Barmstedt. Kultur- und Bauausschuss treffen gegensätzliche Standortbeschlüsse. Nun ringt die Politik um die beste Lösung.
Lokalpolitiker können auch handwerkliches Geschick an den Tag legen, wenn sie ihre politischen Ziele erreichen wollen. Das stellte jetzt der Barmstedter Stadtvertreter Axel Schmidt tatkräftig unter Beweis. So zeigte der Politiker der Freien Wähler Barmstedt (FWB) anhand eines selbst gebauten Pappmachee-Modells im Maßstab 1:100 auf der gemeinsamen Sondersitzung der Bau- und Kulturausschüsse anschaulich auf, wie die Stadtbücherei am alten Standort am Holstenring erweitert werden könnte. Und zwar mit Hilfe eines zweigeschossigen Anbaus von 260 auf 700 Quadratmeter, der mit etwa 1,5 Millionen Euro nur halb so teuer wie ein Neubau wäre. Eine Dachterrasse und Solarkollektoren ließen sich auch verwirklichen.
Barmstedt: Wohin mit der Stadtbücherei?
Schmidts Einsatz und Geschick wurden fraktionsübergreifend gelobt. Dennoch bleibt die Standortfrage bis zur Sitzung der Stadtvertretung Ende Juni ungeklärt: Der Bauausschuss sprach sich für eine Sanierung mit Anbau am jetzigen Standort aus, während der Kulturausschuss einen Neubau der Bücherei auf dem Wischhof favorisiert.
Das gegenläufige Votum ergibt sich zum Teil daraus, dass beide Gremien politisch unterschiedlich besetzt sind. Da aber SPD, Grüne und Barmstedter Linke Liste (BALL) sich für den Neubau der Bücherei aussprachen und zusammen über eine Stimme Mehrheit in der Stadtvertretung gegenüber CDU und FWB verfügen, dürften sie sich damit am Ende durchsetzen.
Es ist eines der Dauerthemen in Barmstedt. Die Stadtbücherei mit dem Charme der frühen 70er-Jahre entspricht schon lange nicht mehr den heutigen Ansprüchen und platzt aus allen Nähten. Bereits vor sechs Jahren stellte ein Gutachten fest, dass wegen der räumlichen Enge die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen unzumutbar seien.
Barmstedt: Investorenpläne haben sich geändert
Daraufhin beschloss die Stadt 2018 den Neubau. Ein Barmstedter Investor hatte vor, im Zuge seiner geplanten Wohnbebauung auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Stadt Hamburg direkt neben dem Rathaus eine neue Bücherei einzurichten. Doch dann entzweiten sich die Interessen von Stadt und Investor und das Büchereivorhaben lag plötzlich wieder auf Eis.
Bis die SPD voriges Jahr – wie berichtet – die Idee in die politische Debatte warf, auf der freien Wiese des Wischhofes vor dem Humburg-Haus, das der Stadt ohnehin gehört, die neue Bücherei zu errichten. Mit zusätzlichen Wohnungen in einem Gebäudekomplex mitten in der Stadt ließe sich der Neubau gut finanzieren, argumentierte SPD-Fraktionschef Hans-Christian Hansen. „Eine bessere Lösung für unser Vorhaben, die Stadtbücherei zu einem Ort der Begegnung für die Barmstedter Bürger zu machen, gibt es nicht“, befand Hansen.
Davon ist Hansen immer noch überzeugt. „Barmstedt braucht dringend zusätzlichen Wohnraum“, sagte der SPD-Fraktionschef und Vorsitzende des Kulturausschusses auf der Sondersitzung beider Ausschüsse. Wenn die Bücherei aus dem Flachdachgebäude von 1969 neben den Hochhäusern am Holstenring raus sei, ließen sich auch dort neue Wohnungen bauen, argumentierte Hansen.
Barmstedt: CDU für energetisch sanierten Altbau
CDU-Stadtvertreter Ernst-Reimer Saß argumentierte genau umgekehrt, dass die Bücherei lieber in einem völlig energetisch sanierten Altbau mit Anbau bleiben sollte. Dann könnte die Stadt in neue Wohnungen auf dem Wischhof investieren und noch höhere Preise auf dem Wohnungsmarkt erzielen. Einen Neubau für bis zu drei Millionen Euro könnte sich Barmstedt „nicht leisten“, so Saß.
FWB-Fraktionschef Peter Gottschalk warb für eine „90-Prozent“-Lösung mit Sanierung und Anbau, die mit bis zu zwei Millionen Euro Kosten erheblich günstiger sei als der Neubau. Eine 100-Prozent-Lösung, die optimale Büchereiverhältnisse wie beispielsweise in Dänemark in Barmstedt möglich machte, hält Gottschalk für utopisch. „Wir sind nicht auf Rosen gebettet.“
Barmstedt: Große Lesesäle, mobile Arbeitsplätze und Café
Doch FWB und CDU mussten auf Nachfrage von Grünen-Fraktionschefin Marina Quoirin-Nebel einräumen, ihre Sanierungspläne nicht mit der Büchereileitung abgesprochen zu haben. „Dann ist das mit dem Anbau nicht mehr als eine Idee“, lehnte Britt Schölermann (BALL) den Vorschlag ab. „Mir ist das auch zu optimistisch gerechnet.“ Und Heidi Preiß (CDU) widersprach ihren Fraktionskollegen im Kulturausschuss. „Wir wollen doch mit der neuen Bücherei die Innenstadt beleben. Dafür brauchen wir große Lesesäle, mobile Arbeitsplätze und ein Café.“ Mit der Sanierung ließe sich das kaum verwirklichen.