Pinneberg. Den SAV Rellau, einer der größten des Landes, gibt es seit 100 Jahren. Wie die Hobbyfischer den Wandel der Zeit gemeistert haben.
Wer Fisch fangen will, muss erst einmal welchen aussetzen. Jeden Spätherbst sorgen die Angler des SAV Rellau für artenreichen Besatz in ihren Gewässern. Dann werden kleine Hechte, Karpfen, Schleie, Zander, Rotaugen, Forellen und Aale vorsichtig in die Seen und Flüsse entlassen. Sieben Tonnen Fisch kauft der Verein jedes Jahr für mehrere Tausend Euro vorrangig von Züchtern aus Mecklenburg-Vorpommern, um sie im Südwesten Schleswig-Holsteins auszusetzen. Das kommt nicht nur den Anglern zugute.
Mit dem Besatz werde sowohl das ökologische Gleichgewicht als auch die Artenvielfalt in den Gewässern erhalten. „Die Fische bekommen vier Wochen Schonfrist“, sagt Thies Klingenberg, seit 2006 erster Vorsitzender des Anglervereins. Dann dürfen die Vereinsmitglieder ihr Glück versuchen und die Angelrute auswerfen.
Der kleinste Teich misst 0,5 Hektar, der größte ist zehn Hektar groß
Fast alle gängigen Süßwasserfische kommen in den Vereinsgewässern vor – von A wie Aal bis Z wie Zander. Durch den Zulauf der Pinnau kommt es gelegentlich auch zu kuriosen Fängen wie der kleiner Schollen im Funkturmsee in Pinneberg. „Die Pinnau ist mittlerweile extrem sauber“, sagt Gunnar Markner, der zweite Vorsitzende, der seit 32 Jahren im SAV Rellau angelt und seinen Urlaub immer am Wasser verbringt. „Sogar Meerforellen und Lachse gibt es wieder.“ Das seltene Flussneunauge hat den Weg zurück gefunden und auch Eisvögel und Fischotter wissen die artenreiche Fischfauna zu schätzen.
Der SAV Rellau e.V. Pinneberg hat in diesem Jahr sein 100. Geburtstag gefeiert, mit Königsangeln für Vereinsmitglieder und anschließendem Spanferkelessen am Alsensee in Moorrege sowie einem Empfang für geladene Gäste im Restaurant „Heimat Lodge“ am Golfpark Weidenhof in Pinneberg. „Die Satzung wurde im Oktober 1922 verabschiedet, der Eintrag im Vereinsregister erfolgte dann 1923“, sagt Klingenberg. Viele Dokumente aus der Zeit gibt es nicht mehr.
Funkturmsee entstand aus einer Sandkuhle für den Autobahnbau
„Den Alsensee, den viele als Freibad Oberglinde kennen, nutzen wir seit 1937. Er ist unser ältestes Vereinsgewässer.“ Der Ossenpadd, es handelt sich um Teiche, die teilweise miteinander verbunden sind, wurde noch vor dem Zweiten Weltkrieg gepachtet. In den 60er-Jahren kam der Funkturmsee in Pinneberg dazu, der aus einer Sandkuhle entstand. Der Sand wurde damals für den Autobahnausbau der A23 gebraucht --inzwischen ist der See ein Naherholungsgebiet..
Heute hat der Verein etwa 900 Mitglieder, darunter knapp 50 Jugendliche. „Durch Corona hatten wir in den vergangenen zwei Jahren großen Zulauf, konnten auch während der Pandemie weitermachen“, sagt der Appener. Viele Menschen hätten in der Zeit die Liebe zur Natur entdeckt. Der Verein kam aber auch an seine Kapazitätsgrenze. Mittlerweile gebe es aber wieder einige Austritte.
