Kreis Pinneberg. Politiker verabschieden Notfallfonds für existenzbedrohte Vereine, Verbände und Tafeln und wollen 66 Millionen Euro investieren. Die Details.
Das sind wirklich gute Nachrichten kurz vor Jahresende für die Vereine und Verbände: Der Kreis Pinneberg lässt sie in der jetzigen Energiekrise nicht im Stich. Mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen, FDP und die Linke hat der Kreistag auf seiner jüngsten Sitzung einen Notfallfonds in Höhe von fünf Millionen Euro beschlossen, der Vereinen, Verbänden und Tafeln im Kreis Pinneberg, „die sich in einer Notlage befinden“, für „kriegs-, energiepreis- und corona-bedingten finanziellen Notlagen zur Verfügung“ stehen soll.
Ziel sei es, „institutionelle Härten abzufedern und sicherzustellen, dass insbesondere die soziale, kulturelle und sportliche Infrastruktur des Kreises ihre unverzichtbaren Aufgaben auch in Krisenzeiten wahrnehmen kann.“ Nur die AfD stimmte dagegen.
Kreis Pinneberg: Doppelhaushalt hat einen Umfang von 1,4 Milliarden Euro
Damit nicht genug. Zudem hat der Kreistag in seinem 1,4 Milliarden Euro umfassenden Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre 2023/24 eine Art „Pakt für den Sport“ geschlossen, wie er ihn in 40 Jahren als Geschäftsführer des Kreissportverbandes (KSV) noch nicht erlebt habe, freut sich Karsten Tiedemann. „Das ist ein herausragendes, sensationelles Bekenntnis zum Sport“, lobt er die Pinneberger Kreispolitik. „Das ist eine Meisterleistung und zeigt, dass die Kreispolitik erkannt hat, wie wichtig der Sport in unserer Gesellschaft ist.“
Die Sportvereine, die von drei Jahren Corona-Maßnahmen und der aktuellen Energiepreissteigerung schwer gebeutelt seien, bräuchten diese Hilfe dringend, erklärt Tiedemann und verspricht: „Wir werden das Geld schonend ausgeben und erst Zuschüsse von Bund und Land nutzen. Das ist ein großes Vertrauen, das die Kreispolitik in uns setzt. Dafür sind wir ihr sehr dankbar.“
Kreissportverband bekommt 960.000 Euro im Jahr statt bisher 810.000 Euro
Es sind gleich mehrere Finanztöpfe, die den Kreissport fördern werden. Der KSV selbst erhält vom kommenden Jahr an 960.000 Euro im Jahr statt bisher 810.000 Euro. Diese Summe wird anschließend jedes Jahr um 2,5 Prozent erhöht. Dieses Geld komme zu 80 Prozent den Vereinen über die Sportförderung und Übungsleiterausbildung zugute, erklärt Karsten Tiedemann.
Zudem hat der Kreistag den Finanztopf für Neubauten und Sanierungen, in dem bislang 750.000 Euro enthalten waren, um weitere 400.000 Euro aufgestockt. Um die Mehrbelastungen für Energie- und Heizkosten zu bewältigen, stehen den Sportvereinen weitere 250.000 Euro zur Verfügung.
Vereine, die energetische Sanierungen und Investitionen planen, um Solarthermie- oder Fotovoltaikanlagen zu errichten, Wärmepumpen einzusetzen oder Fassaden und Dächer zu dämmen, können bis zu einer halben Million Euro dafür vom Kreis Pinneberg erhalten, wobei die Förderquote zwischen 60 bis 80 Prozent liegen soll.
Kreis Pinneberg: Die aufsuchende Familienberatung bekommt 550.000 Euro
Auch noch andere soziale und schulische Einrichtungen, Familienhilfen und Jugendprojekte werden vom Kreis stärker gefördert. Die Ferienbetreuung an den Förderzentren bekommt rund eine halbe Million Euro, damit die Kinder mit Handicaps in den Ferien angemessen betreut seien und einkommensschwache Eltern sich dies auch leisten könnten, erklärte CDU-Fraktionschefin Heike Beukelmann. „Wir wollen das soziale, kulturelle und sportliche Leben im Kreis Pinneberg aufrechterhalten. Das gehört zur Daseinsvorsorge dazu“, begründete SPD-Fraktionschef Hans-Peter Stahl die bereitgestellten Hilfsprogramme. „Vereine und Verbände sind der Kitt, der die humane Gesellschaft im Kreis Pinneberg zusammenhält“, sagte Grünen-Fraktionschef Thomas Giese.
