Pinneberg. Grund für den Streik: Bundestag entscheidet, ob die Apotheken künftig mehr Geld an die Krankenkassen abführen müssen.

Am Mittwoch haben in Schleswig-Holstein, Hamburg, Brandenburg und dem Saarland viele Apotheken gestreikt. Eigentlich ist es den Apothekern per Gesetz verboten, die Arbeit niederzulegen, wie Christopher Schwartz, Inhaber der Adler-Apotheke in Pinneberg, betont. „Schließlich sollen wir die Versorgungssicherheit der Bürger gewährleisten“, sagt der Apotheker, der sich an der Aktion beteiligte. Ausgenommen von dieser Regelung ist nur der Mittwochnachmittag, da dann in der Regel auch die Arztpraxen geschlossen haben.

Pinneberg: Apotheken in vier Bundesländern legen die Arbeit nieder

Der Anlass des Streiks ist ein Gesetzesentwurf, der heute im Bundestag zur Abstimmung steht. Nach dem Entwurf sollen die Apotheken künftig 13 Prozent mehr von ihrem Honorar an die Krankenkassen abgeben, um sie aus der Krise zu retten, so Schwartz. Für die Apotheken, bei denen das Honorar seit zehn Jahren trotz steigender Personal und Energiekosten stagniert, sei das jedoch nicht akzeptabel.

Nach dem Entwurf müssten die Apotheken künftig statt 1,77 Euro zwei Euro für jedes verkaufte Medikament an die Krankenkassen abführen. Konkret würde das bedeuten: Für das Medikament X müssen die Kunden 47,20 Euro zahlen, das Honorar der Apotheken an dem Medikament betrug bis jetzt 7,48 Euro, im Falle einer Gesetzesänderung aber nur noch 7,25 Euro. Dabei, so argumentieren die Apotheker, sei der Gesamtanteil, den die Kassen für die Apotheken ausgeben, seit 2005 von 2,8 auf 1,9 Prozent gesunken. Die Verwaltungskosten der Kassen liegen hingegen bei 4 Prozent. Für Apotheker Schwartz ist das unverständlich.

Viele Kunden zeigten Verständnis für die Aktion – waren aber auch ratlos

Aus diesem Grund hatte die Adler-Apotheke an der Dingstätte am Mittwoch auch um 12 Uhr ihre Türen geschlossen. Doch für die Mitarbeiter bedeutete das aber nicht etwa einen freien Nachmittag in der Herbstsonne. Das Adler-Team verteilte vor dem Eingang Flyer, um auf die Missstände aufmerksam zu machen. „Wir wollen die Leistung ja nicht verweigern, wir wollen wachrütteln“, so Schwartz.

Obwohl der Streik öffentlich angekündigt worden war, standen viele überraschte Menschen in der Mittagszeit vor den verschlossenen Türen. Die meisten zeigten zwar Verständnis für das Anliegen der Apotheker, waren aber auch ratlos. Ein ums andere Mal war zu hören: „Ich brauche die Tabletten aber wirklich dringend.“ Mit Blick auf die vielen Kunden vor dem Eingang – viele von ihnen Stammkunden –, sagte Schwartz: „Uns kann eben kein Versandhandel ersetzen, gerade wenn es um Beratung und vor allem die schnelle Versorgung vor Ort und die Lieferung der Medikamente angeht.“

Pinneberg: Betreiber fürchten ein Apothekensterben

Insbesondere im ländlichen Bereich, so Schwartz, würden die per Gesetz verordneten Mehrkosten zu noch mehr Apotheken-Schließungen führen, sodass die Versorgung der Bürger nicht mehr gewährleisten werden könne. Schon jetzt müssten sie längere Wege auf sich nehmen. In diesem Jahr haben bereits acht Apotheken in Schleswig-Holstein aufgegeben; im vergangen Jahrzehnt waren es mehr als 100. Wenn sich der Trend unverändert fortsetzt, wird es in drei Jahren nur noch 400 Apotheken im Land geben.

Allerdings glauben offensichtlich nicht alle Apotheker an die Macht des Streiks, wenn dieser sich – wie bei der aktuellen Aktion – nur auf vier Bundesländer beschränkt. Das sei einfach zu kurzfristig geplant, als dass es etwas bringen würde, so die Kritik einer Apothekerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Ihre Apotheke hatte am Mittwoch den ganzen Tag über geöffnet. Dennoch betont auch sie: „Die aktuelle Lage ist katastrophal.“