Pinneberg/Rellingen. Starkregen-Ereignisse stellen in der gesamten Region ein großes Problem dar. Welche Lösungen die Politik im Kreis hat.

Den Freitag vor wenigen Wochen werden die Pinneberger und die Bewohner der umliegenden Gemeinden sicherlich nicht so schnell vergessen: Am 26. August regnete es innerhalb kürzester Zeit so stark, dass Keller vollliefen und die Kanalisation die Wassermassen nicht mehr aufnehmen konnte. Das Wasser kam aus den Gullys und floss in manchen Teilen Pinnebergs bis auf Wadenhöhe die Straßen entlang.

Pinneberg: Starkregen sorgt für Ausnahmezustand

Verzweifelt versuchten Ladenbesitzer in der Fußgängerzone, das Wasser aus ihren Geschäften zu fegen. Die Pinneberger Feuerwehr meldete mehrere Hundert Einsätze. „Zwei Drittel der Einsatzstellen waren Einfamilienhäuser und Garagen“, so Wehrführer Claus Köster. Auch öffentliche Gebäude waren betroffen, etwa das Regio Klinikum am Fahltskamp. Schließlich musste die Feuerwehr der Kreisstadt den Ausnahmezustand ausrufen. Und Experten sind sich einig: An solche Ausnahmesituationen werden wir uns gewöhnen müssen.

Die Kommunalpolitiker der Grünen & Unabhängigen in Pinneberg haben das Thema nun wieder auf die politische Agenda gesetzt: „Vielleicht hat nun der Wettergott mit der Unmittelbarkeit dieses Starkregen-Ereignisses jene Zweiflerinnen und Zweifler von der Dringlichkeit dieser Diskussion und den erforderlichen Maßnahmen überzeugen können“, sagt Birgit Wunder, stellvertretendes Mitglied im städtischen Umweltausschuss.

Regenfälle führen zu Überschwemmungen in der Region

Im Kreistag sieht die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Thema ähnlich kritisch. Nadine Mai von der Kreistagsfraktion fordert: „Politik und Verwaltung müssen gemeinsam und schnell die Schwachstellen identifizieren und Maßnahmen entwickeln, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen.“

Auch in Rellingen standen Ende August die Bereiche des Alten Marktes und im Oberen Ehmschen unter Wasser. „Die Kanalisation war nicht in der Lage, die außergewöhnlichen Wassermassen des lang anhaltenden Starkregen-Ereignisses aufzunehmen und abzuführen“, betont der Fachleiter für Bauleitplanung, Tom Rasmussen.

Versieglung als Hauptfaktor der Überschwemmungen

Nach Ansicht von Birgit Wunder werden Überschwemmungen vor allem durch die hohe Versieglung im Pinneberger Stadtgebiet begünstigt: „Eines der Hauptprobleme Pinnebergs ist hierbei die rasante Versiegelung gerade der letzten Jahre. Hinzu kommen die Bauweisen, die die Problematik des Starkregens in keiner Weise berücksichtigen“. Wo es machbar sei, so betont Birgit Wunder, seien deshalb für die Grünen Entsiegelungen von Flächen vorstellbar.

Darüber hinaus fordert Wilhelm Flade-Krabbe von den Grünen & Unabhängigen „eine Gesamtschau inklusive Modellierungen zur Risikobewertung, Kartierungen und Luftbildmonitoring. Außerdem müssten unsere Flussauen wieder in die Lage versetzt werden, diese Wassermassen aufzunehmen.“

Starkregen: Braucht Pinneberg unterirdische Zisternen?

Petra Springer von den Bürgernahen, Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, versichert, dass die Eindämmung von Überschwemmungen wieder auf die Tagesordnung rücken werde: Sie schlägt den Einbau von unterirdischen Zisternen nach den Kriterien der sogenannten Schwammstadt vor. Dieses Konzept der Stadtplanung sieht vor, anfallendes Regenwasser in Städten lokal aufzunehmen und zu speichern, anstatt es lediglich zu kanalisieren und abzuleiten.

Vorbild für Pinneberg könnten Gemeinden und Städte in Dänemark sein. Das gespeicherte Wasser könnte in Dürrezeiten zum Gießen von Bäumen und Pflanzen verwendet werden. Petra Springer betont zudem, dass mehr Stadtbäume auf Überschwemmungsflächen gepflanzt werden sollten. Entsiegelungen von Wohnflächen wären für sie auch denkbare Maßnahmen.

Pinneberg: Stelle des Klimaschutzmanagers noch unbesetzt

Ausschussmitglied Reinhard Matthies (SPD) äußert sich pragmatisch und vorsichtig zu dem Thema. „Entsiegelungen sind gut, aber nur sinnvoll, wenn sie machbar sind“, sagt der SPD-Politiker. Spontan sehe er zurzeit keine Fläche in der Stadt, wo Entsiegelungen umsetzbar seien. Vielmehr, so Matthies, müsse eine Kartierung der Stadt Pinneberg erstellt werden, um eine allgemeine Strategie definieren zu können.

Darüber hinaus hofft Matthies, dass die Stelle des Klimaschutzmanagers bald besetzt wird, damit die Frage des Starkregens in das Klimaschutzkonzept aufgenommen werden könne.

Starkregen: In Rellingen setzt die Verwaltung Regenrückhaltebecken

Auch in Rellingen stellen laut Verwaltung die versiegelten Flächen ein Problem dar – sie seien aber keine direkte Ursache für die Überschwemmungen: „Ob nun gerade die Parkplätze ursächlich hervorstechen, vermag ich nicht zu beurteilen“, sagt Fachleiter Rasmussen.

Der Rellinger Umweltaktivist Jochen Hilbert sieht das ganz anders: „Die Verbindung zwischen Versieglung und Überschwemmung liegt auf der Hand. Das begreift jeder, der dafür sorgt, dass das Wasser abfließt.“ In einer 2021 veröffentlichten Bewertung der Stellplatzsatzung aus dem Jahr 2018 habe er ausführlich die Konsequenzen einer solchen Versieglungspolitik beschrieben. „Ich fordere schon seit langer Zeit das Anlegen von Aufstauungsflächen“, sagt Hilbert.

Zur Eindämmung des Wassers setzt Rellingen vor allem auf Regenrückhaltebecken. „Jedes Neubaugebiet wird mit entsprechenden Rückhalteeinrichtungen versehen“, so Tom Rasmussen. Künftig sei es sicherlich sinnvoll, so viel Regenwasser wie möglich versickern zu lassen und nicht dem Kanalnetz zuzuführen. Zur Entlastung des Oberen Ehmschen solle ein unterirdischer Staukanal im Erlengrund gebaut werden, und im Bereich des Kellergrabens soll eine Polderfläche entstehen.