Haselau. Einst gepriesenes Geschäftsmodell für Landwirte entwickelt sich zum Problemfall. Betriebe schließen. Das sind die Gründe.

Bauernhofcafés haben einst als ein Patentrezept für die Entwicklung des ländlichen Raums gegolten. Touristen werden Einkehrmöglichkeiten geboten, die Regionen dadurch attraktiver. Die Erholungssuchenden lassen Geld in der Region und Landwirte können sich ein zusätzliches, lukratives Geschäftsfeld erschließen.

Doch die Euphorie aus der Zeit rund um die Jahrtausendwende ist längst vorbei. Selbst mit einem schlüssigen Geschäftsmodell ist das Überleben schwierig geworden. Zwei Betreiber der ersten Stunde in der Haseldorfer Marsch haben aufgegeben. Daran ist nicht nur Corona schuld.

Kreis Pinneberg: Warum viele Bauernhofcafés aufgeben

Das Café Hof Mühlenwurth in Haselau war etwas Besonderes. Aus dem „alten Kuhstall“, so Angela Schuldt, hatte sie 2002 zusammen mit Gatte Heiner und Tochter Kathrin ein Café mit Flair geschaffen. Ein buntes Sammelsurium aus alten Bauernmöbeln sorgte für eine heimelige Atmosphäre. Und wer wollte, konnte auch auf Strohballen sitzen. Über einen Mangel an Gästen konnten sich die Schuldts nicht beklagen. „Wir haben einen hohen Aufwand betrieben“, erinnert sich Angela Schuldt.

Doch mit der Heirat der Tochter änderte sich die Konstellation. Kathrin Kruse arbeitete in der Meierei ihres Mannes mit 200 Kühen in Rellingen mit. „Da ist viel zu tun“, sagt Heiner Schuldt, der im Nebenerwerb den Hof Mühlenwurth bewirtschaftete. Zwei Kinder wurden von seiner Tochter geboren. Hinzu kam der weite Weg von ihrem neuen Zuhause in Rellingen nach Haselau. Dann kam Corona. „2020 war praktisch nichts. Aber wir hatten weiterhin Unkosten“, sagt Angela Schuldt. Die Coronaregeln zermürbten die Café-Betreiber. Gemeinsam wurde beschlossen, das Café zu schließen.

Anfangs war sie „in Schockstarre“ und „sehr traurig“. Sie hätte den Betrieb gern noch fünf Jahre weiter geführt. Mittlerweile kann sie – Angela und Heiner Schuldt sind jetzt Rentner – dem Ende auch etwas Positives abgewinnen. „Ich fange an, es zu genießen. Aber das muss man lernen“, sagt sie.

Bauernhofcafés sind ein reines Wochenendgeschäft

Das Marschcafé – ebenfalls in Haselau – gehörte zu den Vorreitern der Branche. Es war ein richtiger Familienbetrieb. Henrikje Zorn hatte das Café eröffnet, wurde tatkräftig von ihrer Mutter Margret Plüschau unterstützt und wenn es sein musste, packten auch die vier Geschwister mit an.

Die Torten von Henrikje Zorn waren der Renner. Wie es von einem ländlichen Café erwartet wird, waren sie groß, süß und lecker. Wer am Wochenende entlang der Hauptstraßen durch die Haseldorfer Marsch fuhr, dem musste die lange Reihe parkender Autos vor dem Marschcafé auffallen.

„Familiäre Gründe“ macht Henrikje Zorn für das Ende nach 24 Jahren geltend. Sie hat einen Baumschuler in Rellingen geheiratet, hilft kräftig in dessen Betrieb mit und hat mittlerweile zwei Kinder. Das Geschäft sei nur am Sonntag sehr gut gelaufen, berichtet sie. Der lange Fahrtweg von einer Stunde sei das Problem gewesen. „Es ist mir nicht leichtgefallen“, sagt sie. Bereut habe sie es nicht, denn sie habe jetzt mehr Zeit für die Familie.

Kreis Pinneberg: Hoher Kapitaleinsatz für kleinen Nebenerwerb

Das Geschäft mit den leckeren Torten führt Henrikje Zorn allerdings weiter. Mittwochs und freitags beliefert sie den Hofladen Rellingen, Pinneberger Straße 38. Für Geburtstage oder Familienfeiern nimmt sie Bestellungen für komplette Torten unter marschcafe@gmx.de entgegen.

„Das war mal so ein Run“, erinnert sich Georg Kleinwort, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Pinneberg und Obstbauer aus Haselau. Doch mittlerweile sei er abgeebbt. Bauernhofcafés seien ein kapital- und arbeitsintensives Geschäft. „So ein kleiner Nebenerwerb steht eigentlich nicht im Verhältnis zum Kapitaleinsatz“, fasst Kleinwort die Erfahrungen der vergangenen Jahre zusammen. Um erfolgreich zu wirtschaften, müssten zusätzliche Events angeboten werden.

Es gebe hohe bürokratische Auflagen, sagt der Bauernverbandsvertreter. Aktuell sei es ein weiteres Problem, Personal zu finden. Außerdem sei es ein reines Wochenendgeschäft. Die Betreiber müssten immer sonnabends und sonntags arbeiten. „Das ist eine Nische für ein Paar, das mit der Bewirtschaftung des Hofes nicht ausgelastet ist“, urteilt Kleinwort.

Kreis Pinneberg: Bauernhofcafés wichtig für Tourismus in der Region

„Uns fehlen die beiden Bauernhofcafés“, sagt Tina Varga-Schicht, die sich für den Verein „Tourismus in der Marsch“ vom Haseldorfer Elbmarschenhaus aus um die Entwicklung der Naherholung an der Unterelbe kümmert. Es fehlten diese Einkehrmöglichkeiten, besonders für Tagestouristen, sagt sie. Hinzu komme noch, dass der Haseldorfer Hof geschlossen sei. Doch das würde sich demnächst ändern, so Tina Varga-Schicht hoffnungsfroh.

Wie berichtet, haben Benjamin Gadow und Madeleine Winkler, die in Pinneberg im Jahr 2019 im Gebäude der ehemaligen Kultkneipe Marktgraf an der Friedrich-Ebert-Straße ihr Lokal Frau Miller eröffnet hatten, den ehemaligen Haseldorfer Hof gepachtet und bauen ihn derzeit um. Nach Fertigstellung wird das Lokal den gleichen Namen tragen wie ihre Gastronomie in Pinneberg.

Die Tourismusexpertin Tina Varga-Schicht verweist auf die Fördermöglichkeiten, die es über die „AktivRegion“ gibt. Mithilfe dieser Zuschüsse wurde zum Beispiel die Hetlinger Dorfkneipe „Op de Deel“ erhalten. Derzeit läuft zwar eine Förderperiode des hauptsächlich aus EU-Geldern bezuschussten Programms aus. Im kommenden Jahr soll es allerdings ein Nachfolgeprogramm geben.