Kreis Pinneberg. Kreis will ein Kataster für geeignete Flächen erstellen. Warum die Behörde den Bau von Solaranlagen auf Dächern bevorzugt.
Der Klimaschutz und die Energiewende führen auch im Kreis Pinneberg zu einem Bewusstseinswandel, was die regionale Energieversorgung angeht. Gut 120 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Kommunalpolitikerinnen und -politiker verfolgten vor Kurzem die erste Informationsveranstaltung der Kreisverwaltung im Elmshorner Kreishaus, die die rechtlichen Möglichkeiten beleuchtete, Solarstromanlagen auf der freien Fläche zu errichten.
Das sei nach wie vor nur eingeschränkt, vor allem entlang der Bahnstrecken und Autobahnen möglich, erfuhren die Teilnehmer dort.
Energiewende: Wo im Kreis Pinneberg Solaranlagen errichtet werden können
Darum rät die Kreisverwaltung den Kommunen, lieber Photovoltaikanlagen auf vorhandene Dächer und versiegelten Flächen zu installieren. Dazu werde auch gerade ein sogenanntes Solarstrom-Potenzial-Kataster erstellt, das kreisweit alle Immobilien in den Städten und Gemeinden danach bewerten werde, ob sie für Solarstrom- oder Solarthermie-Anlagen hinsichtlich Neigung und Statik infrage kämen.
Dieses Kataster soll dann als eine Art Tool im Internet für alle Interessierten verfügbar sein und farblich in Grün, Gelb und Rot in einem Ampelsystem die Dachflächen für gut geeignet bis ungeeignet einstufen. „Das wollen wir bis August fertiggestellt haben“, kündigte Robin Rieprich an, der die neu geschaffene Stabsstelle Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Mobilität und Energie leitet.
Kreis Pinneberg: Kataster für Solaranlagen soll im August fertig sein
„Wir wollen als Kreis Pinneberg als Vorbild vorangehen“, sagte Rieprich. Darum prüfe der Kreis zurzeit, inwieweit er seine eigenen Liegenschaften wie die Kreisberufsschulen in Elmshorn und Pinneberg und die beiden Förderzentren in Elmshorn und Appen mit PV-Anlagen ausrüsten könnte.
Im dritten Bauabschnitt der Kreisfeuerwehrzentrale in Tornesch-Ahrenlohe werde dies auf jeden Fall realisiert, kündigte Pinnebergs Landrätin Elfi Heesch an. „Wir wollen die Energiewende mit Kraft voranbringen. Dafür brauchen wir sehr viel mehr grünen Strom als zurzeit.“ Die erste Info-Veranstaltung jetzt im Kreishaus und ein für Ende April geplanter Workshop mit allen Bürgermeistern und Verwaltungsleitern sollen dafür weitere Impulse setzen.
Kreis Pinneberg: Freiflächen-PV-Anlagen auf 1465 Hektar
In Schleswig-Holstein sind aktuell etwa 1465 Hektar mit Freiflächen-PV-Anlagen bestückt, sagte Staatssekretär Jörg Sibbel aus dem Innenministerium. Weitere Solarstromanlagen mit einer Gesamtfläche von mehr als 1800 Hektar seien zusätzlich in Planung.
„Das zeigt, dass es hier eine große Dynamik und Nachfrage gibt“, betonte er im Elmshorner Kreishaus. „Dies wollen wir als Landesregierung weiter eng begleiten.“ Deshalb werde ein Beratungsschreiben an alle Kreise und Gemeinden verschickt, um ihnen konkrete Hilfestellung zu geben, wie die neue Rechtslage dazu aussehe und was es dabei zu beachten gelte.
Energiewende: Solaranlagen entlang der A23 und A7 möglich
So besage der landesweite Erlass dazu, dass solche Solarstromanlagen ohne weitere rechtliche Vorgaben jeweils 200 Meter entlang der zweigleisigen Eisenbahnstrecken und der A23 zu realisieren seien, wie es sie bereits in großer Zahl entlang der A7 gebe. „Dort können jetzt nämlich auch PV-Anlagen errichtet werden, die aufgrund regionaler Grünzüge bislang dort nicht möglich waren“, sagte Sibbel.
Für alle anderen PV-Anlagen auf freien Flächen gelte weiterhin, dass die jeweiligen Kommunen diese in den bekannten Bauleitverfahren rechtsgültig zu planen haben, betonten die Behörden von Kreis und Land. Denn es gelte, auch in der Energiewende die richtige Balance zwischen Landschafts-, Natur- und Umweltschutz zu schaffen.
Kreis Pinneberg lehnt Solarpark in Moorrege ab
Für Moorreges Bürgermeister Wolfgang Balasus war das eher enttäuschend zu hören. Wie berichtet, gibt es dort in der Gemeinde bereits ein konkretes Projekt, bei dem ein Investor aus Bayern 20 Millionen Euro in einen Solarstrompark auf einer 27 Hektar großen Wiese errichten und betreiben möchte. Mit den Landwirten ist er sich einig. Die Gemeinde will den Flächennutzungs- und Bauleitplan entsprechend ändern. Doch die landwirtschaftlich genutzte Fläche gehört zum Landschaftsschutzgebiet und wird vom Land als Grünzug eingestuft, der darum nicht für PV-Anlagen infrage komme.
Balasus hofft noch auf eine Ausnahmegenehmigung. Schließlich sollen die Solarmodule etwa drei Meter über der Erde installiert werden, sodass eine extensive Landwirtschaft dort weiterhin möglich wäre. „Die Kühe könnten weiterhin auf den Feldern weiden und hätten nur ein Solardach über ihren Hörnern“, betonte Balasus, der sich mehr Flexibilität von den Behörden wünscht.
In Bokel sollen 95.000 Solar-Module verbaut werden
Zumal das neue Erneuerbare Energiegesetz die Errichtung von Solarstromanlagen als „im überragenden öffentlichen Interesse“ einstuft und festlegt: „Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.“ Balasus: „Wir werden weiter am Ball bleiben. Der Klügere gibt nach, aber nicht auf.“
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Ganz anders sieht es dagegen in Bokel aus. Dort will, wie berichtet. auch ein Investor aus Bayern auf einer 50 Hektar großen Fläche einen Solarpark errichten. Gemeinde, Landwirte und Investor seien sich handelseinig, sagt Sven Werner, der Verwaltungsleitende Beamte für das Amt Hörnerkirchen. Die 95.000 Module sollen dort entlang der A20-Trasse installiert werden, was genau den Vorgaben des Erlasses entspreche und somit ohne Weiteres genehmigungsfähig sein dürfte, erklärt Werner. „Aber der Kreis Pinneberg tut sich schwer, solche Anlagen zu genehmigen“, wundert er sich.
Energiewende: BUND kündigt Widerstand gegen zu viele Solaranlagen an
Aber auch die Naturschutzverbände sind nicht begeistert. Marina Quoirin-Nebel von der Kreisgruppe des Bundes für Natur- und Umweltschutz (BUND), die online an der Veranstaltung teilnahm, betonte: „Wir werden noch viele Diskussionen um die Solarstromanlagen auf den Freiflächen führen müssen. Da wird es von unserer Seite Probleme geben.“