Quickborn. Geschichtswerkstatt zeichnet das Leben Carl Hinrich Theodor Frauens nach. Rasantem Aufstieg folgte die Pleite – weil er Trends nicht erkannte.

Er war bereits in jungen Jahren der größte Grundbesitzer und Unternehmer in Quickborn. Mit 20 Jahren übernahm Carl Hinrich Theodor Frauen die neue Poststation an der Kieler Straße, die 1832 direkt am neuen Hauptverbindungsweg von Altona nach Kiel errichtet wurde. Das führte Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung des kleinen Dorfes mit seinen gerade mal 1000 Einwohnern. Keine 20 Jahre später war der Posthof an der heutigen Bundesstraße 4 wieder Geschichte. Und Frauen pleite.

Irene Lühdorff und Rudolf Timm von der Quickborner Geschichtswerkstatt haben Frauens bewegtem Leben nachgespürt. Timm ist es zudem gelungen, ein Originaldokument aus dieser Zeit zurückzukaufen. Es ist eine Urkunde, mit der der damalige Quickborner Postmeister Frauen 1845 einem seiner 13 Postillions, Johann Friedrich von der Heide, per Brief und Siegel bescheinigte, „vom 12 October 1839 bis den 1 July 1941 bey mir in Dienst gewesen“ zu sein. Die Urkunde trägt das offizielle Siegel der „königlichen Poststation zu Quickborn“ mit einem Posthorn und den Initialen des damaligen Königs Christian VIII. von Dänemark (1786–1848). „Das ist jetzt der größte Schatz, über den die Geschichtswerkstatt verfügt“, sagt Heimatforscher Timm. Nach jahrelanger Recherche habe er dieses Originaldokument im Internet entdeckt und für 29 Euro ersteigert. Ein anderes Original der Quickborner Poststation hängt inzwischen in der Quickborner Filiale der Volksbank Pinneberg-Elmshorn. Es ist die Postglocke des „Posthofs Quickborn“, die die Ankunft der Postkutschen ankündigte. Dieses historische Stück ist nach Recherche Irene Lühdorffs in den 1970er-Jahren in private Hände geraten und dann vor etwa zehn Jahren in der früheren Raiffeisenbank wieder aufgetaucht. Von dem alten Posthof selbst, der von 1832 bis 1850 südlich der Süderstraße gegenüber der heutigen Zimmerei Pommerening in Höhe der Kieler Straße 48 bestand, zeugen nur noch zwei alte, runde Granitsteine, die offenbar die Einfahrt zu der 45 Hektar großen Poststation markierten. Die Gebäude wurden 1873 und 1904 abgerissen. Dabei handelte es sich immerhin um ein zweistöckiges Wohnhaus und zwei einstöckigen Nebengebäuden mit 15 beheizbaren und 14 nicht beheizbaren kleineren Kammern. Hinzu kamen sechs Stallungen für bis zu 50 Pferde, drei Scheunen, eine Wagenremise, ein Wasch- und Backhaus und eine Gastwirtschaft. Die Poststation diente offensichtlich auch als Herberge für Kutscher, Bedienstete und Fahrgäste.

