Pinneberg. Neun naturnahe Saatfelder mit insgesamt drei Hektar Fläche sollen den Artenreichtum in der Kreisstadt steigern.

Passend zum Frühling soll auch die Stadt Pinneberg grüner, artenreicher und insektenfreundlicher werden. Neben privaten Initiativen will nun auch die Stadtverwaltung dafür sorgen, dass mehr Vielfalt in die städtische Flora und Fauna kommt. Mit neuen sogenannten Blühwiesen soll dieses Ziel erreicht werden.

Dafür wurden nun neun Flächen ausgewählt, die umgestaltet werden können. Zusammen würden knapp drei Hektar naturnahe Fläche entstehen. Die Kosten schätzt die Stadt auf 25.000 Euro für das einmalige Anlegen und knapp 10.000 Euro für die jährliche Pflege.

Als geeignete Flächen wurden das Heidelerchen-Areal am Ossenpadd, der Funkturmsee sowie der Weg entlang der Bahntrasse Am Hafen auserkoren (siehe Karte). Auch die ehemalige Streuobstwiese An der Raa, der Waldenauer Park oder der Rodelberg an der Schenefelder Landstraße wären nach Ansicht der Stadt geeignet. Die insgesamt neun Flächen komplettieren der Weg an der Mühlenau (Saarlandstraße) sowie die Düpenauniederung Op de Wisch und eine 3000 Quadratmeter große Wiese östlich der Johann-Comenius-Schule.

Hintergrund der Rathaus-Initiative seien zunehmende Überdüngung und die intensive Nutzung von Grünflächen, die vermehrt zu „artenarmen Gras- oder Staudenbeständen“ geführt haben – bundesweit und damit auch in Pinneberg. Mit weniger Pflanzenarten sei auch ein Rückgang der Tier- und Insektenarten verbunden. Dieser Entwicklung soll nun entgegengewirkt werden. Zumal an einigen der ausgewählten Flächen in Pinneberg zuletzt Biotope verloren gegangen seien, die nun kompensiert werden.

Im Beschlussvorschlag heißt es von Bürgermeisterin Urte Steinberg und Bauamtsleiter Klaus Stieghorst, dass es mittlerweile viele Ansätze gebe, sowohl in landwirtschaftlichen Flächen als auch in städtischen Grünflächen den Anteil an gebietsheimischen, vielfach zurückgedrängten Pflanzenarten zu erhöhen. Dabei sei es wichtig, Blühwiesen nicht „florenverfälscht“, sondern gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz mit „gebietseigenem Saatgut“ zu bestücken. Kurz: heimische Pflanzen first!

Deshalb soll auf den Pinneberger Flächen Regio-Saatgut verwendet werden, das in im nordwestdeutschen Tiefland heimisch ist. Alternativ könne auch „naturraumtreues“ Saatgut ausgebracht werden, das einen kompletten Vegetationstyp enthält. Da die meisten gefährdeten Pflanzen von nährstoffliebenden Arten verdrängt wurden, sollen die Blühwiesen nicht an bewirtschafteten Feldern liegen. Absichtlich wurden weniger nährstoffreiche Standorte ausgewählt.

Ein weiterer Standortfaktor sei die Lage. Isolierte Flächen wie etwa Verkehrsinseln brächten für Insekten kaum Mehrwert, da die Nahrungs- und Fortpflanzungsbedingungen schwierig sind. Auch ein genetischer Austausch ist nur schwer möglich. Andererseits sei die optische Aufwertung etwa von Verkehrsinseln in einer Stadt wie Pinneberg auch nicht zu unterschätzen. Dennoch liegen die vorgeschlagenen Flächen eher am Stadtrand oder in Nachbarschaft naturnaher Flächen.

Aufwand, Nutzen und Kosten würden sich allerdings nur lohnen, mahnt die Verwaltung, wenn auch die Pflege entsprechend angepasst werde. Je nach Saatmischung. Grundsätzlich würden ein- bis zweimalige Mahd im Jahr reichen. Dafür, so das Rathaus weiter, sei aber eine entsprechende Maschinenausstattung hilfreich. Auch die Verwertung des Mähgutes müsse berücksichtigt werden. Die Kosten für das Saatgut selbst seien sehr gering.

Der Pinneberger Biologe und Grüne Wilhelm Flade-Krabbe sieht das nicht nur positiv. Schon zuvor nannte er das „medienwirksame Ansäen“ von Blühwiesen „Feigenblatt-Aktionen“: Von 2018 bis 2021 hätten etwa nur 6000 Euro dafür im Etat gestanden. „Das ist verschwindend wenig, die Leiche wird nur geschminkt.“ 5,1 Prozent der Stadtfläche bestehen aus Wiesen, aber weniger als 0,1 Prozent seien wirklich Blühwiesen. Der Etat sei eine Mogelpackung, da die Kosten für Ausgleichsflächen von Baumaßnahmen eingerechnet würden.

Offiziell begründet wird die Aufwertung der Flächen indes unterschiedlich. Während etwa an der Heidelerchen-Fläche Ossenpadd schon 19.000 Quadratmeter nach Artenschutzansprüchen hergerichtet wurden, die nun auf 15.000 Quadratmeter durch Wiesenarten aufgewertet werden sollen, böte sich der östliche Funkturmsee wegen der Obstbäume und Kopfweiden an. Am Weg an der Mühlenau im Bereich Saarlandstraße gebe es bisher nur artenarme Wiesen. 3700 Quadratmeter Blühwiesen seien dort sinnvoll. Am Hafen entlang der Bahntrasse befinde sich einen Grünstreifen mit einzelnen Bäumen. Eine Blühwiese mit 650 Quadratmetern sei eine Ergänzung. Bei der ehemaligen Streuobstwiese An der Raa seien ursprünglich Obstbäume gepflanzt worden. Doch der Standort war ungünstig, weshalb nun an der Raawischniederung einer 1200 Quadratmeter großen Blühwiese eine Chance gegeben werden soll.

Die Auslauffläche des Rodelbergs an der Schenefelder Landstraße ist wegen der Nachbarschaft zu Kleingärten als Blühwiese auserkoren worden. Das winterliche Rodeln werde nicht beeinträchtigt. Im Waldenauer Park wiederum gebe es mittig eine Freifläche. Die 550 Quadratmeter sollen jetzt naturnah werden. Der Rand der Düpenauniederung Op de Wisch sei bereits mit einzelnen Bäumen bepflanzt worden, 1000 Quadratmeter blütenreiche Pflanzen sollen den Naturwert erhöhen. Die Wiese östlich der JCS wiederum sei teils mit Obstbäumen bepflanzt. Dort sollen 3000 Quadratmeter Blühwiese Insekten anlocken.