Kreis Pinneberg. Auch das Fernsehen berichtet inzwischen über den umstrittenen Wechsel der Gelben Tonnen. Pinneberger Kreistag erklärt sein Unverständnis.
Der öffentliche Protest gegen den inzwischen als „Tonnen-Irrsinn“ bezeichneten Austausch von sämtlichen Wertstoffbehältern im Kreis Pinneberg zieht immer weitere Kreise. Jetzt hat auch die Kreispolitik auf der Sitzung des Kreistages reagiert – und ihr Unverständnis erklärt, dass 80.000 Gelbe Tonnen durch 80.000 andere Gelbe Tonnen ersetzt werden, nur weil der Entsorger zum Jahresende wechselt.
Kreis Pinneberg: Politik diskutiert über Gelbe-Tonnen-Irrsinn
Unterdessen will der Bönningstedter „Tonnen-Rebell“ Peter Heine (das Abendblatt berichtete) nun versuchen, ein Netzwerk weiterer Mitstreiter aufzubauen, die sich wie er unter dem Motto„Ich behalte die alte“ weigern, eine neue Tonne auf ihr Grundstück stellen zu lassen. Zumal das Thema, das für viele wie ein Schildbürgerstreich anmutet, inzwischen auch landesweit bekannt ist. Denn auch das Schleswig-Holstein-Magazin des NDR hat jüngst die seltsame Tonnen-Austauschaktion aufgegriffen und dabei vor allem die Menschen zu Wort kommen lassen, über die das Abendblatt zuvor bereits ausführlich berichtet hatte.
Bönningstedts Bürgermeister Rolf Lammert wiederum will aber auch die Verantwortung der Landrätin Elfi Heesch geklärt wissen. Seine Frage: Hätte Heesch als Vorsitzende der Gesellschaftsversammlung der GAB-Umweltservice in diesen Tonnenstreit zwischen den beiden Entsorgern eingreifen können und müssen?
„Ich möchte wissen, ob sie sich in die Verhandlungen eingeschaltet hat, was ich von ihr im Interesse der Bürgerinnen und Bürger erwartet hätte“, so Lammert. Denn zum angeblich nicht wirtschaftlichen Angebot, das der neue Entsorger RMG dem bisherigen Abfuhrunternehmen GAB für die Tonnen gemacht habe, kämen nun unnötige Kosten für den Abtransport und die Einlagerung der 80.000 Tonnen hinzu.
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Gelbe Tonne: Kreispolitiker haben Verständnis, aber keine Handhabe
Zur Kreistagssitzung nach Elmshorn waren einige Bürger aus Rellingen und Halstenbek gekommen, um ihrem Unmut über diese für sie unsinnige und klimaschädliche Tonnen-Austauschaktion zu äußern. Die Anfrage Peter Heines, der aus Krankheitsgründen nicht selbst kommen konnte, wurde verlesen. Darin regt er an, die Ausschreibung des Dualen Systems, die im Kreis die RMG Rohstoffmanagement GmbH aus Hessen für die nächsten drei Jahre gewonnen hat, durch kompetente Fachleute prüfen zu lassen.
„Wieso ist dieses Geschäft zustande gekommen? Es gilt doch schon seit vielen Jahren, dass nicht nur die besten Preise, sondern auch das Angebot mit günstigen, besser passenden Kriterien stets bei der Vergabe berücksichtigt werden muss“, fragt Heine die Verantwortlichen. „Dieses Geschäft passt einfach nicht. Es ist eine Katastrophe.“
Aus umweltpolitischer Sicht geben ihm die Kreispolitiker Recht, doch es seien ihnen die Hände gebunden. „Wir sind alle unzufrieden mit diesem Verfahren“, sagt SPD-Fraktionschef Hans-Peter Stahl. „Es ist nicht nachhaltig und nicht ökologisch.“ Grünen Vizefraktionschefin Susanne von Soden-Stahl sagt. „Es ist eine so sinnlose Geschichte. Wir wissen ja nicht einmal, wo der Verpackungsmüll jetzt entsorgt oder wohin er transportiert wird.“
Kreis Pinneberg: Gelbe Tonnen sind vielen Bürgern zu groß
Die Crux sei, dass es diese zwei Abfallwirtschaftskreisläufe gebe: Für den Rest-, Bio- und Papierabfall ist der Kreis zuständig und erhebt dafür auch seine Gebühren. Für den Verpackungsmüll gibt es das privatwirtschaftliche Duale System, das sich über den Verkauf der Produkte finanziert.
„Dieses System muss geändert werden“, fordert Stahl den Gesetzgeber auf. Über die Bundestagsabgeordneten im Kreis müsse das Thema nach Berlin getragen werden. „Und da haben wir mit einem grünen Wirtschaftsminister vielleicht mehr Möglichkeiten.“
Immerhin hat der Kreistag aber beschlossen, dass die Kreisverwaltung beim dualen System geltend machen soll, die Volumengröße der Tonnen, ob 120, 240 oder 1100 Liter, „nach Wahl der privaten Haushaltungen auszugestalten ist.“ Denn wie die jahrelange Erfahrung zeigte, seien 240-Liter-Tonnen bei einer 14-tägigen Entleerung „in vielen Fällen überdimensioniert“. Diese Größenbehälter stellten aber mit mehr als 90 Prozent der jetzt ausgeteilten 80.000 Tonnen die Mehrzahl.
Kreis Pinneberg: Gelbe-Tonnen-Rebell will „nicht locker lassen“
Tonnen-Rebell Heine will weitere Unterstützer suchen über Handzettel und die sozialen Medien, kündigt er an. „Wir dürfen nicht locker lassen und müssen mit den Füßen abstimmen“, fordert er. Das geböten der Umweltschutz und der normale Menschenverstand. Er wolle auch die GAB bitten, seine alte Tonne nicht abzuholen.
Bönningstedts Bürgermeister Lammert fragt sich, was passieren sollte, wenn jetzt die neuen Tonnen zahlreich auf öffentlichem Grund stehen bleiben sollten und womöglich den Fuß- und Radverkehr und die Schulwegsicherung behinderten. Auch RMG-Sprecherin Johanna Wolf räumt ein, dass ihre Firma die neuen Tonnen nur „an die Grundstücksgrenzen“ stellen dürfe. „Leider ist es RMG aus rechtlichen Gründen nicht möglich, das befriedete Besitztum zu betreten und die Gelbe Tonne direkt auf dem jeweiligen Grundstück aufzustellen“, sagt sie.
Vor diesem Hintergrund bleibe es den Eigentümern, Hausverwaltungen oder Hausmeistern überlassen, die Tonnen aufs jeweilige Grundstück zu rollen, damit sie im öffentlichen Raum keine Behinderungen verursachten. Wenn das in Bönningstedt nicht geschehe und sie im Weg stünden, werde er sie von seinem Bauhof einsammeln und dort einlagern lassen, erklärt Bürgermeister Lammert. „Es kann nicht sein, dass sie wochenlang den Fuß- und Radverkehr stören.“