Quickborn. Die Heimatforscher Irene Lühdorff und Rudolf Timm haben ein Geschichtsbuch mit 800 Stichwörtern herausgebracht – auch digital.
Es ist ein Werk, das für die Nachwelt Bestand haben wird – und es war eine enorme Fleißarbeit. Die beiden seit Jahrzehnten mit der lokalen Geschichte Quickborns vertrauten Heimatforscher Irene Lühdorff (87) und Rudolf Timm (78) haben jetzt zum 700-jährigen Bestehen ihrer Wahlheimatstadt ein Nachschlagewerk mit 800 Stichwörtern von A bis Z vorgelegt. Und da ihr 184 Seiten starkes Buch, das sie in einer Auflage von 150 Exemplaren im Selbstverlag für die Geschichtswerkstatt herausgebracht haben, schon bald überholt sein könnte, haben sie es jetzt auch online gestellt. Zumal das Papier-Lexikon längst vergriffen ist.
Quickborn von A bis Z – Eulenstadt hat ein Online-Lexikon
Nun kann jeder, der an der Geschichte der 22.500 Einwohner zählenden, viertgrößten Stadt des Kreises Pinneberg interessiert ist, alles nachschlagen. Das Lexikon endet mit einer Aufstellung aller Pastoren seit dem 16. Jahrhundert und ihrer Amtszeit. Die beiden Hobbyhistoriker haben die Namen der Vögte seit dem 17. Jahrhundert und die späteren Gemeinde- und Amtsvorsteher akribisch zusammengetragen. Auch alle Schulleiter der Nachkriegszeit sind hier aufgeführt.
Erstmals kann der politisch interessierte Leser die Namen und Amtszeiten der Bürgermeister seit Ende des Krieges und die der Bürgervorsteher der letzten 120 Jahre nachschlagen – ein Service, der bis heute etwa auf der Homepage der Stadt fehlt. Der neue Bürgermeister Thomas Beckmann, der seit November im Amt ist, ist jetzt etwa auch mit einer Zeile und seinem Geburtsdatum in der Online-Ausgabe erwähnt.
- Die Welt durch die Augen eines Vollblut-Reporters
- Als die Torfbarone im Himmelmoor regierten
- Wie sich ein Quickborner mit der Post verzockte
Sein Namensvetter Carl Christian Franz Beckmann darüber hat sogar sieben Zeilen bekommen. Der ehemalige Hufner wurde vor 150 Jahren zum Postagenten ernannt und lebte an der Marktstraße 7, ganz in der Nähe des damaligen dänischen Posthofes, der 1833 eingeweihten ersten Pferdewechselstation auf der Chaussee Altona-Kiel, der heutigen Kieler Straße. Außerdem hatte der damalige Beckmann als Gemeinde-Erheber Steuervollmacht, die der Beckmann aus der Neuzeit auch besitzt.
Quickborner Heimatforscher arbeiten zwei Jahre an Lexikon
„Wir haben gut zwei Jahre daran gearbeitet“, erzählen die beiden Lokalhistoriker. Jeden Tag, sagen sie. „Da stecken Tausende von Arbeitsstunden drin“, erzählt Timm, der schon die Geschichte des Quickborner Ortsteils Renzel ausführlich beschrieben hat. „Mich hat schon von Kindheit an die Heimatgeschichte interessiert. Damals war es noch die Schlacht bei Hemmingstedt im Jahr 1500 in meinem Heimatkreis Dithmarschen“, sagt der Mann, der viele Jahre als Kapitän zur See auf großer Fahrt gewesen ist. Die studierte Philologin Irene Lühdorff kam aus Kassel über Kiel nach Quickborn, wo sie von 1987 bis 2000 die Volkshochschule geleitet und 1991 die Geschichtswerkstatt aus der Taufe gehoben hat.
