Elmshorn. Investor für die seit 2006 leer stehende Fabrikruine in Elmshorn ist gefunden. Was der Unternehmer mit den Hallen vorhat.

Der Stillstand im Herzen Elmshorns scheint vorbei: Die riesigen, leer stehenden Knechtschen Hallen im Sanierungsgebiet Krückau-Vormstegen, die Frank Sachau gehörten und seit 2006 verwaist sind, haben einen neuen Eigentümer. Der Elmshorner Unternehmer Theodor Semmelhaack hat die denkmalgeschützten Gebäude vom Chef von Teppich Kibek gekauft. Der Vertrag wurde jetzt in der Pinneberger Sozietät Poppe und Partner unterschrieben.

Elmshorn: Semmelhaack kauft Knechtsche Hallen

Der Gebäudekomplex auf dem etwa 9600 Quadratmeter großen Grundstück umfasst drei Hallen mit einer Bruttogeschossfläche von 20.000 Quadratmetern. Der Verkaufspreis liegt laut Sachau unter dem Bodenrichtwert in Höhe von 3,2 Millionen Euro, den der Gutachterausschuss des Kreises in dem Sanierungsgebiet festgelegt hatte.

„Semmelhaack ist der richtige Partner, denn wir verfolgen die gleichen Ziele. Die Hallen sollen erhalten bleiben, der Charakter bewahrt werden“, erklärt Sachau. Die Knechtschen Hallen seien ein wichtiger Bestandteil von Elmshorn. Sie hätten die Stadt geprägt. Restauriert und renoviert werden sie sicherlich zu einem „Leuchtturmprojekt, zu einem Eingangstor für die Stadt“, so Sachau.

Ziel des ehemaligen Eigentümers sei es immer gewesen, das Ensemble an der Schlossstraße zu erhalten. Seit 2020 haben viele Workshops stattgefunden, an denen zuletzt die Eigentümer, die Stadtverwaltung, das Stadtmarketing und die Wirtschaftsförderung, die Politik, Teile der Bürgergesellschaft und Mitglieder des Freundeskreises zum Erhalt der Knechtschen Hallen teilgenommen und mitgearbeitet haben. Neue, kreative Nutzungsvorschläge für die drei Hallen waren dabei zusammengekommen.

Elmshorner Unternehmer hat mit den Knechtschen Hallen viel vor

Wellness und Sport, Gemeinschaftsräume für ein Jugendzentrum oder eine Gemeinschaftsbäckerei, Indoorspielflächen ähnlich denen des Rabbatz in Hamburg, Büros, Räume und Flächen für Start-ups, Studios, Dienstleistungsbetriebe oder individueller, kleinteiliger Einzelhandel waren im Gespräch. Auch Ateliers und Galerien, private Bildungseinrichtungen, private Museen oder Behörden und Verwaltung sind gelistet. Aber auch Hotelräume, eine Jugendherberge oder gehobene, moderne Gastronomie wären möglich, wie die Prüfung der Machbarkeit der Nutzung durch einen Architekten ergab.

Besiegeln den Kaufvertrags per Handschlag: Frank Sachau (rechts) und Arne Parchent.  Mit dabei: Notar Falko Tzschaschel (h.l.) und Lars Bredemeier.
Besiegeln den Kaufvertrags per Handschlag: Frank Sachau (rechts) und Arne Parchent. Mit dabei: Notar Falko Tzschaschel (h.l.) und Lars Bredemeier. © Kitty Haug | KITTY HAUG

Nicht möglich seien dagegen ein Kinokomplex, ein Theater oder eine Stadthalle, da die Geschosshöhen zu gering sind. Die Errichtung von Wohnraum wie etwa Loftwohnungen, Senioreneinrichtungen oder Studentenwohnungen ist nur teilweise umsetzbar, da erforderliche Belichtungsflächen nicht ausreichend vorhanden sind. Dagegen könnten grüne Oasen, vertikale Gärten, ein Boule-Platz, ein Open-Air-Kino oder ein Amphitheater den Außenbereich des Areals beleben.

