Barmstedt. Knappe Entscheidung in der Stadtvertretung. Standort gefunden: Bibliothek soll auf dem Wischhof-Gelände errichtet werden.
Nach fast fünf Jahren Planung und Diskussion hat die Stadtvertretung in Barmstedt jetzt endlich eine Entscheidung zum künftigen Standort der Stadtbücherei getroffen. Mit elf gegen zehn Stimmen setzten sich die Fraktionen von SPD, Grünen und BALL knapp gegen CDU und FWB im Rat durch, die Bücherei auf der Wischhofwiese mitten in der Stadt für rund fünf Millionen Euro neu zu errichten.
Barmstedt: Standort für die neue Stadtbücherei gefunden
CDU und FWB plädierten dagegen für eine Sanierung mit Anbau am jetzigen Standort am Holstenring, was die Stadt etwa 4,5 Millionen Euro gekostet hätte. Vor fünf Jahren wäre die Bücherei mit 650 Quadratmetern Fläche noch für etwa die Hälfte der Kosten gebaut worden.
Erleichtert wurde die Entscheidung von Büchereileiterin Sabine Jülich und ihrem Team aufgenommen. Sie selbst traute sich nicht einmal, etwas zu sagen. Zu groß war offenbar der Druck von Seiten der Gegner zuletzt auf sie eingeprasselt. „Wenn bis 2025 die neue Bücherei nicht fertig ist, bin ich weg“, sagte sie noch vor einem Jahr dem Abendblatt, resigniert, dass es in Barmstedt mit der Büchereiplanung nicht vorangehe. Da brachte SPD-Fraktionschef Hans Hansen erstmals den Wischhof des Humburg-Hauses als idealen Standort dafür ins Gespräch. Dafür jubelte Thekla Ziesewitz vom Förderverein der Bücherei jetzt: „Endlich kann es losgehen. Das kann Barmstedt nur guttun.“
Die Stadtbücherei am Holstenring von 1969 entspricht schon lange nicht mehr den heutigen Ansprüchen – sie platzt aus allen Nähten. Bereits vor sechs Jahren stellte ein sicherheitstechnisches Gutachten fest, dass wegen der räumlichen Enge in den nur 260 Quadratmeter großen Räumen die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen unzumutbar seien. Es fehlten Fluchtwege im Brandfall, die Toilette sei viel zu klein, die Arbeitsplätze entsprächen nicht der Arbeitsstättenverordnung, hieß es in dem Gutachten. „Die vorhandenen Bedingungen sind für die Mitarbeitenden nicht zumutbar und bedürfen dringend einer Änderung“, lautete das Fazit der Expertise. Und sie riet den Verantwortlichen: „In jedem Fall besteht dringender Handlungsbedarf, um gesundheitliche Beeinträchtigungen und Gefährdungen zu reduzieren.“
Barmstedt: Stadt und Investor wurden sich uneinig über das Projekt
Woraufhin die Stadt 2018 einen Neubau beschloss und mit Kosten von etwa zwei Millionen Euro rechnete. Ein Barmstedter Investor sollte im Zuge seiner geplanten Wohnbebauung auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Stadt Hamburg direkt neben dem Rathaus 650 Quadratmeter große Räume für die Bücherei einrichten, die die Stadt entweder kaufen oder mieten könnte. Doch dann entzweiten sich die Interessen von Stadt und Investor – und das Vorhaben lag plötzlich wieder auf Eis.
BALL-Stadtvertreter Henrik Pünner erinnerte in seinem Plädoyer für den Neubau daran, dass schon Jülichs Amtsvorgängerin Dörte Keller von 2004 an den Platzmangel und die mangelhaften Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter in der Bücherei jahrelang vergeblich angemahnt hätte. Es werde Zeit, „dass wir mit einem Neubau der Bücherei endlich im 21. Jahrhundert ankommen“, sagte Pünner. Und Grünen-Fraktionschefin Marina Quoirin-Nebel sekundierte: „Die Mitarbeitenden haben ein Anrecht darauf, dass wir endlich handeln. Ebenso wie die Bürgerinnen und Bürger, dass wir hier endlich einen Treffpunkt für sie zur Begegnung in der Stadt schaffen.“
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Bücherei soll sogenannter „dritter Ort“ in Barmstedt werden
So soll die neue Bücherei das Konzept eines „dritten Ortes“ neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz verfolgen, das aus Dänemark stammt und bereits in einigen Städten des Landes realisiert wurde. Hier sollen sich Menschen, die sich insbesondere einsam fühlen oder im Alter niemanden mehr haben, treffen und miteinander ins Gespräch kommen. Darum müsse der Standort zentral in der Stadt, barrierefrei und gut zu erreichen sein. Bürgervorsteher Uwe Runge versteht das Konzept offenbar nur als eines für soziale Randgruppen. „Die leben ja bereits am Holstenring“, plädierte er für die Sanierung mit Anbau am alten Standort.
Die hoch verschuldete Stadt Barmstedt könnte sich eine solche Investition gar nicht leisten, argumentierten die Fraktionschefs Peter Gottschalk (FWB) und Hauke Johannsen (CDU). Gottschalk präsentierte zudem eine nicht nachzuvollziehende eigene Kalkulation, die Mehrkosten von 1,5 Millionen Euro bei einem Neubau im Vergleich zur Sanierung mit sich brächte. Insbesondere weil die Stadt den Kaufpreis für das 3300 Quadratmeter große Wischhofgelände von rund einer Million Euro nicht in die Kalkulation eingerechnet hätte. Dabei gehört der Stadt das Gelände über die Stiftung ohnehin, und es könnte auch nur gepachtet werden, entgegnete BALL-Fraktionschef Günter Thiel.
Bei Sanierung würden Kosten für Auslagerung der Medien entstehen
Zudem übersahen die Gegner geflissentlich, dass die Auslagerung der Medien bei einer Sanierung 200.000 Euro zusätzlich kostete. Dass es keine öffentlichen Parkplätze am Holstenring mehr gebe, dass die Statik des Altbaus keine Aufstockung des Gebäudes hergebe und dass der private Miteigentümer der Bücherei-Heizungsanlage sich bisher noch nicht einmal gegenüber der Stadt zu diesen Plänen geäußert hätte, ohne den sie aber nicht zu realisieren wären. Er habe sich nicht einmal auf die Anfragen der Stadt gemeldet, hieß es von der Verwaltung
Diese hatte der Politik jetzt eine 26-seitige, detaillierte Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile einschließlich der Kosten präsentiert, nachdem sich die Kommunalpolitik im Juni wieder nicht für einen der beiden Standorte entscheiden konnte. Dass darin eine mögliche Förderung durch das Land nicht konkret beantwortet werden konnte, bemängelten die Gegner des Neubaus ebenfalls.
Barmstedt braucht Fördermittel für den Bau der Bücherei
Erster Stadtrat Ernst-Reimer Saß warnte deshalb vor einer Entscheidung, bevor die Landesregierung ein Förderprogramm beschließen sollte. Es würden doch zunächst nur Planungskosten fällig werden, Einzelheiten des Baus für etwaige Fördergelder würden erst später festgelegt und immer noch rechtzeitig gestellt werden können, konterte SPD-Stadtvertreter Jürgen Busse.
Die Befürworter des Neubaus wollen die neue Bücherei in ein Gebäude integrieren, das Mietwohnungen darüber einschließt. Dafür würden laut Verwaltung noch einmal 1,7 Millionen Euro fällig bei möglichen Mieteinnahmen von rund 100.000 Euro im Jahr.