Verein gehört zu den mitgliederstärksten im Land
Der Angelverein gehört zu den zehn mitgliedsstärksten in Schleswig-Holstein. „Derzeit bewirtschaften wir insgesamt 15 Vereinsgewässer, welche entweder Vereinseigentum oder gepachtet sind“, sagt Thies Klingenberg, seit 2006 erster Vorsitzender des Anglervereins. Die Gewässer sind von 0,5 Hektar klein bis knapp zehn Hektar groß und befinden sich allesamt im Kreis Pinneberg.
Jedes Gewässer wird durch mehrere Warte betreut. In jährlichen größeren Einsätzen werden die Seen und Grundstücke im Sinne des Natur- und Landschaftsschutzes gepflegt. Rund 1000 Arbeitsstunden erbringen die Mitglieder jedes Jahr ehrenamtlich. „Jedes Mitglied muss pro Jahr an mindestens einem der Arbeitsdiensttermine teilnehmen“, sagt Gunnar Markner.
14 Fischereiaufseher machen zudem regelmäßig Kontrollgänge und überführen so zehn bis 15 Schwarzangler im Jahr. „Die Dunkelziffer ist sicherlich höher.“ Das Problem: Ihnen seien Vorschriften egal. „Sie nehmen auch viel zu kleine Fische mit, halten sich nicht an Schonzeiten und wissen nicht, wie man die Tiere art- und waidgerecht tötet.“ Oft würden sie die Fische einfach qualvoll ersticken lassen.
Aber nicht jeder tote Fisch am Uferrand geht auf Menschen zurück. „Weißfische verausgaben sich beim Laichakt beispielsweise so, dass sie vor Erschöpfung sterben“, sagt Klingenberg. Schnell heiße es dann voreilig: „Die Angler wieder...“ „Dabei pflegen wir die Gewässer, sammeln Müll am Ufer, achten auf einen schonenden Umgang mit den Tieren.“
Frauen sind bei den Anglern nach wie vor in der klaren Minderheit
Wer angeln möchte, darf nicht einfach irgendwo seine Angel ins Wasser halten. „95 Prozent aller Gewässer gehören jemandem oder sind gepachtet“, sagt Klingenberg. Zugang erhält man über eine Mitgliedschaft im Angelverein. Mitglied werden kann jeder, der einen Jahresfischerschein hat. Die Aufnahmegebühr beträgt 100 Euro, der jährliche Mitgliedsbeitrag 87 Euro für Erwachsene und 37 Euro für Jugendliche.
Mit anderen Angelvereinen gibt es ein Austauschprogramm, dass auch mal das Fischen in fremden Gewässern ermöglicht. „Angeln ist aber kein günstiges Hobby“, sagt Markner. Eine professionelle Rute kann schon mal 800 Euro und mehr kosten. Aber für den Anfang tut es auch ein günstigeres Modell. Für Kinder unter zwölf Jahren, die das Angeln mal ausprobieren möchten, bietet der SAV Rellau in den Ferien regelmäßig Kinderangeln an.
„Die Jugendarbeit wird in unserem Verein generell sehr groß geschrieben. Den Angelschein darf man allerdings erst im Alter von zwölf Jahren machen. „Die Jugend in dem Alter für unseren Verein zu begeistern, ist schwierig“, sagt Klingenberg. Andere Vereine können neue Mitglieder schon ab dem Kindesalter werben. Zudem haben Teenager meist andere Interessen, wollen am Computer zocken oder einfach chillen. „Zum Glück haben wir einen engagierten Jugendleiter, der zum Beispiel Nachtangeln, Grillen oder Ausfahrten für die Jugendlichen organisiert.“
Angeln ist immer noch ein männlich dominiertes Hobby. „Der Frauenanteil liegt derzeit nur bei fünf bis zehn Prozent“, sagt Klingenberg. Ob das am Ur-Instinkt des Mannes als Jäger liege oder daran, dass Frauen den glitschigen Fisch oder Regenwürmer nicht anfassen mögen, vermag er nicht zu sagen. Doch die Frauen holen auf. „In den vergangenen Jahren registrieren wir mehr Frauen im Angelsport.“ Vor 20 Jahren hätte sich der Anteil der Damen noch bei einem Prozent bewegt.