Kreis Pinneberg. Grundeigentümerverband Haus & Grund kritisiert Umsetzung der Reform in Schleswig-Holstein. Was die Kritiker bemängeln.

Es ist eine der größten Steuerrechtsreformen der vergangenen Jahrzehnte: Die Neuberechnung der Grundsteuer. Bisher wurde diese auf Basis veralteter Grundstückswerte berechnet. Das soll sich bis 2025 ändern. Damit dies klappt, müssen in Schleswig-Holstein rund 1,3 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Betroffen sind alle, die zum Stichtag 1. Januar 2022 Eigentümer eines bebauten oder unbebauten Grundstücks, einer Eigentumswohnung oder eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft waren.

Kreis Pinneberg: Massive Kritik an der Grundsteuerreform

Seit dem 1. Juli läuft die Frist für die Erklärungsabgabe für Grundbesitz. Etwa einen Monat nach Beginn der Frist zieht das schleswig-holsteinische Finanzministerium eine erste Bilanz. Gleichzeitig hat Staatssekretärin Silke Torp weitere Maßnahmen zur Unterstützung von Grundeigentümern bei der Erklärungsabgabe vorgestellt. Bislang seien mehr als 111.000 Erklärungen eingegangen, ein Großteil davon (93.152) über das Online-Steuerportal Elster. Demnach sind etwa 7,2 Prozent aller Meldungen online erfolgt. Das sei ein solides Ergebnis, sagt Silke Torp.

Schleswig-Holstein liege bei den abgegebenen Erklärungen im Bundesdurchschnitt. „Dass es bei so einer umfassenden Reform auch Nachsteuerungsbedarf gibt, ist nicht ungewöhnlich“, so Torp. Daher würden nun zusätzliche Unterstützungsangebote wie ein Rückruf-Service eingerichtet. Dieser kann seit dem 1. August in Anspruch genommen werden.

Grundeigentümer können unter www.schleswig-holstein.de/grundsteuer einen Wunschtermin für ein Telefonat mit ihrem Finanzamt buchen. Zunächst werden 20.000 Termine vorgehalten.

Raudies: Zwischenbilanz der Grundsteuerreform „mager“

Auch wenn das Ministerium ein positives Zwischenfazit zieht, gibt es massive Kritik an der Umsetzung der Grundsteuerreform. Die Elmshorner SPD-Landtagsabgeordnete Beate Raudies nennt die bisherige Bilanz „mager“.

Nach einem Viertel der Frist sei erst ein Bruchteil der Erklärungen eingegangen. „Geht es in diesem Tempo weiter, würden bis zum Fristende nicht einmal für die Hälfte der 1,3 Millionen Grundstücke Erklärungen vorliegen“, so Beate Raudies. Bislang habe es zu wenig Informationen und Hilfen seitens des Ministeriums gegeben. Das Online-Termin-System sei zu umständlich, besonders für ältere Bürger. „Es wäre viel praktischer gewesen, eine täglich erreichbare Hotline zur Verfügung zu stellen“, sagt Raudies. „Das alles sorgt bei den Bürgern für viel Unmut.“

Alexander Blažek, Vorstandsvorsitzender des Grundeigentümerverbandes Haus & Grund Schleswig-Holstein, kritisiert die Fristsetzung. Bis zum 31. Oktober 2022 müssen Grundeigentümer ihre Erklärung abgeben. „Der aktuelle Kurs führt ins Chaos“, sagt Alexander Blažek. Die Frist könne unmöglich ausreichen. „Das Finanzministerium sollte dringend dem Vorschlag des Bundesfinanzministers Lindner folgen, diese Frist zu verlängern.“

Grundsteuerreform: Werden beliebte Viertel unbezahlbar?

Kritik kommt auch vom Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Die Probleme bei der Umsetzung seien eine Sache, „für weitaus bedenklicher halten wir allerdings die sich abzeichnende Entwicklung in besonders nachgefragten Quartieren, wo sich die Grundsteuer verdoppeln oder gar verdreifachen dürfte“, sagt VNW-Direktor Andres Breitner. Diese Stadtteile würden dadurch für Menschen mit mittlerem oder geringem Einkommen unbezahlbar

Staatssekretärin Silke Torp betont die Bemühungen des Finanzministerium, die Bürger bei der Abgabe der Erklärung zu unterstützen. So habe das Ministerium eine Anleitung für das Steuerportal Elster veröffentlicht, das durch die Erklärungsabgabe führt. Zudem solle es einen Erklärfilm geben sowie eine Ausfüll-Anleitung für den Papiervordruck. Wann diese Anleitung vorliegen soll, ließ Torp offen.

Mit 400 bis 500 Millionen Euro jährlich ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen für viele Kommunen. Die aktuelle Reform geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurück, das die bisher geltende Steuer als verfassungswidrig einstufte.