Kreis Pinneberg. Land vereinfacht für 67 Gemeinden mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ das Verfahren. Kritik kommt allerdings von Grundeigentümern.
Der Bau von dringend benötigten neuen Wohnungen soll in 13 Städten und Gemeinden im Kreis Pinneberg deutlich beschleunigt werden. Das hat die Landesregierung am Dienstag beschlossen. Demnach können in insgesamt 67 Kommunen in Schleswig-Holstein nun „Maßnahmen auf Basis des Baulandmobilisierungsgesetzes“ umgesetzt werden. Es gehe darum, bedeutend schneller Wohnraum schaffen zu können.
Kreis Pinneberg: Diese 13 Kommunen dürfen schneller Wohnungen bauen
Zuvor waren aus den 1106 Städten und Gemeinden des Landes diejenigen ausgewählt worden, die einen besonders „angespannten Wohnungsmarkt“ haben – im Kreis sind das Barmstedt, Bönningstedt, Elmshorn, Halstenbek, Hasloh, Helgoland, Pinneberg, Quickborn, Rellingen, Schenefeld, Tornesch, Uetersen und Wedel. Dort können die Rathäuser nun „ihr gemeindliches Vorkaufsrecht auf brachliegende Grundstücke ausweiten, bei dringendem Bedarf der Bevölkerung Baugebote zur Wohnbebauung aussprechen und Befreiungen von ihren Bauplänen zugunsten des Wohnungsbaus zulassen“. Das neue Gesetz gilt vom 10. Februar an.
„Wir gehen davon aus, dass wir eine belastbare und umfänglich abgestimmte Gebietskulisse haben“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack. „Wir unterstützen Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt dabei, ihrer Daseinsvorsorge gerecht zu werden und Wohnraum zu schaffen.“ Zur Feststellung eines Gebiets mit angespanntem Wohnungsmarkt wurde ein Punkteverfahren gewählt.
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Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen begrüßt die Offensive
Die Gemeinden wurden hinsichtlich der Mietpreise, der Entwicklung der Mietpreise, dem Anteil der Mietwohnungsangebote preislich unterhalb des Landesdurchschnitts, dem Anteil der Angebote am Wohnungsbestand und der Mietbelastung, also dem Verhältnis von Einkommen und Mietniveau, untersucht. Der Vorteil des Verfahrens sei eine hohe Transparenz und der direkte Vergleich.
Begrüßt wird die Offensive von Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW): „In Zeiten knappen Wohnraums kann es nicht sein, dass potenzielle Bauflächen brach liegen. Die Kieler Landesregierung greift da zurecht ein. Jetzt sind die Kommunen an der Reihe, rasch ihre erweiterte Handhabe für den Bau bezahlbarer Wohnungen zu nutzen.“
Kreis Pinneberg: „Keine Ausreden mehr“ für die Kommunalpolitik
Laut Breitner sei es notwendig, dass die Kommunen die entsprechenden Baugrundstücke benennen und die notwendigen Planverfahren in Gang setzen. Die Wohnungsunternehmen, so Breitner, wollen jetzt vom Abstrakten ins Konkrete kommen. „Auf alle Fälle haben Kommunalpolitiker jetzt keine Ausrede mehr. Die im VNW organisierten sozialen Vermieter stehen bereit, mit den Kommunen ins Gespräch zu kommen und zu prüfen, inwieweit sich der Bau bezahlbarer Wohnungen umsetzen lässt.“
Der Verband vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 411 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften mit 686.000 Wohnungen und 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,26 Euro.
Wohnungsbau: Kritik kommt von den Grundstückseigentümern
Im Gegensatz dazu kritisiert Alexander Blažek, Vorstandsvorsitzender des Grundeigentümerverbandes Haus & Grund Schleswig-Holstein, das neue Gesetz mit deutlichen Worten: „Mehr Bürokratie baut keine Wohnungen. Um einen angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten, müssten mehr Wohnungen errichtet werden. Die neue Verordnung ist bestenfalls überflüssig und behindert schlimmstenfalls die Bauämter, Baugenehmigungen zu erteilen.“
Hilfreich wäre aus Blažeks Sicht, wenn die großen Städte ihre Hausaufgaben machen würden. Dafür müssten sich die Bauämter als Dienstleister der Bauherren verstehen und diesen keine Steine in den Weg legen. „Das ist aktuell leider viel zu oft der Fall. Die neue Verordnung könnte angesichts des nahenden Kommunalwahlkampfes als politisches Instrument missbraucht werden.“
Kreis Pinneberg: Müssen die Kommunen für Wohnraum sorgen?
Kommunalpolitiker könnten den Eindruck vermitteln wollen, mittels der Verordnung Probleme des Wohnungsmarktes lösen zu können, meint Blažek. Dabei binde Bürokratie erfahrungsgemäß viel Personal. Das fehle, um Baugenehmigungen und Bebauungspläne voranzubringen.
Es sei keine Aufgabe der Kommunen, für Wohnraum zu sorgen. Hier irre sich die Innenministerin. „Das können private Kleinvermieter besser, die zwei Drittel aller Wohnungen anbieten. Diese brauchen Unterstützung bei der Nachverdichtung, zum Beispiel beim Dachgeschossausbau, der Gebäudeaufstockung oder der Umwandlung leerstehender Büros in Wohnraum. Hier schlummert ein gewaltiges Potenzial“, so Blažek abschließend.