Helgoland. Jörg Singer wird zum 1. Januar 2023 von Thorsten Pollmann als Bürgermeister von Helgoland abgelöst. Das sind seine Pläne.
Auf eine dritte Amtszeit hat Jörg Singer verzichtet. „Zwei Amtsperioden sind ein idealer Wirkungszeitraum“, sagt der 56-Jährige. „Meine Pläne sind bis auf drei Ausnahmen umgesetzt.“ Damit endet seine Zeit als Bürgermeister Helgolands am 31. Dezember. Was er bewegt hat und welche Pläne er für die Zukunft hat, darüber spricht er mit dem Abendblatt.
Hamburger Abendblatt: Was sind die größten Errungenschaften/Veränderungen für Helgoland in Ihrer Amtszeit?
Jörg Singer: Die Gemeinde Helgoland ist gewachsen und dabei jünger und bunter geworden. Neue Erwerbsquellen, die Erreichbarkeit der Insel plus mehr Wohnraum haben die Gestaltungsmöglichkeiten für die Insulaner, die Inselpolitik und -verwaltung deutlich verbessert.
Können Sie das genauer ausführen?
Helgoland hatte 2008 den absoluten Tiefstand an Gästezahlen. Seitdem ist der Tourismus um 25 Prozent gestiegen. Wir sind im Wandlungsprozess durchaus Risiken eingegangen – die Ansiedlung von Offshore-Windkraft ist nur ein Beispiel. Die „MS Helgoland“, gefördert durch die Gemeinde Helgoland, wurde 2015 von der Reederei Cassen Eils im Helgoland-Dienst eingesetzt und der Inselverkehr wiederbelebt. Neben Freizeit und Tourismus wurde Offshore zur wichtigen Einnahmequelle. 2014 war die Insel mit 35 Millionen Euro verschuldet, heute sind es nur noch sechs Millionen Euro. Mit Wohnen am Leuchtturm haben wir für die Inselbewohner Wohnraum geschaffen. 100 neue Wohnungen sind entstanden. Bis 2016 brach das Internet immer wieder zusammen. Heute sind wir komplett digitalisiert. Ich könnte noch vieles mehr aufzählen, was sich in meiner Amtszeit verbessert hat.
Was hätten Sie gern noch umgesetzt?
Das Bluehouse-Aquarium, die Zukunftspläne für Düne und Hochsee-Marina und Helgoland als klimafreundliche Urlaubsinsel.
Was war für Sie der schwierigste Moment als Bürgermeister?
Ein Dauerbrenner ist, die Gräben der Nichtzuständigkeiten in der Bürokratie auf allen Ebenen zu überwinden – egal ob es um kleine Belange der Bürger auf lokaler oder millionenschwere EU-Großprojekte geht. Da dies ein Dauerzustand ist, schafft man das nur als Ausdauersportler im Umgang mit Akten, Eingaben und Geschäftsgängen und als Überzeugungstäter, andere anzustiften, Entscheidungen zu treffen und einfach umzusetzen!
Haben Sie da ein konkretes Beispiel?
Wir haben testweise nachhaltige Wikkelhäuser auf der Düne aufgestellt – unter Auflagen der Naturschutzbehörden. Auf Wasser und Toiletten wurde bewusst verzichtet, um die Natur nicht mit zusätzlicher Infrastruktur zu belasten. Nun sind zwei Jahre um und der Kreis Pinneberg will, dass wir sie wieder zurückbauen. Ein anderes Beispiel: Die Sanierung des Binnenhafens. Die Gemeinde musste diese Liegenschaft vom Bund kaufen. Aufgrund der allseits bekannten Kriegslasten waren die Kostenschätzungen der Verkäuferin viel zu niedrig angesetzt. Erst nach harten Verhandlungen in Berlin, beteiligte sich das Wasserstraßenschifffahrtsamt an den explodierten Mehrkosten.
Und was war der schönste Moment Ihrer Amtszeit?
Bei der zweiten Amtszeit bin ich im Vergleich zur ersten Wahl mit großer Mehrheit im ersten Wahlgang gewählt wurden. Ein paar Tage später kam eine ältere Helgoländerin beim Einkaufen auf mich zu und sagte, „Darf ich dich mal in den Arm nehmen? Ich weiß zwar nicht, wie und was Du im Rathaus so machst, aber der Insel geht es wieder viel besser!“
Was machen Sie nach der Zeit als Bürgermeister? Bleiben Sie auf Helgoland?
Ja, ich bleibe. Ich habe mir vorgenommen, möglichst viel Zeit auf meiner Insel zu verbringen – die Digitalisierung macht‘s möglich. Runterfahren werde ich, wenn mich Projekte, die mir am Herzen liegen, mich in Persona brauchen – das sind grüne Energien und nachhaltige Entwicklungen von Inseln und Regionen. Die nächsten zehn Jahre werden entscheidend sein, den Kurs zu einer klimafreundlichen Gesellschaft zu erreichen. Beruflich werde ich freiberuflich tätig. Am 13. Januar kandidiere ich für den Vorstand von AquaVentus. Außerdem vertrete ich Helgoland in Energiefragen. Außerdem bleibe ich im Vorstand der Stiftung Lange Anna und für die Insel-Halligkonferenz tätig.
- Erstaunliche Verbindung: Wie Helgoland ein Teil des Kreises Pinneberg wurde
- Helgoland: Besuch im „grünen Kraftwerk“ in der Nordsee
- Helgoland: Wie die Hummerbuden zum Wahrzeichen der Insel wurden
Was raten/wünschen Sie Ihrem Nachfolger?
Thorsten Pollmann wünsche ich Mut, Kraft und Ausdauer – jeder Tag wird neue unerwartete Herausforderungen für ihn bereithalten.
Was sind die größten Herausforderungen für die Insel in den nächsten Jahren?
Schon jetzt zeichnen sich Aufgaben ab, die bei der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung anfangen und beim Küstenschutz von Molen und Häfen nicht aufhören werden. Es bleibt also weiter viel zu tun.