Kreis Pinneberg. Das Abendblatt erhielt Einblick in die Faktenlage: Warum sich die Entsorger GAB und RMG nicht einigen konnten.

An der Gesellschaft für Abfallbehandlung (GAB) lag es nicht, dass es jetzt zu diesem Ärger und Chaos bei der Entsorgung des Verpackungsmülls mit den Gelben Tonnen gekommen ist. Das Unternehmen mit Sitz in Kummerfeld, an dem der Kreis Pinneberg zu 51 Prozent beteiligt ist, hat mehrere vergebliche Versuche unternommen, den Übergang zum neuen Entsorger für die Bürgerinnen und Bürgern so einfach wie möglich zu gestalten.

Doch der von BellandVision, einem Systembetreiber des Dualen Systems Deutschland (DSD), neu beauftragte Entsorger, die RMG Rohstoffmanagement GmbH aus Hessen, ging nur unzureichend oder zum Teil auch gar nicht auf die Vorschläge der GAB ein.

Kreis Pinneberg: So lief der Verhandlungspoker um die Gelben Tonnen

Das geht aus dem Hintergrundgespräch hervor, das dem Autor des Abendblatts die Faktenlage erläuterte. „Wir haben immer versucht, eine Lösung zu finden, die für die Bürgerinnen und Bürger am charmantesten ist“, fasst GAB-Sprecher Julian Jenkel die eigene Unternehmensphilosophie in der Korrespondenz zusammen. Doch das war offensichtlich nicht möglich, weil RMG eher das eigene wirtschaftliche Interesse als die Sorgen der betroffenen Bürger im Kreis Pinneberg im Auge zu haben schien.

Wie dem Abendblatt im Rahmen des Hintergrundgesprächs glaubhaft dargelegt werden konnte, wäre vor allem das jetzige Chaos, dass zahlreiche Haushalte – in etwa die Hälfte aller Städte und Gemeinden des Kreises Pinneberg – wieder ihren Verpackungsmüll in gelbe Säcke packen müssen, weil RMG bislang nur einen Teil der 80.000 Haushalte mit neuen Tonnen ausgerüstet hat, vermeidbar gewesen.

GAB wollte verhindert, dass Bürger wieder gelbe Säcke benutzen müssen

So hatte die GAB der RMG angeboten, dass für eine Übergangszeit, in der noch nicht alle neuen Tonnen ausgeliefert und die alten der GAB noch nicht wieder eingezogen sind, beide Unternehmen ihre und die des anderen Entsorgers leeren sollten. Die GAB hätte also im Dezember noch alle Gelben Tonnen entleert, auch die von RMG, wo die Haushalte bereits zwei Tonnen stehen hatten. RMG sollte dies umgekehrt im Januar tun, um Luft zu haben, seine offensichtlich stockende Verteilung der neuen Tonnen in den Griff zu bekommen.

Dann hätten die betroffenen Bürgerinnen und Bürger nicht wieder – wie jetzt geschehen – auf gelbe Säcke umstellen müssen, die noch dazu in einigen Orten schwer zu bekommen oder bereits vergriffen sind.

Kreis Pinneberg: RMG wollte offenbar nicht für beschädigte Tonnen aufkommen

Darauf ist RMG nur sehr unzureichend eingegangen, wie der Faktencheck ausweist. So wollte der Versorger vom Rhein die Gelben Tonnen der GAB im Januar nur nach Gutdünken leeren und auch nicht für beschädigte Tonnen aufkommen. Das hätte bedeutet, dass die GAB im Februar zahlreiche befüllte und nicht entleerte eigene Tonnen hätte einziehen müssen. Denn dort, wo bereits zwei Tonnen standen, seien oft auch beide mit Verpackungsmüll befüllt worden, hätten die GAB-Müllwerker bei ihren Touren und dem Mitte Dezember begonnenen Abtransport der Tonnen festgestellt, erklärt Jenkel.

An manchen Umschlagplätzen der jetzt eingezogenen alten Tonnen würden drei Müllfahrzeuge benötigt, um diesen Verpackungsmüll aufzunehmen, für den jetzt eigentlich RMG zuständig ist.

Unternehmen konnten sich nicht auf einen Übernahmepreis einigen

Dass es überhaupt zu dem Tonnentausch kommen musste, lag daran, dass sich beide Unternehmen nicht auf einen Übernahmepreis einigen konnten. Ähnlich wie auf einem türkischen Basar feilschte RMG mit der GAB wochenlang im Herbst und näherte sich nur widerwillig mit zum Teil krummsten Cent-Beträgen dem Kaufangebot der GAB an. So blieb am Schluss ein mittlerer sechsstelliger Betrag offen, auf dem die GAB verständlicherweise nicht sitzen bleiben wollte.

Zumal das Kreis Pinneberger Unternehmen am liebsten seine Tonnen an die RMG nur verleihen, sie also verkaufen und in drei Jahren zurückkaufen wollte, wenn die GAB wieder die Ausschreibung der Leichtverpackungen gewinnen sollte.

