Kreis Pinneberg. 500-Millionen-Euro-Projekt: Nach der Standortentscheidung gegen Elmshorn äußern sich Politik, Landrätin und Bürgermeister.
Die getroffene Standortentscheidung der Geschäftsleitung der Regio Kliniken, die geplante neue Zentralklinik bis 2032 am Pinneberger Ossenpadd zu errichten, wird von allen Seiten begrüßt.
Zuvorderst vom Hauptausschuss des Kreistages, der nach zweistündiger Sitzung am Mittwochabend dieser Entscheidung zustimmte. Landrätin Elfi Heesch solle auf der Gesellschafterversammlung der Regio Kliniken entsprechend zustimmen, entschieden die Kreispolitiker. Auf diese Weise sei die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung auf lange Sicht bestmöglich gesichert, betonten mehrere Fraktionen.
Regio Kliniken: Neue Zentralklinik in Pinneberg – die Reaktionen
Und auch der Mehrheitsgesellschafter, die Sana AG, lobte die richtungsweisende Entscheidung. „Das ist eine gute Entscheidung für Patienten, Mitarbeitende und die Gesundheitsversorgung im Kreis Pinneberg“, sagte Vorstandschef Thomas Lemke vom bundesweit drittgrößten Krankenhauskonzern, der etwa 50 Kliniken betreibt und zwei Millionen Patienten im Jahr versorgt.
Die Standortentscheidung sei „ein Meilenstein auf dem Weg zu einem neuen Gesundheitscampus, der medizinische Versorgung auf höchstem Niveau anbieten wird“, betonte der Sana-Chef.
Neuer Bau an A23: Elmshorn wird Klinikstandort verlieren
Im Jahr 2009 hatte der Kreis Pinneberg 74,9 Prozent der Gesellschaftsanteile der damals kreiseigenen Regio Kliniken mit seinerzeit noch drei Krankenhäusern in Pinneberg, Elmshorn und Wedel an Sana veräußert. 2020 ist Wedel geschlossen worden und mit dem geplanten Neubau an der A23-Auffahrt in Pinneberg-Nord wird auch Elmshorn als Klinikstandort aufgegeben.
Bürgermeister Volker Hatje aus Elmshorn nahm die Entscheidung der erweiterten Klinikleitung, die wie berichtet bereits in der vorigen Wochen gefallen ist, gelassen zur Kenntnis. Wie alle anderen Besucher verließ der Verwaltungschef die Sitzung des Hauptausschusses, als sich dieser zunächst mehr als eine Stunde lang unter Ausschluss der Öffentlichkeit von der Klinikchefin Regina Hein die Gründe für die Entscheidung erläutern lassen wollte.
Darum fiel die Entscheidung für Pinneberg und den Ossenpadd
Hinterher trug diese in verkürzter Form die Kriterien der Bewertung und das Ergebnis vor. Demnach haben mehrere Gutachten zur medizinischen Ausrichtung, der Erreichbarkeit für Mitarbeitende, Patienten und Rettungsdienst sowie die Mitarbeiterbefragung sich alle eindeutig für den Ossenpadd-Standort ausgesprochen.
Am Ende erreichte diese etwa 15 Hektar große unbebaute Fläche 867 von 1000 möglichen Punkten. Dahinter landeten das Rehmenfeld in Pinneberg mit 721 und der Elmshorner Vorschlag gegenüber vom heutigen Klinikum abgeschlagen mit 661 Punkten. Überraschend für einige Kreistagsabgeordnete und auch Bürgermeister Hatje schnitt Pinneberg sogar bei der Verkehrsanbindung am besten ab.
Pinnebergs Bürgermeisterin: Klinikneubau ist ein Jahrhundertprojekt
Für Bürgermeisterin Urte Steinberg war die Entscheidung für die Kreisstadt dagegen fast logisch. „Unser Dreiklang aus Autobahn, Schiene und ÖPNV ist unschlagbar. Wir sind schneller zu erreichen als jede andere Stadt im Kreis.“ Das sei für Fachpersonal, Ersthelfer, Patienten und Besucher entscheidend.
„Für uns war immer klar: Der Klinikneubau ist ein Jahrhundertprojekt, für das wir alles tun müssen. Wir haben sehr hart dafür gearbeitet. Pinneberg ist bereit für das neue Zentralkrankenhaus!“ Sie wäre auch sehr enttäuscht gewesen, wenn die Entscheidung zugunsten Elmshorns ausgefallen wäre. „Ich bin überzeugt, dass diese Entscheidung genau die richtige ist.“
Konkurrenz in Hamburg: Jeder zweite Patient lässt sich dort behandeln
Und genau dies scheinen letztlich die ausschlaggebenden Punkte für den Pinneberg-Standort gewesen zu sein: Im Süden des Kreises leben mehr Menschen als in Elmshorn, was der Zentralklinik grundsätzlich mehr Patienten bescheren dürfte. Pinneberg ist dichter dran an Hamburg, wodurch sich die Strategen der Regio Kliniken eher eine Rückgewinnung von Patienten aus Hamburg erhofften als dies mit Elmshorn der Fall wäre.
