Kreis Pinneberg. Energie-Engpass und Inflation: Bei der traditionellen Brotprüfung in Pinneberg wurden dieses Mal auch Sorgen geteilt.

Bei der traditionellen Brot-und Brötchenprüfung in Pinneberg gab es in diesem Jahr nicht nur sämtliche Brotbackkunst der Region zu bestaunen. Auch die Sorgen der Branche wurden geteilt. Steigende Energiepreise, Inflation und unklare politische Beschlusslagen würden auch dem Bäckerhandwerk zu schaffen machen, hieß es.

Kreis Pinneberg: Bäckereien fordern Hilfe fürs Handwerk

Die großen Sorgen wurden an einer kleinen Theke in der Rathaus-Passage geteilt. Dabei sprach Jörn Dwenger, Bäckermeister und stellvertretender Obermeister der Bäcker-Innung Nord, von Brot als einem deutschen Kulturgut. Neben ihm hatte Brotprüfer Michael Isensee vom Deutschen Brotinstitut Platz genommen. Seit 30 Jahren arbeitet er in der Brotprüfung in Nord- und Mitteldeutschland. In Pinneberg wurden ihm 40 Brot- und 31 Brötchenspezialitäten vorgeführt.

Das Backwerk wurde nach Aussehen, Oberfläche, Textur, Geruch, Geschmack und Krumenbild bewertet. Wer die Prüfung mit 90 bis 100 Punkten abschloss, bekam eine goldene Urkunde und das begehrte Qualitätssiegel. Teilnehmer im Kreis Pinneberg waren Dwenger (Pinneberg), Stadtbäckerei Saß (Barmstedt), Millahn (Elmshorn), Eggers (Moorrege), Kolls (Tornesch) und Münster (Prisdorf). Auf der Internetseite des Deutsches Brotinstitut sind die Ergebnisse zu sehen.

Brot- und Brötchenprüfung in Pinneberg: Bäcker äußern Sorgen

Die Brot- und Brötchenprüfung war dieses Jahr aber auch eine Gelegenheit, die Krisenzeiten aus Sicht des Handwerks zu thematisieren. Denn die Erhöhung der Energiepreise betreffe Bäcker besonders, weil Öfen mit Öl oder Gas beheizt werden. Die Kühlräume seien außerdem ständig in Betrieb und erfordern eine hohe Versorgung an Energie.

Die Bäcker rechnen laut Landesinnungsverband des Bäckerhandwerks Schleswig-Holstein mit „Umlagen von 1,5 bis 5 Cent zusätzlich pro Kilowattstunde“, und müssen deshalb ihre Preise erhöhen. Dabei sei es laut Bäckermeister Jörn Dwenger kaum noch möglich, die Preise der Backwaren weiter zu steigern – Brot sei ein Grundnahrungsmittel. Es sei schon jetzt für Kunden um drei bis fünf Prozent teurer geworden. Auch wenn Deutschland genügend Getreide produziert, müssten die Bäcker außerdem die Verdoppelung der Weizenpreise berücksichtigen – es handelt sich um einen Weltmarktpreis.

Die Herausforderungen für Bäcker werden durch die zunehmende Konkurrenz der Franchise-Ketten verstärkt. Durch die Vermehrung der Industriepreise könne sich das „echte Handwerk“ nur schwer über Wasser halten, besonders während der aktuellen Inflationsperiode. „Wo fangen die Leute an zu sparen?“ fragt Jörn Dwenger. „Wir fürchten, dass sie als erstes nicht mehr zu uns kommen“.

Kreis Pinneberg: Bäckereibetriebe fordern Hilfe fürs Handwerk

Trotz der erhöhten Kosten merke der Bäckermeister einen stetigen Anspruch an Qualität bei seinen Kunden. Industrielle Bäckereien würden im Gegensatz zu Handwerksbäckern mit Zusatzstoffen arbeiten, das schmecke man auch. Den Preis rechtfertige die Brotprüfung – Qualität habe eben ihren Preis. Dennoch blicke der Bäckermeister zuversichtlich in die Zukunft: Man brauche Geduld, bis die Krise überwunden werde. Trotzdem wünscht sich der Handwerker mehr Unterstützung vom Staat, etwa durch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Stromkosten und eine spezifische Bäckerei-Förderung.

Dafür kämpfen auch die Bäckerverbände. In Norddeutschland fordert die Bäcker- und Konditorenvereinigung Nord (BKV) die Ergänzung des neuen Energiekosten-Dämpfungsprogramm (EKDP), sodass „auch Handwerksbäckereien Zuschüsse zu den stark gestiegenen Energiekosten erhalten“, heißt es in einer Mitteilung des Landesinnungsverband des Bäckerhandwerks Schleswig-Holstein (LIV SH).

„Die nebulösen Aussagen der Politik zu einem Gasnotfallplan sind ebenfalls untragbar,“ sagt die BKV-Vorsitzende und Landesinnungsmeisterin Maren Andresen und blickt eher sorgenvoll Richtung Winter. „Unsere Betriebe brauchen Planungssicherheit, ob sie in einer Priorisierungsliste aufgenommen sind oder ob auch dort nur die Industrie Berücksichtigung findet.“, sagt sie. Systemrelevante Branchen wie das Bäckerhandwerk, die Lebensmittel produzieren, müssten im Fall von Gasknappheit weiter mit Gas beliefert werden.