Kreis Pinneberg. Trotz Corona steigen die Zahlen an – auch auf Landesebene. Einen Rückgang gibt es jedoch in der Nachwuchsabteilung

Keine Übungen, keine Ausbildungen, keine Lehrgänge, keine Dienstabende: Die Corona-Pandemie hat die Feuerwehren im Land regelrecht ausgebremst. Auf die Mitgliederzahlen hat sich dieser Stillstand nicht ausgewirkt. Im Gegenteil: Sowohl auf Landes- als auch auf Kreisebene verzeichneten die Wehren trotz Corona einen Mitgliederboom. So gewann der Kreisfeuerwehrverband im Jahr 2021 genau 100 Mitglieder dazu.

Feuerwehr: Mitgliederzuwachs trotz Corona-Pandemie

„Wir sind gut davor“, freut sich der Wedeler Frank Homrich, der in Personalunion Kreisbrandmeister und Chef aller 1330 Feuerwehren in Schleswig-Holstein ist. Die haben Anfang vorigen Monats den Übungs- und Ausbildungsdienst wieder aufgenommen, der zuvor eingestellt war, um Kontakte zu reduzieren und die Einsatzfähigkeit der Wehren nicht zu gefährden. „Diese Vorsichtsmaßnahme ging auf – keine Wehr musste langfristig aufgrund von Corona-Infektionen außer Dienst genommen werden“, freut sich Landesbrandmeister Homrich. „Die Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger war jederzeit garantiert.“ Was den Feuerwehrchef besonders freut: Seit 2014 ist landesweit jedes Jahr ein nahezu gleichmäßiger Anstieg der Mitgliederzahlen zu beobachten.

So auch zum Stichtag 31. Dezember 2021: Von 50.152 stieg die Zahl der Aktiven binnen eines Jahres auf 50.817 – davon 5304 Frauen (2020: 4971). Ein Trend, den auch die Zahlen auf Kreisebene widerspiegeln. Ende 2021 zählten die 50 Feuerwehren des Kreises 2770 Mitglieder, ein Jahr zuvor waren es noch 2670 Aktive. Aktuell sind es 2768. Zum Vergleich: 2015 lag diese Zahl noch bei 2215. Auch die Zahl der Frauen in den Wehren ist gestiegen – von 194 im Jahr 2015 auf aktuell 267.

„Natürlich ist das kein Grund, in der Nachwuchswerbung nachzulassen, und auch heißt das nicht, dass es keine Feuerwehr ohne Nachwuchssorgen gibt“, so Homrich. „Aber es zeigt, dass es sich lohnt, für dieses besondere Ehrenamt zu werben und dass es Menschen gibt, die sich auf diese besondere Tätigkeit einlassen“, freut sich der Landesbrandmeister. „Die Befürchtung, dass nach zwei Jahren Corona unsere Mitgliederzahlen einbrechen, hat sich zum Glück nicht erfüllt“, so Homrich weiter.

Feuerwehr: Das sind die Ursachen für den Mitgliederboom

Corona habe den Wehren so etwas wie ein Schub versetzt. Während der Lockdowns hätten sich offenbar viele Menschen überlegt, etwas für ihre Kommune zu tun und den Dienst in der örtlichen Feuerwehr aufzunehmen. Auch der Einsatz der Feuerwehren im Ahrtal während der Flutkatastrophe habe, so paradox das klingen möge, aufgrund der großen medialen Aufmerksamkeit für einen Mitgliederzuwachs gesorgt.

„In den Wehren hat man Spaß in der Gemeinschaft und tut nebenbei etwas Gutes für die Allgemeinheit“, wirbt Homrich für das ehrenamtliche Engagement in der Feuerwehr. Das Ganze hat auch eine Kehrseite: In einer Wehr mitzuarbeiten bedeutet auch, zu unattraktiven Uhrzeiten tätig werden zu müssen, und nicht selten sind die Erlebnisse auch sehr belastend. Homrich: „Aber es überwiegt das gute Gefühl, etwas für seine Mitmenschen zu tun, und so ganz nebenbei ist Feuerwehrarbeit auch ein großes Stück persönlichkeitsbildend – vor allem bei jungen Menschen.“

Einen Einbruch mussten dagegen die Jugendfeuerwehren verzeichnen, die ebenfalls in der Corona-Zeit nicht tätig werden konnten. Die 446 Gruppen auf Landesebene hatten zum 31. Dezember 2021 6988 Jungs und 2751 Mädchen in ihren Reihen und damit insgesamt 376 weniger als im Jahr zuvor. Auch auf Kreisebene, wo die 37 Jugendfeuerwehren derzeit 628 Mitglieder zählen, war im vorigen Jahr ein Aderlass zu beklagen. 40 Mitglieder traten in den aktiven Dienst bei den Erwachsenen über, 40 weitere schieden ohne Angaben von Gründen aus.

Feuerwehr: Mitgliederschwund bei der Jugendfeuerwehr

„Schade ist, dass wir nicht wissen, warum diese Jugendlichen gegangen sind“, sagt Homrich. Wenn die Gründe des Austritts bekannt wären, hätten die Verantwortlichen gegensteuern können. Nichtsdestotrotz sei die Lage bei den Jugendwehren nicht besorgniserregend. Nach dem vorläufigen Ende der Pandemie wolle man in diesem Bereich wieder die Mitgliederwerbung verstärken. Gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft Westholstein sei am 8. Oktober ein Mitmachtag geplant, auf dem sich Betriebe verschiedener Fachrichtungen sowie Einheiten der Jugendfeuerwehren präsentieren werden.

Wie sehr die Wehren in 2021 auf Landesebene gefordert waren, zeigt der Blick in die Statistik: Zu 7785 Bränden mussten die Feuerwehren ausrücken. Dazu kamen 19.405 technische Hilfeleistungen. Aber auch 7368 Fehlalarme mussten verbucht werden. Unter „sonstige Einsätze“ fallen 3084 Alarme. Im Kreis sind vor allem die Wehren in den Städten und Großgemeinden stark gefordert. Beispiel:Pinneberg, wo allein 2021 die Wehren 403 Mal ausrückten. Im Nachbarort Halstenbek standen 131 Einsätze in der Statistik.

Viele Einsätze betreffen Dinge, die nicht Kernaufgabe der Wehr sind – etwa die hilflose Katze im Baum oder die leichte Überschwemmung im Keller. Hier will Homrich als Landesbrandmeister in einem runden Tisch mit Politik und Verwaltung klären, für was die Wehr künftig verantwortlich sein soll. „Gerade in den Städten gibt es eine sehr hohe Belastung, die wir so nicht mehr tragen können.“