Kreis Pinneberg. Inflation und steigende Energiekosten machen immer mehr Menschen zu schaffen. So ist die Lage bei den Tafeln im Kreis Pinneberg.

Eine hohe Inflation und steigende Energiekosten bedeuten eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung für viele Menschen. Das macht sich auch bei den Tafeln im Kreis Pinneberg bemerkbar. Schon seit dem Frühjahr haben viele der Einrichtungen zu kämpfen, der Andrang nahm durch die große Zahl an Flüchtlingen in Folge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine stark zu.

Für die kommenden Monate rechnen die Tafeln im Kreis mit noch mehr Bedürftigen angesichts der stark steigenden Preise für Gas, Energie und Lebensmittel.

Folgen des Krieges: In Uetersen gibt es vermehrt Anfragen Bedürftiger

Die Tafel in Uetersen verzeichnet schon jetzt einen erhöhten Bedarf. „Wir merken schon, dass sich mehr Menschen bei uns melden, die vorher zurechtgekommen sind, Rentner, bei denen das Geld nicht reicht“, sagt Tafelleiter Magnus Magnussen. Seit einigen Wochen verzeichnet die Uetersener Tafel vermehrt Anfragen. Bereits seit dem Frühjahr gilt in der Rosenstadt ein Aufnahmestopp, aktuell befinden sich etwa 40 Haushalte auf der Warteliste. Rund ein Drittel der Bedürftigen seien Geflüchtete, vornehmlich aus der Ukraine, so Magnussen.

Etwa 800 bis 1000 Menschen werden von der Uetersener Tafel versorgt, etwas mehr als 200 davon kommen aus der Nachbarstadt Tornesch. Die Kostenbeteiligung für die Kunden wurde in diesem Jahr bereits von einem auf zwei Euro angehoben.

Supermärkte und Bäckereien haben weniger Lebensmittel übrig

Magnussen rechnet damit, dass im Winter auch die Lebensmittelspenden zurückgehen. „Der Winter macht uns große Sorgen, auch weil Supermärkte und vor allem Bäckereien weniger Lebensmittel übrig haben.“ Auch die steigenden Energiekosten verschärfen die Lage für die Uetersener Tafel. Bislang beliefen sich die Kosten auf etwa 30.000 bis 35.000 Euro pro Jahr. Magnussen rechnet mit einem deutlichen Anstieg der laufenden Kosten. Wie hoch die Kosten tatsächlich sein werden, sei noch nicht zu beziffern.

„Wir werden zwar sehr gut von den Städten Uetersen und Tornesch unterstützt, sind aber trotzdem auch auf Spenden angewiesen“, sagt der Tafelchef. Einen Rückgang bei den Geldspenden sei aktuell noch nicht spürbar, er rechne aber mit deutlich weniger Spenden im Winter. Dabei muss es nicht immer Geld sein. Wer der Tafel helfen wolle, könne auch Lebensmittel abgeben, unverderbliche natürlich. Dafür gebe es Sammelboxen, etwa in einigen Supermärkten in der Rosenstadt.

Pinneberger Tafel musste Aufnahmestopp verhängen

Bei der Pinneberger Tafel ist die massive Einwanderung von Ukraine-Geflüchteten deutlich zu spüren: „Seit dem Ukraine-Krieg haben wir einen ständigen Zulauf“, so Pressesprecherin Brigitte Ehrich. Die Pinneberger Tafel habe daher einen Aufnahmestopp verhängt. „Wir können nicht alle aufnehmen, dafür haben wir zu wenig Waren“, sagt Ehrich.

Pro Woche würden bis 250 Leute zu den Ausgaben kommen, insgesamt seien 450 Menschen registriert. Doch die Tafel in der Kreisstadt bekäme immer weniger private Spenden. Die Spenden von Geschäften blieben aber noch nicht aus. Die Energiekrise und die daraus folgende Preiserhöhung ließen auf eine ungewisse Zukunft schließen: „Im Moment sind wir noch gut dabei, weil wir die Preiserhöhung noch nicht spüren“, sagt Ehrich mit Hinblick auf den kommenden Winter.

In Schenefeld werden statt bisher 240 nun bis zu 450 Menschen versorgt

Auch in Schenefeld rechnet die Tafel „mit einer massiven Erhöhung der Kundenzahl“, so der Vorsitzende Mathias Schmitz. 230 bis 240 Menschen seien vor dem Krieg in der Ukraine zur Schenefelder Tafel gekommen, seit Beginn des Krieges ist die Zahl auf 450 Menschen angewachsen. Die Kunden kommen dabei nicht nur aus Schenefeld, sondern auch aus der Nachbargemeinde Halstenbek.

Trotz des vermehrten Andranges gelinge es der Tafel, genug Waren an die Bedürftigen zu verteilen. Er merke allerdings, dass die Leute immer mehr sparen und dass die Spendenbereitschaft zurückgehe, so Schmitz. Um die Energiepreise zu bewältigen, plane die Schenefelder Tafel, nur in einem Raum zu heizen. „Wir haben schon unsere Beleuchtung auf LED umgestellt und benutzen moderne Kühlgeräte, sodass wir unsere Kosten reduzieren können“, so Schmitz.

In Wedel gibt es zurzeit noch genügend gespendete Lebensmittel

Bei der Wedeler Tafel sei die Lage aktuell relativ entspannt, sagt die Vorsitzende Karin Kost. Zwar habe es zu Beginn des Krieges in der Ukraine einen großen Ansturm von Geflüchteten gegeben. Viele Ukrainer seien zur Tafel gekommen, obwohl viele von ihnen auch im ehemaligen Wedeler Krankenhaus, das zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert wurde, versorgt wurden. „Wir haben im Sommer keinen Aufnahmestopp verhängt, obwohl die Helfer durch den Ansturm durchaus an ihre Grenzen gekommen sind“, so Kost.

