Pinneberg. 80 Exemplare der ILO-Motoren umfasst die Sammlung im Pinneberg Museum. Neue Studienarbeit dazu wurde jetzt vorgestellt.

Die ILO-Sammlung des Pinneberg Museums inspiriert auch die junge Wissenschaft. Robert Timm, Student an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), stellte seine Studienarbeit zu ILO-Flugmotoren jetzt im Stadtmuseum vor. Die Arbeit entstand unter der Betreuung von Ingwer Ebinger, Professor für Technische Thermodynamik und Fahrzeugklimatisierung am Department Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau der HAW, und mit der tatkräftigen Unterstützung von Dirk Hilmer und Christian Wirkus, ehrenamtliche Mitarbeiter des Pinneberg Museums für die ILO-Sammlung.

Pinneberg: Stadtmuseum zeigt Sammlung der ILO-Motorenwerke

„In jeder Entwicklungsperiode der ILO-Motorenwerke wurde mehr als nur Pinneberger Geschichte geschrieben. Stets entstanden innovative, technisch anspruchsvolle Motoren für verschiedene Anwendungsfälle“, sagt Museumsleiterin Caroline Schröder. Im Keller des Stadtmuseums sind etwa 80 Motoren aus der ehemaligen Schausammlung der ILO-Motorenwerke ausgestellt.

Präsentiert wird ein breites Spektrum technischer Entwicklung von Beispielen aus den 20er-Jahren bis hin zu den zuletzt hergestellten Typen aus dem Ende der 80er-Jahre. Caroline Schröder will im kommenden Sommer einen Teil der Motoren-Schau vom Keller ins erste Obergeschoss in die Dauerausstellung holen. Das Vorhaben unterstützt die Stadt mit 6000 Euro. Bisher ist die ILO-Sammlung nur nach Voranmeldung zugänglich.

ILO-Werke fertigten auch Motoren für Wasserflugzeuge

Robert Timm nimmt die Abstecher von den ILO-Werken in die Motorisierung der Luftfahrt in den Blick, insbesondere den Flugzeugmotor FL2/400, der mit einer Aufnahme für Propeller ausgestattet ist. „Von diesem Motor wurden sechs Stück für das Wasserflugzeug von Blohm und Voss vom Typ FG 227 eingesetzt“, erzählt er. „Es war ein Modell für das Wasserflugzeug BV 238, welches im März 1944 abhob und im Mai 1945 von den Engländern auf dem Ratzeburger See zerstört wurde.“

Student Robert Timm (M.) stellte seine Studienarbeit zu ILO-Flugmotoren im Museum mit Professor Ingwer Ebinger und  Museumsleiterin Caroline Schröder vor.
Student Robert Timm (M.) stellte seine Studienarbeit zu ILO-Flugmotoren im Museum mit Professor Ingwer Ebinger und Museumsleiterin Caroline Schröder vor. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Der Zweitaktmotor wurde fahrtwindgekühlt und hatte eine Leistung von 21 PS und einen Hubraum von 400 ccm. Das Wasserflugzeug selbst, ausgestattet mit sechs Zwölf-Zylinder-Motoren des Typs DB 603, wurde allerdings bei Daimler-Benz gefertigt.

Sogar an der Hubschrauberausbildung waren die ILO-Werke beteiligt

In Timms Arbeit geht es auch um die Flugbootentwicklung. Genauer: Um die aufregenden Begebenheiten rund um das Forschungsprojekt FG 227, für das die ILO die Motoren FL2/400 lieferte. Auch die Geschichte des beispiellosen Ansatzes der bodengestützten Hubschrauberausbildung wird beschrieben. Sie fand in dem fast vollwertigen, aber dennoch flugunfähigen Hubschrauber Bo 102 statt, der mit dem ILO-Motor L3x375 ausgestattet war. Nicht fehlen darf auch die goldene Ära des Segelflugsports und der in diesem Zusammenhang von den ILO-Werken entwickelte Hilfsmotor.

Der Flugzeugmotor FL2/400 mit Aufnahme für Propeller. Von diesem Motor wurden sechs Stück für das Wasserflugzeug von Blohm und Voss eingesetzt.
Der Flugzeugmotor FL2/400 mit Aufnahme für Propeller. Von diesem Motor wurden sechs Stück für das Wasserflugzeug von Blohm und Voss eingesetzt. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

1911 in Altona von Heinrich Christiansen unter dem Namen Norddeutsche Maschinenfabrik GmbH gegründet, zog die Firma 1913 nach Pinneberg um und war enorm erfolgreich. Gefertigt wurden zunächst Schlag- und Stoßwerkzeuge sowie Maschinen für den Gleisbau. Die Produkte führen den Markennamen ILO. Das kam aus der Kunstsprache Esperanto und bedeutet gutes Werkzeug. 1917 entwickelt ILO einen Motor, der die Geräte leichter handhabbar machte.

Pinneberg: ILO-Motorenwerke schrieben Industriegeschichte

1922 brachte ILO einen Motor für Leichtkrafträder auf den Markt, der bei der ADAC Deutschlandfahrt 1923 den ersten und zweiten Platz erreichte. In den folgenden Jahren wurden mit großem Erfolg Motoren für drei- und vierrädrige Lieferwagen (Tempo, Goliat) gebaut. Es folgten weiter Kleinverbrennungskraftmaschinen für den Einsatz in der Landwirtschaft, auch der Waggonschieber wurde vertrieben. 1947 begann man mit der Herstellung eines Motorradmotors mit 125 ccm. Fortan firmierte das Unternehmen unter ILO-Werke GmbH.

Die ILO-Werke schrieben Industriegeschichte, ihre Motoren waren von Neuseeland über Nordamerika bis nach Indonesien im Einsatz. Mit bis zu 1600 Beschäftigten war das Werk für viele Jahre größter Arbeitgeber in der Region.

Ab Mitte der 50er-Jahre ging die Nachfrage nach Zweirädern aber stark zurück, das Unternehmen wurde an die amerikanische Rockwell Manufacturing Company verkauft. Die Firma hieß von nun an Rockwell GmbH. Es folgte die umfangreiche Produktion von Schneeschlittenmotoren für den Export nach Nordamerika und Skandinavien, was später 50 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachte.

ILO-Motorenwerke: Suche nach historischen Dokumenten war schwierig

Der Aqua-Scooter, mit dem Prototyp floh Bernd Böttcher 1968 durch die Ostsee aus der DDR, wird noch heute in Italien gebaut und weltweit vermarktet. Anfang der 70er-Jahre führte die Ölkrise zum Rückgang in der Produktion, die Anzahl der Mitarbeiter wurde von 1200 auf 320 reduziert. Rockwell verkaufte das Unternehmen 1977 an die Tecumseh Products Company.

Am 31. Dezember 1990 schloss dann schließlich das traditionsreiche Unternehmen. Eine fast 80-jährige Firmengeschichte endete, in deren Verlauf der Pinneberger Betrieb zu einem der führenden Unternehmen im Zweitaktmotorenbau wurde. „Alle technischen Unterlagen mussten damals vernichtet werden“, sagt Ingwer Ebinger. Darum sei es gar nicht so einfach gewesen, Informationen zusammenzutragen. Timm ging für seine Recherche ins Bundesarchiv, suchte im Internet und in alten Zeitschriften für seine Arbeit, die nun im Pinneberg Museum ausliegt und für alle einsehbar ist.