Kreis Pinneberg. Es gab zwar weniger Verkehrstote, aber fast alle anderen Zahlen steigen. Kinder und Senioren auffallend oft in Unfälle verwickelt.

Mehr Unfälle, mehr Verletzte, aber weniger Unfalltote: Das sind die wichtigsten Aussagen des Verkehrssicherheitsberichts 2022 für den Kreis Pinneberg, den die Polizei jetzt vorgelegt hat. Besonders dramatisch ist demnach der Anstieg der Unfallzahlen bei E-Rollern und Pedelecs.

Insgesamt 6687 Mal hat es im vergangenen Jahr auf den Straßen des Kreises gekracht. Zum Vergleich: 2021 nahmen die Beamten 6396 Unfälle auf, also 291 weniger. Das bedeutet einen Anstieg von 4,5 Prozent.

Verkehrsstatistik: Mehr Unfälle, mehr Verletzte

Dennoch ist die Zahl der Unfälle im Kreisgebiet auf einem sehr niedrigen Niveau. Zwischen 2014 und 2019 lagen die Zahlen stets oberhalb der 7000er-Marke, mit dem höchsten Wert von 7716 Unfällen im Jahr 2017.

Besorgniserregend ist jedoch, dass die Zahl der verletzten Personen um 15,8 Prozent gestiegen ist. 1097 Verkehrsteilnehmer zogen sich im Vorjahr in Folge von Unfällen Verletzungen zu, im Jahr 2021 lag diese Zahl bei 1283.

Kreis Pinneberg: Zahl der Unfalltoten sinkt von sechs auf vier

150 Personen (2021: 135) galten als schwer verletzt (+11,1 Prozent), 1133 Personen (2021: 962) als leicht verletzt (+17,8 Prozent). Die Zahl der Schwerverletzten sind die höchsten der vergangenen zehn Jahre. Vier Personen ließen 2022 im Straßenverkehr ihr Leben. 2021 standen noch sechs Verkehrstote in der Statistik.

Die erste tödliche Unfall ereignete sich am 16. Mai vorigen Jahres in Wedel, als eine 51-jährige Autofahrerin vom Famila-Parkplatz nach links auf die Rissener Straße abbog und eine 89 Jahre alte Fußgängerin übersah. Diese überquerte die Straße an der dortigen Fußgängerampel, hatte wie die Autofahrerin ebenfalls grün. Die Seniorin starb einen Tag später im Krankenhaus.

Tödliche Unfälle in Barmstedt, Bevern, Wedel und Pinneberg

In Barmstedt stürzte am 2. Juli ein Fahrradfahrer ohne Fremdeinwirkung auf einem Supermarktparkplatz und erlag später seinen schweren Kopfverletzungen. Eine Blutuntersuchung ergab bei ihm einen Alkoholwert von 3,4 Promille.

In Bevern verunglückte am 30. September eine 28 Jahre alte Motorradfahrerin. Die Bikerin aus Tornesch war auf der Hauptstraße in Richtung Bevern unterwegs, als sie mit ihrer Yamaha in einer Rechtskurve nach links von der Fahrbahn abkam und frontal gegen die Mauer eines Grundstücks krachte. Die Ursache blieb unklar.

Zahl der Unfälle mit E-Scootern steigt um 136,8 Prozent an

Auf der LSE bei Waldenau verunglückte am 16. November 2022 ein 37 Jahre alter Mazda-Fahrer tödlich, der aus unbekannter Ursache auf die Gegenfahrbahn geriet und frontal mit einem Lkw kollidierte.

In 19 Fällen nahmen die Beamten im Jahr 2021 Unfälle auf, bei denen ein E-Scooter eine Rolle spielte (14 verletzte Personen). 2020 gab es in diesem Segment sogar nur sechs Unfälle. Im vergangenen Jahr waren es 45 derartige Unfälle, 38 Verletzte waren zu beklagen. Das entspricht einem Anstieg von 136,8 Prozent, bei den Verletzten liegt dieser sogar bei 171,4 Prozent.

Auch die Zahl der verunglückten Pedelec-Fahrer ist explodiert

„Das ist eine schlimme Entwicklung“, sagt Polizeikommissar Joachim Lang, zuständiger Mitarbeiter im Sachgebiet Verkehr der Polizeidirektion Bad Segeberg. Die Zahl dieses Verkehrsmittels steige im privaten Bereich explosionsartig an, sodass damit auch steigende Unfallzahlen einhergehen würden. Auch die Leih-Scooter in Elmshorn und Pinneberg würden dazu beitragen.

Laut Lang sollten die Nutzer ihr Fahrverhalten so manches Mal überdenken. Gleiches gelte für die Nutzer von Pedelecs, auch als E-Bike bekannt. 116 dieser Fahrer verunglückten 2022 auf den Straßen des Kreises, 112 von ihnen wurden dabei verletzt. 2021 kam es zu 81 Unfällen mit diesem Verkehrsmittel, dabei gab es 69 Verletzte.

Zahl der Motorradfahrer, die an Unfällen beteiligt sind, ist rückläufig

In den Zahlen für die Radfahrer sind die Nutzer von E-Bikes integriert. Hier weist die Statistik für 2022 insgesamt 542 Unfälle mit Zweiradfahrern aus (516 Verletzte). 2021 waren es 442 Unfälle mit 416 Verletzten.

