mit allerlei Fleischprodukten und Eiern unterhält er. Nun will er eine eigene, 35 Hektar große Fläche in das Projekt einbringen.

Seine Nachbarn hätten bereits vor zweieinhalb Jahren Kontakt zu dem Unternehmen BayWa.Re AG aus München aufgenommen, das in den Bokeler Solarpark bis zu 40 Millionen Euro investieren will, wie Projektleiterin Monika Keßler dem Abendblatt berichtet.

Grüner Strom könnte bis zu 15.000 Haushalte versorgen

„Wir planen dort, Solarmodule auf 60 Hektar Land aufzustellen, die eine Gesamtleistung von 52 Megawatt haben“, erklärt sie. Damit ließen sich etwa 53 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen. Davon könnten dann rund 15.000 Haushalte komplett mit Strom versorgt werden.

Der erzeugte Strom würde reichen, um etwa 15.000 Haushalte mit grünem Strom zu versorgen.
Der erzeugte Strom würde reichen, um etwa 15.000 Haushalte mit grünem Strom zu versorgen. © Burkhard Fuchs | BayWa.re.

Die BayWa.Re AG ist im Jahr 2009 als Tochterunternehmen der BayWa AG gegründet worden, die seit genau 100 Jahren besteht und an 3000 Standorten in 50 Ländern Projekte im Bau-, Energie- und Agrarsektor realisiert. Auch die BayWa.Re AG ist ein weltweit tätiger Konzern, der nach Firmenangaben mit 4100 Mitarbeitern in 30 Ländern etwa 3,6 Milliarden Euro Umsatz erzielt.

Investor BayWa.Re AG betreibt auch Windparks in Spanien.

„Wir treiben die Energiewende mit unseren erneuerbaren Energie-Projekten voran“, sagt Projektleiterin Keßler. Die BayWa.Re AG sei „ein weltweit führender Entwickler, Dienstleister, Photovoltaik-Großhändler und Anbieter von Energielösungen im Bereich der Erneuerbaren Energien“.

Dazu gehörten auch große Windparks in Spanien. Insgesamt fünf Gigawatt Energieleistung aus Wind und Sonne brächten alle installierten Solardächer und Windkraftanlagen der BayWa.Re zusammen.

Viertkleinstes Dorf im Kreis ist „Feuer und Flamme“ für die Solarparkidee

Dass ausgerechnet das mit 600 Einwohnern viertkleinste Dorf im Kreis Pinneberg „Feuer und Flamme“ für die Solarparkidee sei, freue sie sehr, sagt Monika Keßler. Bürgermeister Wolfgang Münster kann das nur bestätigen. „Der Solarpark würde gut zu uns passen.“

Das Projekt sei keine Konkurrenz zu den landwirtschaftlichen Betrieben, sondern würde sich gut in deren Getreideanbau und Viehhaltung integrieren, ist Münster überzeugt. „Wir haben dem einmütig zugestimmt, den Flächennutzungsplan entsprechend geändert und das Bauleitverfahren eingeleitet. “

Solarpark-Verfahren hängt auch an Behörden und Naturschutz

So sollen die Solarmodule nicht direkt am Boden installiert werden, erklärt Landwirt Hachmann. Sie würden etwa zwei bis drei Meter hoch angelegt, sodass darunter eine Beweidung durch Schafe weiterhin möglich wäre. Maschineneinsatz oder Rinderhaltung ließen sich auf der Fläche mit den Solarmodulen allerdings nicht mehr bewerkstelligen.

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Nach der grundsätzlichen Zustimmung der Gemeinde würden jetzt die Behörden und sogenannten Träger öffentlicher Belange angehört und nach ihren Anregungen und Einwänden befragt, erklärt Projektleiterin Keßler den Stand des Verfahrens. Dabei würden natürlich die Interessen des Natur- und Artenschutzes berücksichtigt und abgewogen werden. Auch die Untere Naturschutz- und Bauaufsichtsbehörden des Kreises Pinneberg seien eingeschaltet.

„Solarpark kann 2025 errichtet werden und ans Netz gehen“

Ein neues Umspannwerk ganz in der Nähe des geplanten Solarparks, aber bereits auf der andern Kreisseite in Steinburg, müsse ebenfalls noch geplant und gebaut werden. Dort soll der grüne Solarstrom dann ins öffentliche Netz eingespeist werden.

„Wir rechnen damit, dass der Solarpark in Bokel 2025 errichtet und ans Netz gehen kann“, erklärt Monika Keßler. Da der Solarpark entlang der geplanten A20-Trasse errichtet werden soll, die in den nächsten zehn Jahren gebaut werden soll, dürfte einer behördlichen Genehmigung wenig entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat gerade Autobahntrassen dafür als besonders gut geeignet eingestuft.

Denkbar ist, dass sich Bürger mit eigenem Geld am Projekt beteiligen

Noch nicht abschließend geklärt, aber durchaus denkbar sei es, dass sich Bürgerinnen und Bürger mit eigenem Geld an diesem Projekt beteiligen können, sagt die Projektleiterin. In Bayern, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern, wo die BayWa.Re AG bereits solche Solarparks errichtet habe und betreibe, sei das so verwirklicht worden.

In Moorrege, wo sich auch die Bürgerinnen und Bürger an einem Solarpark beteiligen können sollen, liegt das Projekt dagegen erst einmal auf Eis. Bürgermeister Wolfgang Balasus (CDU), der – wie berichtet – selbst ganz begeistert von dieser klimaschonenden Idee ist, blies jetzt im Gemeinderat kräftig Gegenwind ins Gesicht.

Mit seinem Appell, „alle reden von der Energiewende – wir wollen sie umsetzen“, konnte der Bürgermeister die Kritiker in der Gemeinde und Kommunalpolitik nicht auf Anhieb überzeugen. So habe ein Pferdehalter eingewandt, es würden durch den Solarpark wertvolle landwirtschaftliche Flächen verloren gehen, wundert sich Balasus.

Tatsächlich gehören die etwa 30 Hektar umfassenden Weiden zwischen Werftweg und Pinnau in Moorrege zu einem als Grünzug deklarierten Gebiet im landesweiten Regionalplan und gelten als Landschaftsschutzgebiet „Mittlere Pinnau“ im Kreis Pinneberg.

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Darum habe die Untere Naturschutzbehörde in einem ersten Vorgespräch ihre Zustimmung zu dem Projekt verweigert, sagt Balasus. Aber er setzt darauf, dass die übergeordnete Energiewende Ausnahmegenehmigungen möglich machen müsste.

Aber darüber werde seine Gemeinde nun intensiv nach der Kommunalwahl diskutieren und beraten. „Wir werden die Bevölkerung daran beteiligen und transparent entscheiden.“ Aber für Balasus, der auch nach der Wahl noch Bürgermeister bleiben möchte, geht „kein Weg daran vorbei“, dass innovative, lokale Projekte mit erneuerbarer Energieerzeugung realisiert werden müssen, sonst wird es nichts mit der Energiewende hierzulande.