Denn jeder zweite Patient aus dem Kreis Pinneberg lässt sich lieber in einer Klinik in der Hansestadt stationär behandeln, hat bereits ein Landesgutachten Ende 2020 herausgearbeitet. Und sogar drei Viertel der ehemaligen Patienten des geschlossenen Krankenhauses in Wedel sind nach Hamburg abgewandert.
Regio Kliniken: Bisher etwa 32.000 Patienten pro Jahr
Die Zahl der möglichen Patienten – zurzeit etwa 32.000 im Jahr bei den Regio Kliniken – und die gute Erreichbarkeit seien „wesentliche Indikatoren“ bei der Standortauswahl gewesen, erklärte Klinikchefin Hein. Denn davon hänge ab, ob die neue Zentralklinik nur als ein Akut- oder als ein Schwerpunkt-Krankenhaus der Stufe 2 eingruppiert werde.
Diese Einstufung beeinflusse wiederum, wie viele Betten dem Klinikum vom Land zugewiesen werden und welche medizinischen Abteilungen sie betreiben dürfen. Die Regio Kliniken haben beim Land beantragt, 871 stationäre Betten und alle wichtigen medizinischen Behandlungen anzubieten.
Kritische Stimmen kommen aus der Politik
Es gab aber auch ein paar kritische Aussagen. So sieht SPD-Fraktionschef Hans-Peter Stahl ein grundsätzliches Problem in der Vergütung der Krankenhäuser nach Fallzahlen. „Das setzt die Krankenhäuser einem ruinösem Wettbewerbsdruck aus“, sagte er.
Es schade letztlich der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Sie gehöre zur Daseinsvorsorge unserer Gesellschaft und sollte nicht ökonomischen Prinzipien untergeordnet werden, fordert Stahl ein Umdenken der Gesetzeshüter. „Denn der Bund zwingt durch seine Vorgaben in der stationären Krankenhausversorgung zu größeren Kliniken.“ Niemand würde auf die Idee kommen, die Feuerwehr oder Polizei nach der Zahl ihrer Einsätze zu bezahlen.
Echo in den Parteien ist durchaus gemischt
Auch CDU-Fraktionschefin Heike Beukelmann merkte an, dass ihre Fraktion die weitere Planung für die Zentralklinik kritisch begleiten werde, „ob alles wirklich so eintreten wird wie es uns vorgestellt wurde“. Grünen-Fraktionschef Thomas Giese, FDP-Fraktionschef Olaf Klampe und SPD-Vizefraktionschef Helmuth Jahnke betonten unisono, dass sie die Standortentscheidung für die Zentralklinik für die bestmögliche gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung halten. Und AfD-Fraktionschef Bernhard Noack zeigte sich so begeistert von Klinikchefin Hein, dass er sie am liebsten gleich für die Kreisverwaltung abwerben wolle.
Die Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben im Kieler Landtag, die selbst in Borstel-Hohenraden lebt, sagte: „Pinneberg ist ein guter Standort sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für die Mitarbeitenden.“ Er sei gut erreichbar und biete optimale Bedingungen für eine moderne und effiziente Gesundheitsversorgung im Kreis Pinneberg.
Grüne: „Natürlich ist es für Elmshorn enttäuschend“
„Natürlich ist es für Elmshorn enttäuschend“, so Eka von Kalben. Sie sei sich aber „sicher, dass die Zusammenlegung beider Standorte auch weiterhin von allen positiv begleitet wird.“
Bis dahin müsse für den Norden im Kreis Pinneberg die ambulante medizinische Versorgung erheblich verbessert werden, forderte die SPD. „Wir müssen dann mit Städten und Gemeinden eine Stärkung und nachhaltige Sicherung der gesundheitlichen Versorgung vor Ort entwickeln, indem neben dem Zentralklinikum weitere regionale und lokale Versorgungszentren im Kreis geschaffen werden“, kündigte Fraktionschef Stahl als Alternative an.
Neue Zentralklinik ist nicht für den Stadt, sondern den Kreis gedacht
Kreispräsident Helmuth Ahrens (CDU) betonte: „Von Anfang an war aber klar, dass es am Ende nur einen Standort geben kann. Jetzt kommt es darauf an, die Perspektive zu ändern: Das neue Zentralkrankenhaus ist nicht das Krankenhaus in Pinneberg, sondern das Krankenhaus für den Kreis Pinneberg.“
Und Landrätin Elfi Heesch ließ nach der Sitzung verlauten: „Die Entscheidung für den Standort des künftigen Zentralklinikums hat eine enorme Tragweite.“ Darum sei es so wichtig gewesen, dass dieser Prozess nach objektiven Kriterien getroffen worden sei.
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Regio Kliniken: Konkrete Planungen für Zentralklinik können beginnen
„Das gesamte Verfahren ist transparent und nachvollziehbar gelaufen. Die Zusammenarbeit der beiden Gesellschafter war eng und vertrauensvoll.“ Mit der Festlegung auf einen Standort könne nun die konkrete Planung für den Bau eines leistungsfähigen Zentralkrankenhauses beginnen.
Das wird wohl als erstes die Kaufverhandlungen der Klinikleitung mit den Grundstückseigentümern betreffen. Von der etwa 15 Hektar großen Fläche gehören vier Hektar der Stadt, die anderen elf Hektar sind im Privatbesitz mehrerer Eigentümer.