Pinneberg. Angler, Naturschützer und Hundehalter haben Interesse am Gewässer. Aber wie lassen sich die Wünsche unter einen Hut bringen?
Vier Varianten, viel Gezerre: Um die Nutzung des Funkturmsees in Pinneberg gibt es einmal mehr große Uneinigkeit. „Aber ich bin zuversichtlich, dass wir die anderen Fraktionen doch noch überzeugen können“, sagt Manfred Stache, Fraktionsvorsitzender der Grünen und Unabhängigen. „Wir werden es jedenfalls noch einmal versuchen.“
Pinneberg: Streit um die Nutzung des Funkturmsees
Die Grünen hatten einen Antrag eingebracht, der die Nutzung des bei Anglern, Hundebesitzern und Spaziergängern beliebten Sees neu ordnen sollte. Und er sollte die Natur besser schützen. Eine Mehrheit fanden die Vorschläge nicht. CDU, SPD und Bürgernahe stimmten dagegen.
Doch von vorn: Die Stadt Pinneberg und der SAV Rellingen hatten 1995 einen Vertrag geschlossen, der Zonen zum Angeln und Schutzzonen für Tiere ausweist. Nach diesem Vertrag darf sowohl vom Nordufer als auch vom westlichen und südlichen Ufer aus geangelt werden. Eine Schutzzone befindet sich im nordwestlichen Teil, die andere umfasst weite Bereiche des Ostufers, wo sich ein Knick befindet. In den Folgejahren wurde jedoch versäumt, diese Einteilung auch zu kontrollieren und durchzusetzen.
Der Bau von Zäunen wäre mit 52.000 Euro teuer geworden
Zum Nachteil der Naturschutzflächen, finden die Grünen. „So wird das Ostufer mittlerweile von Spaziergängern sowie Hundehaltern mit ihren Tieren frequentiert“, schreiben sie in ihrem Antrag. Ein breiter Trampelpfad sei entstanden, der auch die benachbarte Feuchtwiese in Mitleidenschaft ziehe. Der Schilfgürtel weise zahlreiche Lücken auf.
Die Umzäunung der Feuchtwiese und des Ostufers war vor einigen Jahren entfernt worden. Seitdem haben Angler und Spaziergänger mit oder ohne Hunden ungehindert Zutritt. Dies alles stehe dem Biotopschutz entgegen und wirkt sich negativ auf das Arteninventar an Brutvögeln, Amphibien, Libellen oder Pflanzengemeinschaften aus, so die Grünen.
Die Fraktion der Grünen und Unabhängigen hatte zunächst zwei Varianten zur Abstimmung gestellt. Variante A sah vor, die vertraglich vereinbarte Zonierung am Funkturmsee wiederherzustellen. Variante B sollte die Zonen neu ordnen und dem Angelverein das Ostufer als Angelzone überlassen. „In diesem Bereich weist der See seine größte Tiefe – etwa vier Meter – auf“, sagt Thies Klingenberg, Vorsitzender des Anglervereins. Das westliche Ufer sei mit weniger als einem Meter weitgehend flach – und für Angler meist ungeeignet.
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Pinneberger Grüne und Unabhängige fordern mehr Naturschutz
Für die Grünen und ihren Wunsch nach mehr Naturschutz wäre die Variante B akzeptabel. Ihre Idee: Der flache Westteil könnte ökologisch mit einem breiten Röhricht- und Schwimmblattgürtel aufgewertet werden. „Auch als Laichhabitat für Fische würde dieser Bereich so profitieren“, heißt es im Antrag. Ein Zaun an dieser Stelle sollte vor Eindringlingen schützen. In einer Anhörung von Vertretern des Angelvereins und des Naturschutzes am 19. Mai hatten sich alle einstimmig für Variante B ausgesprochen. Der Bau von Zäunen würde 52.000 Euro kosten.
Daraufhin brachte die Stadtverwaltung, die eine Einzäunung aus Kosten- und Naturschutzgründen ablehnt, Variante C auf den Tisch: die Zonierung weitgehend so zu belassen wie bisher. Dabei berief sich die Verwaltung auch auf eine Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde (UNB). Allerdings sollte das Ostufer mit Barrikaden aus gefällten Baumstämmen unpassierbar gemacht und der Anglerbereich ein kleines Stück nach Norden erweitert werden. Eine Absperrung des Angelbereichs mit Pforten sei unnötig und zu kompliziert. Die Anordnung eines Leinenzwangs für Hunde hält die Verwaltung für nicht durchsetzbar.