Heutige B 4 war die erste am Reißbrett geplante Straße

Für Irene Lühdorff stellte der frühere Posthof neben der Marienkirche von 1809 „die zweite bedeutende zentrale Einrichtung Quickborns“ dar. Mit dem Bau der 91 Kilometer langen Altonaer-Kieler Chaussee, die nach zwei Jahren Bauzeit 1832 für knapp eine Million dänische Reichstaler fertiggestellt worden war, begann die erste, große Blütezeit Quickborns. Es war die erste am Reißbrett geplante Straße in Schleswig-Holstein. Das Dorf Quickborn war vorher völlig abgelegen. Die Hauptwegeverbindung in Richtung Norden verlief über Hamburg, Ulzburg, Kiel, Eckernförde und Schleswig. „Die Bevölkerung war arm, denn der Geestboden erbrachte keine üppigen Ernten“, schreibt Lühdorff. Die neue Kunststraße holte das verschlafene Dorf plötzlich aus der Versenkung. Und ihr erster großer Wegbereiter war dieser erst 20 Jahre junge Carl Hinrich Theodor Frauen aus Bramstedt, das damals noch kein Bad war. Denn die Pferde für die Postkutschen, die nun über die schnellere und direktere Verbindung von Altona über Neumünster nach Kiel fuhren, mussten etwa alle 20 Kilometer (genau nach 2,75 dänischen Meilen) gewechselt werden. Und das war von Altona aus in Quickborn. Carl Hinrich Theodors Vater, Johann Theodor Frauen, war bereits der Postmeister in Bramstedt. Nun verhalf er seinem Sohn zu dem dringend benötigten Posthof in Quickborn, dessen Kauf er ihm finanzierte und 1834 als Hochzeitsgeschenk überschreib. Zur offiziellen Eröffnung der Poststation in Quickborn am Juli 1833 kam höchster Besuch. Frederik VI. (1768 bis 1839), König von Dänemark und Norwegen, weihte sie ein, der zugleich auch Herzog von Schleswig und Holstein war. Ihm folgte dann nach seinem Tod 1839 sein Cousin Christian VIII. nach, dessen Insignien das beurkundete Siegel der Quickborner Poststation ziert.

Der Postverkehr florierte und brachte das Dorf zu Wohlstand. „Der Posthof setzte viele Menschen in Lohn und Brot“, so Lühdorff. Es wurden Bedienstete für Haus und Stall benötigt, es musste für Verpflegung der Reisenden und Futter für die Pferde gesorgt werden, Kutschen mussten beschlagen und repariert werden. Auch seinem Betreiber Frauen brachte der Posthof offenbar viel Geld und noch mehr Ambition ein. So kaufte er in wenigen Jahren sechs weitere Höfe auf und vergrößerte seinen Besitz auf 140 Hektar Land. Allerdings verschuldete er sich dafür hoch.

Frauen war herrisch und gefürchtet

Frauen sei ein herrischer, streitlustiger und gefürchteter junger Mann gewesen. Er schlug sich mit einem Förster und zahlte seinen Bediensteten ihren Lohn nicht immer, was aus damaligen Rechtsstreitigkeiten hervorgehe. Die Postillione wurden ständig zur Eile getrieben, mussten Fahrtzeiten genau einhalten, und sogar der Pferdewechsel war mit zehn Minuten genau festgelegt.

Frauens wohl größter Fehler war, dass er die Zeichen der Zeit und seine größte Konkurrenz, die seine gesamte Existenz bedrohte, nicht oder zu spät erkannte: die neue Bahnstrecke von Altona über Pinneberg und Elmshorn nach Kiel, die 1844 ebenfalls von König Christian VIII. eingeweiht wurde. „Das wäre in etwa so, wenn heute jemand die Digitalisierung ignorieren würde“, zieht Heimatforscher Timm einen aktuellen Vergleich. Frauen hätte merken müssen, dass die Tage der Postkutschen durch den viel schnelleren Bahnverkehr gezählt waren, und sein Geschäft darauf umstellen müssen. Doch das tat er nicht. So musste er 1850 den Offenbarungseid leisten, der damals „Manifestationseid“ hieß, und trieb auch seinen Vater damit in den Konkurs. Die Poststation, die seit 1849 wegen mangelnder Frequenz und Einnahmen ohnehin nur noch eine kleinere Posthalterei war, wurde endgültig zum 1. Juli 1850 geschlossen. Damit fand das kurze Kapitel des Quickborner Aufschwungs Mitte des 19. Jahrhunderts ein jähes Ende.

Die Ländereien erwarb der größte Gläubiger, der Kieler Advokat Gustav Rendtorff, der sein „Schnäppchen“, wie Timm sagt, schnell weiter veräußerte. Die Besitzer wechselten schnell und hatten offenbar auch wenig Glück damit, bis schließlich 1876 der Messerschleifer und Fabrikant Rudolf Brokhahne das Land des ehemaligen Posthofes erwarb und sein Gut als Elisenhof nach seiner Ehefrau benannte.