Lisa Sachau, Tochter von Frank Sachau und damit Mit-Eigentümerin sowie Co-Geschäftsführerin des Teppich-Kibek-Geschäftsführers, suchte mit diesem Mischungskonzept Investoren. Acht Geldgeber bekundeten Ende 2021 ihr Interesse. Doch bis Juni diesen Jahres seien alle abgesprungen, mit denen Sachau über einen Kauf verhandelt hatte.

Wie es mit den Knechtschen Hallen jetzt weitergehen soll

Der Elmshorner Wohnungsunternehmer kam Anfang Juli ins Spiel „und dann ging alles sehr schnell“, erklärt Semmelhaack-Prokurist Arne Parchent. Semmelhaack hatte bereits vor Jahren ein Kaufangebot auf den Tisch gelegt, kam aber damals nicht zum Zug. Entscheidungsgrund zum jetzigen Verkauf sei laut Sachau auch, dass die Firma als Stiftung organisiert ist und das Objekt auf Dauer im Eigentum behalten möchte. Und Parchent sicherte zu, dass sich Semmmelhack im Kaufvertrag verpflichtet habe, sich am erarbeiteten kreativen Nutzungskonzept zu orientieren.

„Bereits 2023 könnte schon was erkennbar sein“, sagt Parchent. Auf das Unternehmen kämen Millioneninvestitionen zu. Allein die Altlasten-Entsorgung in dem Gebiet der Industrieruine werde einen sechsstelligen Betrag kosten. „Das wird teurer als ein Neubau, aber wir haben uns verpflichtet, die Hallen zu erhalten“, beton Parchent. Auch wenn die Statik in einer der Hallen sehr schlecht sei.

„Was lange währt, wird nun endlich gut. Jetzt haben wir die einmalige Chance, mit der Firma Semmelhaack die Knechtschen Hallen zu erhalten und zu einem Vorzeigeprojekt im Stadtumbau zu entwickeln“, sagt Baustadtrat Lars Bredemeier. .„Wir sind bereits unverzüglich in einen Planungsdialog mit Herrn Semmelhaack getreten.“ In den nächsten Monaten soll in enger Abstimmung eine nachhaltige Nutzungskonzeption erarbeitet werden. Erste Ideen wollen Bredemeier und Semmelhaack noch in diesem Jahr in den zuständigen Gremien vorstellen.

Elmshorner Unternehmer kaufte schon Kibek-Hochhaus

Das Elmshorner Wohnungsbauunternehmen Semmelhaack kennt sich mit Revitalisierung aus. Bestes Beispiel sei das Kibek-Hochhaus. Das 1958 gebaute, stadtbildprägende Haus gilt gewissermaßen als Wahrzeichen der Stadt. Es war zwischenzeitlich das höchste Geschäftsgebäude in Schleswig-Holstein und ist nun ein Kulturdenkmal. Semmelhaack hatte den seit 2006 leerstehenden Komplex Anfang 2014 von Frank Sachau gekauft, um auf dem knapp 10.000 Quadratmeter großen Areal 151 Wohnungen zu bauen, davon 58 im Hochhaus selbst.

Bis dahin galt die Industriebrache neben den Knechtschen Hallen als Schandfleck. Das Haus musste zunächst komplett entkernt werden. Am Ende wurde es teurer als geplant. 30 Millionen Euro hat Semmelhaack investiert, sechs Millionen Euro mehr als zunächst kalkuliert.

Die Knechtschen Hallen haben eine noch längere Geschichte. 1913 baute Wilhelm Knecht für seine Lederfabrik zwei große Gebäude, 1917 kam ein langgezogenes Haus an der Schlossstraße dazu. Bis zur Schließung 1953 war diese Lederfabrik der größte Elmshorner Betrieb mit bis zu 500 Arbeitern. Nach der Stilllegung übernahm Ende der 50er-, Anfang der 60er-Jahre das aufstrebende Teppichhaus Kibek die Gebäude in der Schlossstraße und nutze sie fortan als Lager.