Barmstedt/Itzehoe. Rechtsmediziner bestätigt: Monika S. ist verblutet, mutmaßlich getötet von ihrem eigenen Sohn. Der steht in Itzehoe vor Gericht.
Mehr als 68 Einstiche hat der Rechtsmediziner Benjamin Ondruschka bei der Obduktion des Opfers registriert und genau untersucht. Die Bilder, die dafür im Verhandlungssaal des Landgerichts Itzehoe an die Wand projiziert wurden, waren nichts für schwache Nerven und zeugten von massiver Gewalt. Der Angeklagte Jan S. – grünes Sweatshirt, Jeans und Turnschuhe – sah nicht hin, starrte stattdessen regungslos auf den Tisch. Denn die Aufnahmen zeigten seine grausam zugerichtete Mutter Monika S. auf dem Seziertisch.
Totschlagsprozess: Opfer ist laut Rechtsmedizin verblutet
Der 40-Jährige soll seine Mutter am 4. Mai in Barmstedt mit etlichen Messerstichen getötet haben. Er ist wegen Totschlags angeklagt. Zum Prozessauftakt am 2. November hatte der Barmstedter die Tat bereits gestanden.
Viele der Einstiche zeugten von massiver Gewalteinwirkung, sagte Ondruschka nun vor Gericht. So war unter anderem das Brustbein durchstochen, was nur gewaltsam möglich sei, so der Chef der Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Mehrere Stiche verletzten innere Organe, unter anderem die Leber. Auch die Niere war verletzt. Ein Stich traf die Herzspitze, drang aber nicht in die Herzkammer vor. Kein Stich für sich sei unmittelbar tödlich gewesen, so der Fachmann. Das Opfer sei verblutet.
Gutachter: Todeskampf, der bis zu einer Stunde lang gedauert haben könnte
Hinzu sei eine Luftembolie gekommen, die entsteht, wenn Luft in die Blutbahn gelangt. „Begleitet von einer Erstickungskomponente“, sagt Ondruschka. Auf der Leiche, die auf dem Sofa sitzend gefunden wurde, lag ein Kissen. Laut Rechtsmediziner sei es vorstellbar, dass es ihr aufs Gesicht gedrückt wurde. Das habe aber nicht den Tod herbeigeführt.
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„Es war ein längerer Todeskampf, der bis zu einer Stunde lang gedauert haben könnte“, sagt er. „Sie hat alle Verletzungen erlebt und Schmerzen aktiv wahrgenommen. Sie hat gewusst, dass es um ihr Leben geht“, sagt der Rechtsmediziner. Die Frau habe zwar versucht, den Angriff abzuwehren, was der Mediziner anhand der Schnitte an Armen und Händen erkennen konnte. Spuren eines Kampfes, wie ein abgebrochener Fingernagel, seien aber nicht gefunden worden. Insgesamt sei es keine Sekundenauseinandersetzung gewesen, der Täter habe sogar noch das Tatwerkzeug gewechselt. Dazu würde ein Keramikmesser passen, das die Polizei neben einem anderen Messer sichergestellt hat.
Barmstedt: Angeklagter soll zum Tatzeitpunkt unter Drogeneinfluss gestanden haben
Ein weiterer Gutachter, Christoph Meißner vom Institut für Rechtsmedizin in Lübeck, hatte den Angeklagten in der JVA Lübeck am 9. Mai untersucht. Dabei seien lediglich zwei Verletzungen an der linken Hand auffällig gewesen, die auf starke Gewalteinwirkungen schließen ließen, wie sie etwa beim Zustoßen mit einem Messer entstehen. „Er hatte mir gesagt, dass er zur Tatzeit unter Einfluss von Cannabis und Amphetaminen gestanden habe“, sagte Meißner. Auf ihn habe der Angeklagte klar gewirkt. „Er war bei der Untersuchung sehr freundlich. Er hatte erzählt, dass er sehr viel Fahrrad fährt. Ich hatte nicht den Eindruck, dass psychische Einschränkungen vorgelegen hätten.“
Der Angeklagte habe aber bei der Untersuchung etwas gesagt, was er auch noch sieben Monate nach der Tat erinnere: „Er sagte, es gibt Menschen, für die ist ihre Mutter der tollste Mensch und es gibt Menschen, für die ist die Mutter der schrecklichste Mensch. Für mich war sie der schrecklichste Mensch.“
Die Schwester des Angeklagten, die als Zeugin aussagen sollte, war am Freitag nicht vor Gericht erschienen. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.