Bei den Motorradfahrern sind die Unfallzahlen leicht rückläufig. 92 von ihnen verunglückten im vergangenen Jahr kreisweit, ein Jahr zuvor waren es zwei Unfälle mehr. Dafür ist die Zahl der verletzten Motorradfahrer von 75 auf 79 leicht angestiegen.

Unfälle unter Beteiligung von Fußgängern nehmen stark zu

Unfälle mit Beteiligung von Fußgängern haben um 39,2 Prozent zugenommen. 135 Unfälle dieser Art tauchen in der Statistik für 2022 auf, ein Jahr zuvor waren es lediglich 97. Auch die Zahl der verletzten Fußgänger ist sprunghaft gestiegen – von 90 in 2021 auf 121 im vergangenen Jahr (+34,4 Prozent).

In 167 Fällen waren Kinder am Unfallgeschehen beteiligt (2021: 114 Fälle, +46,5 Prozent). 138 Kinder wurden leicht, 13 schwer verletzt. Zum Vergleich: 2021 zählte die Polizei 101 leicht verletzte Kinder, sieben kamen schwer verletzt in ein Krankenhaus.

Senioren sind deutlich häufiger am Unfallgeschehen beteiligt

Senioren sind 2022 deutlich häufiger an Unfällen beteiligt als ein Jahr zuvor. 482 Personen im Alter von mehr als 65 Jahren waren involviert (2021: 399), in 300 Fällen waren die Senioren ursächlich für den Unfall (2021: 260 Fälle).

317 junge Fahrer (18 bis 25 Jahre) sind voriges Jahr an Unfällen beteiligt gewesen, diese Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 4 gesunken. In 196 Fällen galten die jungen Fahrer als Verursacher (2021: 180 Fälle).

Alkohol am Steuer nimmt bei Unfallfahrern wieder zu

Alkohol war bei 106 Unfallfahrern im Spiel (2021: 95). Das entspricht einem Anstieg um 11,6 Prozent. Im Fall der Drogenbeeinflussung gehen die Zahlen um 38,9 Prozent zurück. Elf Unfallfahrer hatten nachweislich Drogen genommen, 2021 waren es derer 18.

Vorfahrtsmissachtung, Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren sowie die falsche Straßennutzung gelten erneut als Hauptunfallursachen.

Kreis Pinneberg: Die Hauptunfallursachen bleiben seit Jahren gleich

Bei den Vorfahrtsverletzungen ist ein leichter Anstieg zu beobachten. Die Anzahl der Fehler beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren als Unfallursache ist leicht rückläufig. Auf Rang drei der Hauptunfallursachen liegt erneut die fehlerhafte Straßenbenutzung.

Unter diese Kategorie fallen etwa Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot oder die entgegengesetzte Nutzung von Radwegen. Auf Platz vier der Hauptunfallursachen liegt die nicht angepasste Geschwindigkeit, sie ist für acht Prozent der Unfälle verantwortlich.

Steigende Unfallzahlen auch auf den Autobahnen

Die Autobahnen A23 und A7, die auch durch den Kreis Pinneberg führen, sind in diesen Zahlen nicht enthalten. Die A23 wird von der Landesgrenze zu Hamburg bis zum Autobahnende in Heide separat betrachtet. Auf dieser Strecke ereigneten sich im Vorjahr 212 Unfälle (2021: 199).

Dabei wurden 115 Personen verletzt, 13 davon schwer. 2021 waren es 102 Verletzte, darunter 17 Schwerverletzte. In dem Jahr gab es auf der A23 zwei Unfalltote, im Vorjahr lag diese Zahl erfreulicherweise bei Null.

Weitere Kontrollen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit angekündigt

Die A7 wird im Abschnitt zwischen der Abfahrt Großenaspe und der Landesgrenze zu Hamburg in der Unfallstatistik betrachtet. Auf dieser Strecke wurden 2022 insgesamt 246 Unfälle registriert. Zum Vergleich: 2021 waren es 224.

Drei Personen kamen auf diesem Abschnitt der A7 ums Leben, 23 wurden schwer und 90 leicht verletzt. Im Vorjahr lagen die Zahlen deutlich darunter – 2021 gab einen Verkehrstoten in diesem Bereich sowie 28 schwer und 64 leicht verletzte Personen.

Verkehrsstatistik: Mehr Unfälle, mehr Verletzte – Unfallzahlen gehen rauf

Zwei Unfallschwerpunkte werden aufgeführt. Es handelt sich um den doppelspurigen Kreisverkehr an der Einmündung Wedeler Weg/LSE/Westring sowie die Kreuzung Hamburger Straße/Adenauerdamm/Langelohe in Elmshorn.

Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und die Unfallzahlen zu senken, kündigt Joachim Lang von der Polizeidirektion eine Ausweitung der Verkehrskontrollen an. Besonderes Augenmerk solle in diesem Jahr auf die Bereiche Geschwindigkeit, Insassensicherheit sowie Ablenkung durch technische Geräte gelegt werden.

Zudem würden weiterhin und auch flächendeckend Kontrollen in Bezug auf die Beeinflussung durch Alkohol, Drogen und Medikamente erfolgen.