Sorge bereiten Kost die Überlegungen, das ehemalige Krankenhaus erneut als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. „Noch einmal können wir so einen immensen Kundenzustrom nicht auffangen, das ist logistisch einfach nicht möglich.“

Der tatsächliche Andrang ist nicht kalkulierbar

An den verfügbaren Lebensmitteln scheitere es nicht. Die Spenden von Supermärkten reichten aus, um den Bedarf zu decken. „Wir verstehen uns aber nicht als Versorger von Bedürftigen, wir sorgen vor allem dafür, dass die Lebensmittel nicht einfach entsorgt, sondern einem Nutzen zugeführt werden“, sagt Kost. Die Versorgung sei Aufgabe der Politik.

Ob sich der Andrang im Winter infolge gestiegener Kosten erhöhen werde, vermag Kost nicht zu sagen. „Der tatsächliche Andrang ist nicht kalkulierbar. Aber es ist natürlich denkbar, dass mehr Menschen durch die höhren Kosten in Schwierigkeiten geraten.“ Die Tafel selbst habe vorsichtshalber bereits Anfang des Jahres die Stromkostenpauschale erhöht. Zwar habe sich der finanzielle Aufwand erhöht, „aber wir versuchen einfach, nicht in Schwierigkeiten zu geraten“, sagt die Vereinschefin. Die Spendenbereitschaft habe sich bereits verändert. Einige Spender seien selbst in Not geraten, andere seien neu hinzugekommen. „Insgesamt haben die Menschen ein anderes Bewusstsein für das Miteinander“, sagt Kost.

In Elmshorn musste bisher noch niemand abgewiesen werden

Die Elmshorner Tafel verzeichnet in den vergangenen Wochen ebenfalls einen erhöhten Andrang. Von etwa 100 Menschen, die vor Beginn des Krieges zur Tafel kamen, ist die Zahl auf 170 und nun sprunghaft auf bis zu 250 Abholer pro Tag angestiegen. Hinzu kommen noch täglich 80 warme Mahlzeiten, zudem würden etwa 50 Personen beliefert. Inwieweit die Zahl der Kunden in den kommenden Wochen weiter steigen wird, vermag Tafelleiter Hans-Peter-Mumssen aktuell nicht zu sagen. Aber: „Der Bedarf wird auch bei Personen, die bisher noch nie etwas bedurften, zunehmen“, sagt er. Bisher habe aber noch niemand abgewiesen werden müssen.

Die Tafel selbst rechnet mit erheblich steigenden Kosten. „Unser Vertrag wurde gerade von den Stadtwerken gekündigt. Es wird garantiert doppelt so teuer, wenn nicht noch teurer“, so Mumssen. Ob die Tafel dadurch in Schwierigkeiten gerate, hänge von der Solidarität innerhalb der Stadt ab. „Bisher waren Elmshorner Bürger, Firmen, Vereinigungen und die Kommune immer hervorragend darin, uns zu unterstützen.“ Er hoffe, dass dies auch in der Krise so bleibe. Ein „schwarzes Bild“ wolle er nicht malen. In Zeiten wie diesen sei Solidarität wichtig. „Wir werben daher um einen Schulterschluss, um gemeinsam durch diese Krise zu kommen“, sagt Mumssen.

In Quickborn steigt der Andrang kontinuierlich an

Beim Quickborner Tisch, einer Lebensmittelausgabe, die von der Werkstatt der Diakonie organisiert wird, sei schon jetzt ein erhöhter Andrang spürbar. Das sagt Einrichtungsleiter Christian Rohde. „Es kommen mehr Menschen, die unter den steigenden Kosten leiden, zum Beispiel Rentner, die finanziell nicht mehr zurechtkommen.“ Quickborn sei kein günstiges Pflaster.

Ukraine-Krieg und die Folgen: Unter den Bedürftigen befindet sich ein nicht unerheblicher Teil von Flüchtlingen

„Der Mietenspiegel ist hoch, die Energiekosten steigen. Wir bemerken bei vielen Menschen eine Angst, dass das Geld am Ende des Monats nicht reicht“, so Rohde. „Der Andrang steigt kontinuierlich“, so Rohde. Etwa 80 Menschen kommen zur wöchentlichen Lebensmittelausgabe, die von Langzeitarbeitslosen organisiert wird. Unter den Bedürftigen befindet sich ein nicht unerheblicher Teil von Ukraine-Flüchtlingen.

Zudem sei spürbar, dass immer mehr Menschen beim Einkauf auf Sonderangebote zurückgreifen. „Das sind Waren, die sonst oftmals unserer Lebensmittelausgabe zugute kommen.“ Schon jetzt seien einige Waren knapp, weil weniger Lebensmittel ankommen.

Ukraine-Krieg und die Folgen: In Zukunft wird es bei uns mehr Armut geben

Sieben örtliche Unternehmen unterstützen die Einrichtung, zudem helfen private Spender mit Geld- und Sachspenden aus. Die steigenden Kosten seien schon jetzt zu spüren, sagt der Einrichtungsleiter. Daher habe die Werkstatt ein Energiesparkonzept erarbeitet. Für die kommenden Monate rechnet Rohde mit einem weiter steigenden Andrang beim Quickborner Tisch. „Bei der derzeitigen Entwicklung wird es in Zukunft noch deutlich mehr Armut geben“.