Die aufsuchende Familienberatung bekommt 550.000 Euro in den zwei Jahren, die Elternberatung 200.000 Euro, die Beratung bei sexuellem Missbrauch 350.000 Euro, die Schuldnerberatung 250.000 Euro, die Suchtberatung 80.000 Euro zusätzlich. 230.00 Euro stellt der Kreis Pinneberg bereit, um 16 zusätzliche Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher zu schaffen und diese auch im zweiten Ausbildungsjahr zu unterstützen.
Kreis Pinneberg: Heidewegschule in Appen soll rund eine Million Euro erhalten
Die Raboisenschule in Elmshorn wird für rund 1,2 Million Euro erweitert. Die Heidewegschule in Appen bekommt rund eine Million Euro für neue Lüftungsanlagen. Und auch für den Kreis Pinneberg strategisch wichtige Projekte werden finanziell unterstützt. Mit 200.000 Euro beteiligt sich der Kreis an der Machbarkeitsstudie, die den geplanten Umzug des Baumschulmuseums von Pinneberg in ein neu zu errichtendes Gebäude am Gartenbauzentrum in Ellerhoop untersuchen soll. 1,5 Millionen der mit fünf Millionen Euro veranschlagten Gesamtsumme stellt der Kreis bis zum Jahr 2024 für das geplante Gründertechnologiezentrum bereit, das voraussichtlich im Businesspark in Wedel für innovative Start-up-Unternehmen geschaffen werden soll.
Kräftig investiert der Kreis auch in Sicherheit und Bevölkerungsschutz. Knapp 15 Millionen Euro werden bis 2025 in den dritten Bauabschnitt der Kreisfeuerwehrzentrale in Tornesch-Ahrenlohe investiert. Davon soll der neue Übungsturm errichtet, die Funkwerkstatt gebaut und eine Schlauchwaschanlage geschaffen werden. 4,5 Millionen Euro kostet ein neues Einsatzleitsystem.
Kreis Pinneberg: Geplant ist auch ein neues Katastrophenschutz-Zentrum
Für rund zwei Millionen Euro wird der Katastrophenschutz verbessert. Davon werden neue, leistungsstarke Notstromaggregate angeschafft und Lager- und Übungsflächen für die Hilfskräfte von Feuerwehr, THW oder DLRG in einem neuen Katastrophenschutz-Zentrum eingerichtet, dessen Standort noch gesucht wird. Für 1,4 Millionen Euro werden neue stationäre Geschwindigkeitsüberwachungssysteme angeschafft.
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In den Öffentlichen Personennahverkehr investiert der Kreis bis 2024 rund 37 Millionen Euro. 800.000 Euro stehen für den ersten Abschnitt des Radschnellweges von Hamburg nach Elmshorn zur Verfügung. Weitere 1,3 Millionen Euro erhalten die Städte und Gemeinden, um ihre Radwege zu erneuern. Kreisstraßen wie die Kreisstraße 6 und die Kreisstraße 12 werden für rund 2,5 Millionen Euro saniert.
Kreis Pinneberg: Kreisumlage wird nicht gesenkt
Um die enorm gestiegenen Personalkosten von fast 80 Millionen Euro im Jahre für die inzwischen rund 1050 Personalstellen in der Kreisverwaltung besser in den Griff zu kriegen, sollen mehr Dienstleistungen online angeboten, Prozesse optimiert und Aufgaben kritisch beleuchtet werden, heißt es in einem Begleitbeschluss von CDU, Grünen und SPD. Wenn 2024 tatsächlich wie geplant 1143 Vollzeitstellen im Kreis besetzt sein sollten, würde das eine Verdopplung der Stellenzahl innerhalb von nur zehn Jahren bedeuten. Auch die ehrenamtliche Selbstverwaltung solle deshalb stärker eingebunden werden.
Bei all diesen Investitionen, die für 2023/24 insgesamt 66 Millionen Euro ausmachen, sah die Kreispolitik keine Möglichkeit, die Kreisumlage von zurzeit 31,4 Punkten weiter zu senken. Zumal die Kreisverwaltung mit einem Defizit von rund 28 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren rechne, wie Britta Krey (CDU), Vorsitzende des Finanzausschusses ausführte. Diese Summe entspreche ziemlich genau den aktuellen Rücklagen, die dann vollständig aufgebracht wären.