Pinneberg. Prozess: Zwei Feuerwehrleute berichten, wie sich Tim B. dagegen wehrte, aus seiner brennenden Wohnung gerettet zu werden.

Olaf G. (48) ist ein erfahrener Feuerwehrmann. Dennoch hat er einen Einsatz wie am 26. April in Pinneberg „noch nie erlebt“, so der Zeuge am Montag vor dem Landgericht Itzehoe. „Es war für mich unbegreiflich, dass sich jemand weigert, aus der brennenden Wohnung rauszukommen.“

Pinneberg: Angeklagter soll Feuerwehrleute angegriffen haben

Dieser jemand ist Tim B. (42) – und sitzt drei Meter entfernt mit angelegten Hand- und Fußfesseln auf dem Stuhl neben seinem Anwalt. Der Pinneberger soll den Brand in der Dachgeschosswohnung am Damm selbst gelegt haben. Ihm werden schwere Brandstiftung, versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung sowie weitere Straftaten, die aus anderen Handlungen des Mannes resultieren, vorgeworfen. Weil Tim B. aufgrund einer psychischen Krankheit schuldunfähig sein soll, könnte am Ende des Verfahrens eine dauerhafte Einweisung in die Psychiatrie stehen.

Christoph I. (28) betrat am Tattag als erster Feuerwehrmann die Wohnung. „Es herrschte Null Sicht und starke Hitze, wir mussten uns durch Tasten orientieren.“ Relativ schnell habe er Tim B. gefunden, der in einem Raum am geöffneten Dachflächenfenster stand. „Der Weg zum rauchfreien Treppenhaus war kurz und frei, aber er wollte nicht mitkommen.“ Er habe zwei vergebliche Versuche gestartet, so der Zeuge. „Er sagte ‘Ich bin der Boss und gehe nirgendwohin.’“ Als er versucht habe, den Bewohner zu packen und mit aus der Wohnung zu ziehen, habe der wild mit den Armen gewedelt und ihn am Helm und der Maske getroffen.

Pinneberger wollte sich von Feuerwehrleuten nicht retten lassen

Die Aufgabe der Personenrettung habe dann die eingetroffene Verstärkung übernommen. Christoph I. versuchte derweil, den Brandherd ausfindig zu machen und das Feuer zu bekämpfen. „Es war so heiß, das unsere Wärmebildkamera kein klares Bild mehr lieferte.“ Da, wo die Hitze war, hätten die Einsatzkräfte ein Wasser-Schaum-Gemisch draufgegeben. „Das war eine Ausnahmesituation“ so der Feuerwehrmann, der sich trotz Schutzanzugs Verbrennungen ersten Grades zuzog.

Währenddessen bemühte sich Olaf G., den Bewohnern aus der Gefahrenzone zu bringen. „Alles war pechschwarz, extreme Hitze, es zogen dicke Rauchschwaden vorbei.“ Dennoch habe Tim B., der im Gegensatz zu den Einsatzkräften natürlich keinen Atemschutz trug, unverdrossen am Fenster gestanden und rumgeschrien. „Er war nackt, Kopf und Oberkörper waren völlig verrußt, er hatte Gegenstände in der Hand, mit denen er rumfuchtelte.“ Von außen habe ein Feuerwehrkollege angeleitert und versucht, den 42-Jährigen rauszuziehen. „Ich hatte Angst, dass er den von der Leiter stößt.“

Vier Männer mussten den Angeklagten aus der Wohnung bringen

Er habe dann versucht, Tim B. eine sogenannte Fluchtschutzhaube überzuwerfen und ihn „irgendwie zu greifen“. Der 42-Jährige habe weiter rumgeschrien, dass er in der Wohnung bleiben wolle, und sich massiv zur Wehr gesetzt. „Ich habe einen Schlag an der Maske gespürt, sie ist verrutscht und es war ein lautes Zischen hörbar.“ Durch den Unterdruck, der beim Einatmen entsteht, habe sich die Maske dann wieder geschlossen. Später im Krankenhaus wurde festgestellt, dass Olaf G. kurzzeitig Brandrauch eingeatmet hatte, sein Kohlenmonoxidwert im Blut war leicht erhöht. Eine Rauchgasvergiftung wurde bei ihm nicht diagnostiziert.

„Ich habe dann Verstärkung gerufen. Wir haben vier Mann gebraucht, um ihn mit Müh und Not aus der Wohnung rauszubekommen“, so der Zeuge weiter. Zuvor habe Tim B. ihnen Geld in die Hand gedrückt, um sie zum Gehen zu bewegen. Er habe wirre Äußerungen gemacht, unter anderem behauptet, es würde gar nicht brennen.

Pinneberg: Angeklagter soll schon früher Feuer gelegt haben

Letztlich hätten zwei Feuerwehrleute den Mann an den Füßen, die anderen beiden an den Armen gepackt. „Er hat sich gewunden wie ein Aal, hat sich an der Tür festgehalten und wollte immer wieder rein.“ Selbst als sie ihn im Treppenhaus abgelegt hätten, habe Tim B. versucht, unter seinen Beinen durchzukrabbeln, um zurück in die Wohnung zu gelangen. Vier bis sechs Polizisten hätten den 42-Jährigen dann zum Rettungswagen zerren müssen.

Zuvor hatten mehrere Zeugen von Polizei und Feuerwehr berichtet, wie der Pinneberger am 8. Januar schon einmal Feuer in seiner Wohnung gelegt hatte. Wie der Brand am 26. April entstanden ist, dazu wird am Donnerstag der Lka-Brandgutachter Holger Herdejürgen befragt. Laut Anklage sollen Toilettenpapier und Küchenrollen angezündet worden sein.