Quickborn. Angedrohter Stellenabbau erhitzt die Gemüter der rund 100 Beschäftigten. Bürgermeister: “Schlag ins Gesicht“.

So viel Aufregung und Tumult gab es selten bei einer politischen Tagung in Quickborn. Etwa 100 Mitarbeiter, quasi das gesamte Rathaus, verfolgten aus Protest die jüngste Sitzung des Hauptausschusses. Darunter waren alle zehn Fachbereichsleiter, wie die Ämter dort heißen. Der Grund war ein von der CDU angedrohter Personalabbau, was die Personalratsvorsitzende Fernanda y Campos als „beispiellose Geringschätzung“ der Verwaltungsmitarbeiter wertete, die „Bestürzung unter den Kollegen ausgelöst“ hätte.

Woraufhin die CDU ihren Antrag zurückzog, der nur ein „Weckruf“ habe sein sollen. Die Unruhe aber bleibt. Wie viele von 23 zusätzlichen Stellen nun bewilligt werden, wird erst im Februar entschieden. Seit dem Bürgermeisterwechsel haben sich die politischen Auseinandersetzungen in Quickborn komplett gedreht. Musste sich der abgewählte CDU-Bürgermeister Thomas Köppl bis Oktober oft heftiger Anwürfe der FDP-Fraktion erwehren, steht nun der FDP-Bürgermeister Thomas Beckmann im Kreuzfeuer der Kritik von Seiten der CDU.

Aufregung in Quickborn: Rathaus-Mitarbeiter sind stinksauer

Aktueller Anlass ist der Stellenplan. Erst zwei Wochen zuvor hatte Beckmann gegen den Widerstand von SPD und CDU eine Art neues Super-Amt aus vier Fachbereichen geschaffen. Nun will er die Belegschaft von 258 auf 281 Mitarbeiter – also um 23 Vollzeitstellen – aufstocken, was nach Angaben der Personalleiterin Sonja Eberlei rund 1,3 Millionen Euro an Mehrkosten im Jahr bedeuten würde. Der Personalwand stiege auf rund 20 Millionen Euro im Jahr.

Das veranlasste die Fraktionen von CDU und SPD dazu, die Beratung des Haushalts auszusetzen, der eigentlich mit einem Minus von rund fünf Millionen Euro am heutigen Montag hätte verabschiedet werden sollen. Stattdessen beantragte die CDU, den Stellenplan auf den Stand von Juni 2022 einzufrieren. Unbesetzte Stellen sollten nicht mehr berücksichtigt, der Stellenplan neu berechnet werden, forderte die Union. „Die Ermächtigungsstellen werden sozial verträglich abgebaut“, hieß es im Antrag, was „Entlassungen bedeuten würde“, warnte Annabell Krämer (FDP).

„Das schlägt hier im Rathaus eine emotionale Welle“, die Rathausmitarbeiter seien in großer Sorge um ihren Arbeitsplatz, so Bürgermeister Beckmann. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der hochmotivierten Mitarbeiter. Das hat Entsetzen ausgelöst und es sind Tränen geflossen.“ Gegenüber dem CDU-Vizefraktionschef Robert Hüneburg soll er den CDU-Antrag als „Kriegserklärung“ bezeichnet haben.

Geringe Wertschätzung beklagt

Die Kollegen seien hochgradig beunruhigt und verunsichert, sagte auch die Personalratsvorsitzende Fernanda y Campos. Die „geringe Wertschätzung“, die dieser CDU-Antrag widerspiegele, sei „beispiellos“. Die viele Arbeit durch immer mehr Aufgaben hätte tausende Überstunden angehäuft. „Viele Kollegen sind bereits an der Belastungsgrenze.“ Sie habe den Eindruck, der politische Zoff um die verlorene Bürgermeisterwahl solle „auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen werden, um die Verwaltung Quickborns handlungsunfähig zu machen.“

Jetzt schien die CDU-Fraktion aufgeschreckt. Mit so viel Widerstand hatte sie wohl nicht gerechnet. Fraktionschefin Annegret Tegen sprach nun von einem „Weckruf“, den die CDU wegen der angespannten Finanzsituation habe auslösen wollen. „Wir wollen keine Mitarbeiter loswerden“, betonte sie. „Aber wir können nicht so weitermachen wie bisher.“ Und der Erste Stadtrat Bernd Weiher, der am Ende von Köppls Amtszeit drei Monate lang den urlaubenden Verwaltungschef vertrat, versicherte, er habe in dieser Zeit die Verwaltung als „hervorragend arbeitend und hochgradig engagiert“ erlebt.

Ein Großteil der zusätzlichen Stellen im Rathaus sei noch in der Amtszeit von Köppl neu geschaffen worden, erklärte Personalleiterin Sonja Eberlei. So seien für die Betreuung der Ukraine-Flüchtlinge, für Finanzen oder Schulen in insgesamt 15 Bereichen rund zwölf zusätzliche Vollzeitstellen 2021 und 2022 geschaffen worden, bevor Beckmann ins Amt kam. Weitere vier Stellen würden durch Gebühren und die Verwaltungsgemeinschaft mit Ellerau finanziell gedeckt sein. Somit würden etwa sieben neue Stellen geschaffen, die zusammen mit den zwölf bereits besetzten Ermächtigungsstellen rund 900.000 Euro zusätzlich an Personalkosten verursachen würden, führte sie aus.

Steigende Aufgaben sind zu bewältigen

Die etwa sieben neuen Stellen will Bürgermeister Beckmann für Wirtschaftsförderung, Klimaschutz, Medienarbeit, Internetauftritt, Mahnwesen, Bauabteilung und die überlastete Kämmerei einsetzen. Die Stadt Quickborn müsse aufpassen, dass sie die steigenden Aufgaben bewältigen könne und auf ihren Ruf als Arbeitgeber achten. „Denn die Mitarbeiter stimmen mit den Füßen ab“ und würden sich woanders hin bewerben, wenn sie hier „ohne Ende Überstunden schieben müssen“. Stattdessen würde Quickborn jetzt gerade „aufblühen“, weil sich wieder junge Leute bei der Stadt von sich aus bewerben würden.

Demgegenüber hielten CDU und SPD dem neuen Verwaltungschef und der FDP-Fraktion einen raschen Sinneswandel vor. Die Liberalen hätten die Haushaltsvorlagen der Vorjahre regelmäßig abgelehnt und sogar Personaleinsparungen von pauschal zehn Prozent vorgeschlagen. „Endlich scheint Herr Beckmann verstanden zu haben, dass die Verwaltung hervorragend arbeitet“, sagte Weiher. Die vier Verwaltungsgemeinschaften würden den Aufwand nicht decken, entgegnete FDP-Frau Krämer.

Die CDU zog ihren Personalabbau-Antrag zurück. SPD-Ratsherr Karl-Heinz Marrek betonte in Richtung der Verwaltungsmitarbeiter: „Ihre Arbeitsplätze sind sicher. Niemand muss Angst um seinen Arbeitsplatz haben.“ Ob das aber auch in Zukunft so bliebe, sei ungewiss. „Wir müssen den Haushalt in den Griff kriegen.“ Diese „Situation müssen wir aber so reparieren, dass die Mitarbeiter hier gerne arbeiten wollen“, sagte Grünen-Fraktionschef Dirk Salewsky. Nun entscheidet eine Sondersitzung des Hauptausschusses der Ratsversammlung darüber am 8. Februar.