Pinneberg. Es ist eine große Kunst, ohne Plastik zu leben – doch manche Menschen schaffen es tatsächlich.
Es ist Zeit für ein Geständnis: Ich habe nie ein Diplom in Abfallwirtschaft gemacht. Dabei bräuchte ich es dringend, um gewisse Dinge zu verstehen, die nicht mehr zu verstehen sind. Einer meiner Söhne fragte kürzlich: „Papa, warum kaufen wir so viel Müll?“
Eine gute Frage. Denn wie er das gemeint hatte, wurde schnell klar – ein Blick in unseren Einkaufswagen genügte: In Plastik eingeschweißte Käsescheiben, Milch im Tetrapack, Joghurtbecher, eine Tube Zahnpasta, eine Packung Kekse. „Papa, das ist viel zu viel Müll!“ Was soll man da sagen? Stimmt! Und vor allem: Was soll man da machen? Weniger Müll!
Müllvermeidung: Manche Menschen schaffen es tatsächlich, ohne Plastik zu leben
Wir sind eine siebenköpfige Familie mit Hund. Gerade erst waren es sechs gelbe Säcke in nur zwei Wochen. Also wollten wir sogleich anfangen mit dem Plastik-Fasten und legten alles zurück in die Regale und Kühltruhen. Die Alternative für Milch und Joghurt: Flaschen und Gläser. Für den Käse gab es immerhin Käsepapier. Bei den Keksen und der Zahnpasta waren unsere guten Vorsätze dann aber schnell dahin. Glauben Sie mir: Es ist eine große Kunst, ohne Plastik zu leben – doch manche Menschen schaffen es tatsächlich.
Es ist ein Dilemma. Es ist ein Drama. Es ist schlichtweg dumm. Mit Intelligenz hat es jedenfalls nichts zu tun, dass wir unseren Müll derart ausblenden und glauben, dass schwarze, braune und gelbe Tonnen die Lösungen aller Probleme sind. Fröhlich pfeifend stopfen wir weiterhin Verpackungen in Gelbe Säcke. Jeder von uns mehr als 220 Kilo im Jahr. Wir sind wahre Verpackungskünstler.
Müllvermeidung: Ein Kunstwerk - die Aldi-Tüte
Es gibt sogar Designer-Beutel, bedruckt mit bunten Motiven aus der Tierwelt – was ja schon fast zynisch ist. 35 Liter Müll passen da rein – in Design verpackt. Und bitte erinnern Sie sich an dieser Stelle auch an das bekannteste unbekannteste Kunstwerk Deutschlands: die Aldi-Tüte mit ihrem blau-weißen Diagonalmuster. Einst gestaltet von einem geometrisch-abstrakt arbeitenden Maler mit dem schönen Namen Günter Fruhtrunk.
Vor 25 Jahren wurde der „Grüne Punkt“ eingeführt – bis heute klappt es noch immer nicht: In Gelben Säcken landen Dinge, die darin nichts zu suchen haben. Eine Umfrage hat ergeben: 63 Prozent der Befragten entsorgen neben Kunststoffverpackungen auch andere Gegenstände mit dem Gelben Sack.
Müllvermeidung: Wer braucht eine Gelbe Tonne im Monster-Format?
Wer zum Beispiel eine Plastikklobürste in die Gelbe Tonne schmeißt, hat vielleicht kurz nachgedacht, aber falsch entschieden. Auch Spielzeuge gehören da nicht rein. In der Recyclingbranche spricht man dann von „Intelligenten Fehlwürfen“. Um das zu verstehen, braucht man das bereits erwähnte Abfalldiplom.
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Und nun die aktuelle Diskussion – stand diese Woche im Abendblatt: Wie groß sollen die Gelben Tonnen im Kreis Pinneberg denn nun sein? XXL-Tonnen mit 240 Litern? Oder nur XL mit 120-Litern? Oder gar XXXXXXXXXXXXXXL mit 1100 Litern? Mal ehrlich: Wer so eine Monstertonne (mit vier Rädern!) vor seinem Haus oder der Wohnung stehen hat, zahlt nicht nur sehr viel mehr Geld, sondern hat vermutlich auch noch nie etwas von Plastik-Fasten oder Umweltschutz gehört.