Angelvereinschef nennt Einschränkungen eine „Katastrophe“
Klingenberg nannte die Einschränkung des Ostufers für die Angler „eine Katastrophe“, die für die Mitglieder kaum hinnehmbar sei. „Das Ostufer ist völlig ungeeignet für eine Schutzzone da es dort an Flachwasserzonen mangelt. Nach unserem Dafürhalten wäre auch schon eine Beibehaltung des Ist-Zustandes vollkommen ausreichend, da wir bereits viele Schutzzonen am See eingerichtet haben.“
Somit kam Variante D ins Spiel, ein Versuch, alle Interessen zu bündeln. Der Angelverein könnte das Ostufer uneingeschränkt nutzen und würde die Besucherlenkung übernehmen, indem er Spaziergänger auf die offiziellen Wanderwege verweist. Er finanziert die Pforte. Außerdem sollte die Anregung der Verwaltung aufgenommen werden, den Trampelpfad durch den Knick am Ostufer durch Barrikaden (gefällte Pappelstämme) unpassierbar zu machen. Und die Naturschutzseite würde die maßvolle Nutzung des Ostufers durch Angler des SAV tolerieren.
Pinneberg: Funkturmsee soll weiterhin für Öffentlichkeit zugänglich sein
Durch Abzäunung der kleinen Bucht im Südwesten über etwa 20 Meter mit Schafdraht (unterstützt durch das Ablegen von Strauchschnitt) werde die Voraussetzung dafür geschaffen, dass sich die Röhrichtzone regenerieren und ausdehnen kann. Auf eine weitere Einzäunung mit Maschendrahtzaun werde verzichtet. Die Kosten für die Stadt reduzieren sich daher auf einen Wert nahe Null. Die Naturschutzverbände sind bereit, eine Informationstafel aufzustellen, auf der die Maßnahme erläutert wird.
Die breite Öffentlichkeit behält dabei an drei Stellen Zugang zum Wasser mit Grillmöglichkeiten an zwei Plätzen. Die Wanderwege um den See und an der Pinnau bleiben in vollem Umfang weiter nutzbar. Die UNB hat signalisiert, dass sie diese Variante für genehmigungsfähig hält.
Im Ergebnis fand nun allerdings keine der vier Varianten eine Mehrheit. Es hätte eine Lösung gegeben, die Angelsport, Naherholung und Naturschutz zufriedenstellend ermöglicht und fast nichts gekostet hätte, ist Grünen-Politiker Wilhelm Flade-Krabbe überzeugt. „Der Kreis-Naturschutzbeauftragte Rainer Naujox hatte sich für Variante D eingesetzt, die Untere Naturschutzbehörde befand diese Variante für genehmigungsfähig.“
Weite Bereiche sind Flächen für den Natur- und Landschaftsschutz
Flade-Krabbe sieht die Schuld vor allem bei der CDU. „Es ist beschämend für die CDU, selbst kleine Naturschutzmaßnahmen aus ideologischen Gründen zu blockieren – und das in der Pinnauniederung, einer Hauptachse des Biotop-Verbundsystems des Landes Schleswig-Holstein.“ Die Verweigerungshaltung setze sich fort in der Ablehnung eines Arbeitsgesprächs zum Thema Klimabäume. Hier sollte untersucht werden, wie Neupflanzungen dem Klimawandel begegnen und zugleich die biologische Vielfalt bewahren können.
Die Pinnauwiesen östlich des Hindenburgdammes in Richtung Wulfsmühle sind bis weit hinter die Stadtgrenzen Pinnebergs als Hauptachse des landesweiten Biotopverbunds ausgewiesen. Große Teile sind Überschwemmungsgebiet, kleinere Bereiche sind als gesetzlich geschützte Biotope deklariert. Der Flächennutzungsplan sieht weite Bereiche als Flächen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft vor. „Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, in diesem für den Naturschutz besonders qualifizierten Gebiet eine kleine, fast kostenneutrale Maßnahme zur Stärkung der ökologischen Funktion bei weitgehenden Zugeständnissen an Angelnutzung und Naherholung zu genehmigen und umzusetzen“, so die Grünen.