Elmshorn. Alte Lederfabrik soll zu quirligem Zentrum mit industriellem Charme werden. Das sind die Ideen für die Gestaltung.
Weht bald ein Hauch quirliges Teatro Oficina wie im brasilianischen São Paulo durch Elmshorn? Ein Beispiel für die gelungene Wiederbelebung alter Fabrikhallen wäre es jedenfalls. Zumal ähnliches in der Krückau-stadt gelingen soll – früher oder später. Nicht grundlos präsentiert der Freundeskreis der Knechtschen Hallen in Elmshorn nun pünktlich zum Tag des offenen Denkmals zwei darauf aufbauende neue Nutzungsvorschläge für das alte Fabrikgelände im Herzen der Stadt.
Knechtsche Hallen: Was wird aus dem Fabrikgelände?
Mit der Ausstellung „Schein oder Sein? – architektonische Perspektiven“ sollen Denkanstöße für die nach wie vor unklare Nutzung des seit 15 Jahren leerstehenden, denkmalgeschützten Ensembles gegeben werden. Gezeigt werden zwei Abschlussarbeiten von Architekturstudentinnen, die Konzepte für die Industriebrache vorlegen und zeigen, wie die Umnutzung andernorts durchaus charmant gelungen ist.
Es gab schon viele Ideen für die ehemalige Elmshorner Lederfabrik – zuletzt schlug die SPD eine Kulturetage vor. Doch bis heute fehlen konkrete Pläne und Geldgeber für eine sinnvolle Nutzung der drei Hallen mit ihren mehr als 20.000 Quadratmetern Fläche. Die Stadt, die Eigentümerfamilie Sachau (Kibek) und der Freundeskreis sind an einem Erhalt interessiert, letzter Verhandlungsstand ist aber, dass Geldgeber oder Investoren gebraucht werden. Nun kommen frische Vorschläge von zwei Fachfrauen ins Spiel.
Industriecharme der Knetschen Hallen erhalten
Der Fokus der beiden Arbeiten liegt auf dem architektonischen Umgang mit den Knechtschen Hallen, so dass der Industriecharme erhalten bleibt. Unterschiedliche Nutzungsideen vom Hochschulcampus bis zur Quartiersgarage sind in der Masterarbeit von Laura Eckermann beschrieben. Sie zeigt vier Sanierungsszenarien - unter anderem mit einer lichtdurchfluteten Passage – auf. Die Bachelorarbeit von Lea-Malin Bahr wiederum kümmert sich um die unkomplizierte Innennutzung der Mantelhalle und des Kranhauses.
In der Masterarbeit von Laura Eckermann werden ihre vier Szenarien mit ähnlichen Projekten wie etwa einer alten Keksfabrik in Nantes (Frankreich) oder einem alten Theater in São Paulo (Brasilien) verglichen. Dabei zeigen alle, wie mit einfachen Mitteln eine originelle Architektur entstehen kann, die den ursprünglichen Charakter des Bestandsgebäudes erhält und obendrein eine lebendige, lokal verwurzelte Nutzung entstehen kann. Aspekte, die auch in Elmshorn gefragt sind, sowohl räumliche, als auch finanzielle Hürden zu überwinden.
Studentenwohnungen, Garage oder Café?
Begonnen wird mit einem Initial-Cafè, das auch als Projektbüro und Beteiligungswerkstatt dienen könne. „Ziel ist es, die Knechtschen Hallen nicht in einer großen Gesamtmaßnahme, sondern schrittweise zu sanieren und etappenweise Nutzungen zu finden“, so Eckermann. Ausgehend von dem Initialcafé kann das von einer Quartiersgarage über studentisches Wohnen bis hin zu einem Hochschulcampus reichen. Sie liefert sogar komplette Geschossgrundrisse.
Besonderer Clou ihrer Arbeit: War bisher die Gebäudetiefe mit großen unbelichteten und darum unwirtschaftlichen Flächen ein Investitionshemmnis, so macht Eckermann aus dem abbruchreifen Zwischendach eine lichtdurchflutete Passage. Arbeitstitel: „Knechtsche Gasse“. Diese Passage verdoppelt die freien Schaufenster im Erdgeschoss als witterungsgeschützte Kunst- und Kultur-Meile mit Außengastronomie. Gleichzeitig sei der Bereich als 600 Quadratmeter großer Bürgersaal nutzbar.
Das zweite Szenario ist eine Quartiersgarage mit 123 bis 186 Parkplätzen, das dritte Szenario sieht Wohnungen für etwa 60 Studenten vor. Als Zielgruppe gelten nicht nur Studierende der Elmshorner Nordakademie, sondern auch der Uni in Hamburg. Im vierten Szenario wird die Nordakademie, als Hochschule der Wirtschaft, als Nutzer der Hallen vorgeschlagen – die Campus-Idee.
Knechtsche Hallen als attraktiver Ort in der City
Als Ausblick könnten alle vier Szenarien gelingen, so Eckermann. Denn wenn Kunst, Kultur, Gewerbe, Handwerk und Gastronomie das Erdgeschoss beleben, würden die Knechtschen Hallen zu einem attraktiven Bezugspunkt der Innenstadt. Die Quartiersgarage entlastet die City, Campus und junges Wohnen füllen den Stadtteil mit Leben.
In der zweiten Arbeit, der Bachelorarbeit „Kreativfabrik – Wiederbelebung der Knechtschen Hallen“, greift Lea-Malin Bahr die Idee der Kranhaus-Aktivitäten auf, und erweitert sie um „Mantelhalle“ und das Erdgeschoss des Cita-Strom-Gebäudes. Ihr Konzept beschränkt sich auf diese gut 1500 Quadratmeter des Hallenensembles und sieht einen festen Treffpunkt für Kreative, Macher, Neugierige und junge Leute vor. Ihr Clou: ein Baukastensystem.
Mit dieser Idee seien nur minimale Eingriffe in den Bestand nötig, eine kostenintensive Sanierung überflüssig. Zusammenkommen, Austauschen, Mitmachen, Ausprobieren und Erleben sind die Bereiche, die mit einer Art Lego-System in die Halle gebaut werden können. Freie Flächen werden strukturiert und definiert, etwa als Klöncafé, als Kino-Ecke, als urbaner Garten, als Erlebnisecke für Konzerte oder als Werkstatt. Die Bau-Module seien günstig und können frei kombiniert werden – für immer neue Gestaltungsmöglichkeiten.