Holm. Egon Ullrich aus Holm wird 100 Jahre alt. 20 Jahre führte er in Blankenese einen Feinkostladen. Momente eines langen Lebens.
Wenn heute bei Familie Ullrich in Holm die Champagnerkorken knallen und der Bürgermeister vor der Tür steht, hat das einen ganz besonderen Grund: Egon Ullrich feiert seinen 100. Geburtstag. Eine große Feier mit Freunden, Familie und sechs Urenkeln findet aber erst am Sonnabend statt.
Egon Ullrich führte 20 Jahre lang einen Feinkostladen
Ullrich kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Der gebürtige Stormarner verbringt seine Kindheit in Brandenburg und lässt sich nach der Schulzeit in Heidelberg zum Koch ausbilden. Doch der Beginn des Zweiten Weltkrieges beendeten die Lehre. Zurück aus russischer Gefangenschaft heiratet Ullrich 1949, führt das Fuhrunternehmen seines Vaters in Groß Kreutz fort, zwei Kinder werden geboren. Anfang 1950 fliehen seine Eltern über die sogenannte grüne Grenze nach Hamburg, wo sie den Feinkostladen Rolf Ebeling in Blankenese übernehmen.
1957 folgt Ullrich mit seiner Familie. Gewohnt wurde hinter dem Laden an der Hasenhöhe: zwei Zimmer und eine kleine Küche in einem ehemaligen Fahrstuhlschacht. Den Kolonialladen führen der Jubilar und seine Frau ab 1967. Sie betreiben dort auch die Hamburger Abendblatt-Agentur für Blankenese und bedienen berühmte und illustre Gäste. So versorgte „Ebeling Nachfolger Ullrich“ die Unternehmensfamilie Darboven, die Publizistin Gräfin Marion Döhnhoff und Schauspieler Christian Quadflieg mit Spezialitäten. Auch der Nachrichtensprecher Wilhelm Wieben kaufte nahezu täglich frische Suppe.
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In den 70ern erlebte Egon Ullrich einen Banküberfall
Der Hamburger Zeichner und Grafiker Horst Janssen versorgte sich hier mit Whiskey, und auch Komiker Otto Waalkes schaute immer mal vorbei, denn „der trank immer gerne ein Bier im Biergarten Linde und kam danach zu uns zum Einkaufen“, weiß Sohn Jens zu erzählen. Bedauerlicher Weise hat Janssen den Alkohol nicht mit einem Bild bezahlt, wenn er knapp bei Kasse war, Otto hingegen hat der Familie einen Ottifanten geschenkt, erzählt Jens Ullrich.
1972 wird in Holm das Einfamilienhaus gebaut. Bis 1987 bedeutet das für das Ehepaar jeden Werktag morgens früh raus, um das Geschäft in Blankenese pünktlich um 7 Uhr zu öffnen. Feierabend ist erst, wenn das Gemüse in der Kasematte verstaut und die Kasse abgerechnet ist. Lange Arbeitstage für die Eheleute. Unterbrochen wird die Einförmigkeit in den frühen 70er-Jahren. Im Kassenraum der Blankeneser Commerzbank will Ullrich gerade seine Tageseinnahmen abgeben, als ein Bankräuber mit abgesägter Flinte den Kassierer bedroht. Zum Glück verläuft der Großeinsatz ohne Zwischenfälle.
Aber wie schafft man es, so lange fit zu bleiben? Ullrich liest viel. Täglich auch das Hamburger Abendblatt.