Kreis Pinneberg: Als man sich nicht einigen konnte, wurden die Verhandlungen abgebrochen

Doch auch dazu gab es keine Annäherung. Anfangs wollte RMG die Tonnen nach drei Jahren der GAB zum selben Preis wieder verkaufen, den sie jetzt zahlen sollte. Später bot die Firma aus Hessen der GAB einen Rückkaufpreis an, der sich nur leicht unter jenem Betrag bewegte, den sie heute selber bereit war, dafür zu zahlen. Doch dann wären die Tonnen schon sechs Jahre alt und so gut wie abgeschrieben, was in dieser Kalkulation gar nicht berücksichtigt wurde. Auch hier war RMG anscheinend nur bereit, für eine äußerst geringe Leihgebühr die Tonnen zu übernehmen, woraufhin die Verhandlungen abbrachen.

Von Seiten der RMG war zu diesem Sachverhalt bis Freitag keine Stellungnahme zu erhalten – trotz Fristsetzung und mehrfacher Anfragen. Möglicherweise hat sich das Unternehmen verkalkuliert. Es hat sich offenbar lieber auf einen Verhandlungspoker um mehrere Hunderttausend Euro eingelassen, ohne auf das Risiko zu achten, wie jetzt für einen Millionenaufwand den ganzen Kreis Pinneberg mit neuen Abfalltonnen bestücken zu müssen.

Im Kreis Pinneberg gab es angeblich nur wenige Beschwerden

Auch der Systembetreiber BellandVision, der für das Duale System zuständige „Ausschreibungsführer“ für die Entsorgung des Verpackungsmülls, der RMG jetzt bis 2025 damit beauftragt hat, bedauert, dass sich der alte und neue Entsorger nicht einigen konnten. „Auch Initiativen unsererseits, einen Konsens zwischen der GAB und der RMG zu erreichen, scheiterten“, teilt BellandVision mit Sitz in Pegnitz bei Bayreuth auf Nachfrage mit. „Das Unverständnis der Bürger und Fragen zur ökologischen Sinnhaftigkeit oder dazu, was jetzt mit den eingesammelten beziehungsweise. noch einzusammelnden 80.000 Behältern der GAB passiert, sind durchaus nachvollziehbar.“

Bei der Ausschreibung „musste die Stellung von Gelben Tonnen vom Auftragnehmer entsprechend berücksichtigt werden – egal, ob neu oder alt“, erklärt BellandVision. Hierbei habe es dem alten und neuen Auftragnehmer freigestanden, sich bezüglich einer Vermietung oder eines Verkaufs der Gelben Tonnen auszutauschen.

Kreis Pinneberg: Viel Unverständnis bei den Bürgerinnen und Bürgern

„Die Vermietung oder der Verkauf ist in diesem Fall leider nicht erfolgt.“ Allerdings sei es kein „Entscheidungskriterium bei der Ausschreibung“ gewesen, ob der Anbieter über Gelbe Tonnen im Ausschreibungsgebiet verfüge oder nicht, „da dies einen negativen Einfluss auf einen funktionierenden Wettbewerb zur Folge hätte“, so BellandVision.

„Beim Wechsel von Entsorgungsunternehmen in Erfassungsgebieten kommt es erfahrungsgemäß anfänglich zu einem erhöhten Aufkommen an Reklamationen“, so der Systembetreiber weiter. „Im Kreis Pinneberg ist das aktuelle Beschwerdeaufkommen in Bezug auf die eigentliche Erfassungsdienstleistung als niedrig einzustufen.“ Und weiter: „Die Erfahrungen, die unser Unternehmen mit der RMG als Erfassungsdienstleister bislang gemacht hat, sind durchweg positiv.“

Kreisverwaltung registriert knapp 700 Anfragen zum Thema Gelbe Tonnen

Welchen Kostenrahmen die Entsorgung der Verpackungsabfälle im Kreis Pinneberg ausmachen und wie weit die beiden Bewerber RMG und GAB bei der Ausschreibung auseinanderlagen, beantwortet BellandVision nicht. „Da es sich hierbei um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt, können wir Ihnen leider keine Kosten nennen“, heißt es dazu unkonkret.

Die Kreisverwaltung wiederum habe seit November „knapp 700 Anfragen zum Thema Gelbe Tonnen“ erhalten, teilt Sprecherin Katja Wohlers mit. Was „im Vergleich zum Gesamtanrufaufkommen beim Bürgertelefon als niedrig einzustufen“ sei, da diesen 10.000 bis 15.000 Anrufe im Monat erreichten. Die Abfall-Hotline 45 02 45 02 habe im Durchschnitt 3000 Anrufe im Monat zu beantworten.

Kreis Pinneberg: Nicht die Kreisverwaltung ist zuständig, sondern die GAB

Die Briefe und Mails, die die Landrätin Elfi Heesch direkt erreicht hätten, seien weitergeleitet und deshalb nicht direkt beantwortet worden. „Es ist das übliche Vorgehen, dass fachliche Anfragen – in enger Abstimmung der Landrätin – jeweils von der Facheinheit beantwortet werden“, so die Kreissprecherin. „Im Fall der Gelben Tonne lag die inhaltliche Zuständigkeit bei der GAB. Die Anfragen an die Kreisverwaltung wurden daher dorthin zur Beantwortung weitergeleitet. Entsprechend sind von dort aus auch die Antworten gekommen.“

Darüber hinaus seien mehrfach Telefonate zu diesem Thema geführt worden, so die Verwaltungssprecherin weiter. „Der Kreis ist als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nicht zuständig im Bereich Gelbe Tonnen, hier liegt die Verantwortung im privatwirtschaftlich organisierten Dualen System.“