Kreis Pinneberg. Vor vollem Haus versuchen Experten in Elmshorn, Klarheit in die Grundsteuererklärung zu bringen – mit mäßigem Erfolg.

Einen guten Monat haben sie noch Zeit. Dann müssen alle Grundbesitzer im Kreis Pinneberg die neue Grundsteuererklärung für ihre insgesamt 135.095 Immobilien abgegeben haben. Erst etwa ein Viertel von ihnen hat das gemacht. Mit 27 Prozent liegt die Quote im Kreis nur einen Punkt über der Landesquote, wo es um 1,3 Millionen Grundstücke geht.

Grundsteuerreform Pinneberg: Erklärung „viel zu kompliziert“

Warum der Rücklauf vor dem Abgabetermin am 31. Oktober so spärlich verläuft, wurde jetzt auf einer Info-Veranstaltung des Finanzministeriums im Elmshorner Kreishaus deutlich: „Das ist alles viel zu kompliziert. Da muss man ja beim Finanzamt arbeiten, um das zu verstehen“, schimpfte Peter Göttsche aus Rellingen nach der zweistündigen Power-Point-Präsentation voller Details und Hinweise vor mehr als 100, teils recht aufgeregten Immobilienbesitzern, die ähnlich wie Göttsche stöhnten: „Ich bin schier am Verzweifeln.“

Die Landesregierung in Kiel hat längst erkannt, was sie für ein Fass aufgemacht hat. Anders als Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Niedersachsen müssen die Schleswig.-Holsteiner wie alle übrigen Bundesbürger mit Grundeigentum das Bundesmodell ausfüllen. In den erwähnten Bundesländern reicht es, nur die Steuernummer, das Grundbuchblatt, das Flurstück und die Wohnfläche anzugeben.

Grundsteuer: Auf was Immobilienbesitzer achten müssen

Hierzulande müssen die Immobilienbesitzer einen ganzen Katalog an zusätzlichen Angaben machen: Von der Art des Gebäudes über die Gemarkung, Teilungserklärung mit Zähler und Nenner, Bodenrichtwert und Baujahr bis hin zu den Eigentumsverhältnissen, die wiederum haarklein mit Adresse und weiterer Steuer- und Identifikationsnummer auszufüllen sind. Und das alles für jedes einzelne Grundstück und auch extra für eine Garage, falls die auf einem anderen Grundstück stehen sollte. Immerhin sei das für ein Carport nicht nötig, beruhigten die Finanzbeamten.

45 Seiten stark ist die Broschüre, die Jan Regenbogen am großen Bildschirm mit den Besuchern durchging. Das alles müssen die Betroffenen nun selbstständig am PC im Internetportal „Mein Elster“ der Finanzämter eingeben. Nur in Ausnahmefällen ist die Papierform möglich, wie es etwa Familie Göttsche vorhat. Aber das mache es für sie auch nicht leichter und verständlicher, klagt der Rellinger.

Grundsteuerreform: Finanzministerium will Hilfestellung geben

„Wir wollen heute die Grundzüge der Grundsteuerabgabe erklären und den Betroffenen am konkreten Beispiel eines Einfamilienhauses einen Überblick geben“, sagte Jens Gercken vom Finanzamt Pinneberg. Dafür war er mit drei Kollegen und zwei weiteren aus dem Finanzamt Elmshorn ins Kreishaus gekommen. Auch Mitarbeitende des Finanzministeriums waren vor Ort.

„Wir machen in jedem der elf Kreise und den vier kreisfreien Städte eine solche Info-Veranstaltung“, sagte Kathrin Mansfeld, Sprecherin des Finanzministeriums. „Wir wollen den Grundbesitzern eine Hilfestellung geben.“

Verunsicherung unter den Grundbesitzern ist groß

Sechs Veranstaltungen habe es in Schleswig-Holstein bereits gegeben. 60 bis 200 Menschen wie jüngst in Neumünster seien gekommen. Offenbar ist die Verunsicherung groß. Nächsten Mittwoch, 5. Oktober, geht es nach Bad Segeberg. Ohne das Auszugsblatt vom Grundbuchamt über die Immobilie, deren Nummer zwingend angegeben werden muss, sowie den Kaufvertrag und die Bodenrichtwert-Tabelle, die nur über das Internet zugänglich ist, sind die Leute aufgeschmissen.

Und im Detail werde es noch viel komplizierter und schwieriger, berichtet Peter Göttsche. So müsse er nun dem Eigentümer eines Grundstückes in Mecklenburg-Vorpommern hinterherlaufen, von dem er bis Anfang des Jahres ein Grundstück gepachtet hatte. Am Stichtag des 1. Januar 2022, für den diese neue Grundsteuererklärung gilt, war er noch im Besitz dieser Fläche.

Auch seine Frau Bärbel müsse für das Zweifamilienhaus ihrer Eltern die Angaben machen, weil sie es einmal in Erbpacht vom Land erworben hätten.

Grundsteuer: Wer die Frist versäumt, dem droht ein Bußgeld

Finanzamts-Mitarbeiter Regenbogen sagte dazu: „Bei Erbpacht muss der Eigentümer die Erklärung abgeben.“ Das wäre das Land Schleswig-Holstein. Doch trotz des vorherigen Versprechens ist es an diesem Abend in Elmshorn aus Zeitgründen nicht mehr zu einer ausführlichen Besprechung dieser Thematik gekommen.

Ohnehin äußerten zahlreiche Teilnehmer weitere Problempunkte, die Regenbogen versuchte, auszuräumen. Familie Göttsche wartet nun wie viele andere auf einen Rückruf des Finanzamts. Die Mitarbeiter dort könnten sie alles Mögliche fragen, sagte Sachgebietsleiter Gercken. „Die Kollegen sind geschult, die bleiben ruhig am Telefon“, versprach er. Das rate er auch allen Betroffenen: „Das wichtigste ist, dass sie ruhig bleiben.“ Das dürfte nicht so einfach sein. Nach Ablauf der Frist Ende Oktober droht ein Bußgeld.

Grundsteuerreform sorgt für Unverständnis bei Immobilienbesitzern

Ohnehin können manche Immobilienbesitzer überhaupt nicht nachvollziehen, warum sie diese für sie unverständliche Erklärung abgeben sollen. „Die haben doch alle diese Daten von mir und die liegen dem Grundbuchamt vor“, wunderte sich etwa Mathias Will aus Hohenhorst. Das ärgert auch Peter Göttsche. „Wir machen hier die Arbeit für das Finanzamt.“

Immerhin lieferten die Finanzbeamten den Zuhörern noch ein paar wichtige Adressen im Internet, deren Links allerdings allesamt falsch waren. Es fehlte jeweils die Länderkennung „.de“. Die Grundsteuererklärung – sie bleibt wohl kompliziert.

Die richtige Adresse lautet:www.schleswig-holstein.de/grundsteuerreform