Die Werkstatt hat inzwischen zwei Dutzend Schriften über die Geschichte der Torfbahn, der Straßennamen, der Gaststätten, der Bauernhöfe, der wichtigsten Gewerbebetriebe, der AKN-Bahn oder der Kieler Straße veröffentlicht. Die Kieler Straße etwa ist die erste, 1833 schnurgerade angelegte Straße in Schleswig-Holstein. Die Geschichtswerkstatt sorgte auch für die Aufstellung von Hinweistafeln an historischen Plätzen wie dem Hügelgrab aus der Bronzezeit an der Feldbehnstraße oder an der Gedenkstätte zum Nordriedhof, wo mehr als 100 der wohl 300 Frauen bestattet wurden, die 1917 bei einer Explosion in den Sprengstoffwerken ums Leben gekommen sind. Auch an 15 russische Zwangsarbeiter, die hier begraben wurden, wird erinnert.
Quickborn: Kleine Fehler in historischen Chroniken korrigiert
Ihre Heimatliebe und Detailversessenheit über lokale historische Zusammenhänge treiben sie um. So konnten sie ihre historische Forschungsarbeit an der Chronik des früheren Realschuldirektors Gustav Müller von 1969 und seines Lehrerkollegen vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, Studiendirektor Jürgen Hühnke, aufbauen, die dieser 1997 als Annalen eines Ortes von 1323 bis 1996 als 520 Seiten starkes Standardwerk veröffentlicht hat. Während Müller eher nach Themen gegliedert geschichtsbeschreibend vorging, blieb Hühnke ganz chronologisch und berichtete, was Jahr für Jahr geschah. Doch auch diesen erfahrenen Geschichtsforschern seien in ihren Chroniken ein paar Fehler unterlaufen, die sie jetzt im Lexikon verbessern konnten, so Timm.
So wurde der ehemals schwarze oder große See, der 1588 nach einem Erdfall entstanden und 3,5 Hektar groß und fast 30 Meter tief ist, vor gut 100 Jahren volkstümlich nach der Frau des Eigentümers Elsa Johanna Becker benannt, die damals dort eine Eisfabrik betrieb. Nicht etwa nach Elsa Donner, Ehefrau des Rechtsanwalts Carl Theodor Donner, der nebenan Land besaß.
Quickborn: Umfassendes Werk zur Geschichte der Stadt
Es ist ein wunderbares Werk zum Nachschlagen der Quickborner Geschichte, seiner Menschen und auch seiner Häuser, die vielfach zwar nicht mehr existieren, aber so doch für die Nachwelt erhalten bleiben. Alles auf einen Blick mit jeder Menge detailreicher Informationen. Durch die Online-Version kann Quickborns Geschichte nun ständig erweitert und aktualisiert werden.
An manchen Stellen wünscht sich der Leser noch ein paar Details mehr. So fehlt bei der Aufzählung der Politiker und Bürgermeister die Angabe ihrer Parteizugehörigkeit. Weil diese doch neutral zu sein hätten, begründet Irene Lühdorff. Auch wird an einer Stelle erwähnt, dass Quickborn schon zwei Bundestagsabgeordnete stellte, ohne zu erwähnen, dass es sich um Ingrid Roitzsch und Gert Willner handelte, wie alle Bürgermeister nach dem Krieg Angehörige der CDU. Erst der jetzt amtierenden Beckmann, der Liberaler ist, durchbrach diese Phalanx.
Dass die vor elf Jahren verstorbene Roitzsch, die aus München nach Quickborn kam, hier ihre politische Karriere begann, dem Kreistag und 14 Jahre dem Bundestag angehörte sowie als Redakteurin arbeitete, wird seltsamerweise gar nicht erwähnt. „Das kommt noch“, verspricht Lühdorff. Die Arbeit gehe weiter.
Das Online-Lexikon „Quickborn – 700 Jahre Ortsgeschichte“: www.quickborner-geschichtswerkstatt.de/700-jahre-quickborn-a-z