Hetlingen. Elbmarschenhaus bietet Exkursion nur einmal im Jahr an. Der fünf Kilometer lange Weg führt durch das Naturschutzgebiet.

Es ist kein Leuchtturm und doch hat das Gebäude 110 Jahre mit seinem Licht geholfen, die Schifffahrt auf der Elbe sicherer zu machen. Einzigartig ist das Bauwerk auf dem Twielenflether Sand an der Elbe. In ganz Deutschland gibt es kein vergleichbares Leuchtfeuer. Das Gebäude liegt unzugänglich mitten im gesperrten Bereich des Naturschutzgebiets „Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland“ und ist denkmalgeschützt.

Naturschutzgebiet darf nur einmal im Jahr betreten werden

„Einmal im Jahr, nach der Brutzeit und vor dem Eintreffen der Rastvögel, bieten wir eine geführte Exkursion in den beruhigten Bereich des Naturschutzgebietes an“, sagt Edelgard Heim, Leiterin des Elbmarschenhauses in Haseldorf. „So haben Menschen die Chance, auf legalem Weg diese Flächen kennenzulernen und das Leuchtfeuer vom Nahem zu betrachten.“ Gemeinsam mit Uwe Helbing, Nabu-Schutzgebietsbetreuung im Elbmarschenhaus, erläutert sie die Besonderheiten des 2160 Hektar großen Naturschutzgebietes.

Normalerweise ist an diesem Tor für Wanderer Schluss. Der Weg durch das geschützte Brutgebiet ist nur einmal im Jahr zugänglich
Normalerweise ist an diesem Tor für Wanderer Schluss. Der Weg durch das geschützte Brutgebiet ist nur einmal im Jahr zugänglich © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Etwa 60 Personen erscheinen am vorigen Sonnabend am Treffpunkt an der Hetlinger Schanze. Am Horizont zieht ein riesiges Containerschiff am Hochspannungsmast vorbei. In zwei Gruppen geht es die fünf Kilometer Fußweg zum Leuchtfeuer. Die angrenzenden Flächen haben für viele störungsempfindliche Vogelarten eine hohe Bedeutung.

Auf dem Weg zum Leuchtfeuer geht es an interessanten Punkten im Naturschutzgebiet entlang. „Die von der Tide beeinflussten Wattflächen hier sind vom Süßwasser geprägt“, erläutert Heim. Nur hier wächst der vom Aussterben bedrohte Schierlingswasserfenchel. „Wir haben im vergangenen Jahr 2000 Exemplare gepflanzt.“ Ein weiterer Endemit, also eine Art, die es weltweit nur hier gibt, ist die Wiebel-Schmiele. Unscheinbar und dennoch einzigartig ist das Süßwassergras. Augenfälliger blühen Schwanenblumen, Raues Weidenröschen und Blutweiderich in Rosatönen. Den stark gefährdeten Feld-Mannstreu, eine Distelart, finden indes nur Kenner.

Edelgard Heim, Leiterin des Elbmarschenhauses, zeigt eine Schwanenblume.
Edelgard Heim, Leiterin des Elbmarschenhauses, zeigt eine Schwanenblume. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Naturschutzgebiet wird von seltenen Vögeln bevölkert

1984 wurde die „Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland“ zum Naturschutzgebiet ernannt. Bis dahin gab es hier in der Abgeschiedenheit auch einen landwirtschaftlichen Hof. „1999 ist der bereits verlassene Hof dann abgebrannt“, erzählt Heim. Damals wurde vermutet, dass eine Landstreicherin für das Feuer verantwortlich war. Heute wohnt an dieser Stelle ein Dachs, dessen Eingang zum Bau unter einem Strauch verborgen liegt.

Selten gewordene Vögel wie Uferschnepfe, Rotschenkel und Kiebitze brüten auf den Feuchtwiesen. Acht Kiebitzbrutpaare wurden zuletzt gezählt. Auch Blaukehlchen, Seeadler, Rohrdommel, Schilfrohrsänger und Rohrweihe lassen sich mit Glück und Geduld beobachten. Ein Paradies, nicht nur für Ornithologen.

Viele Naturfreunde haben sich dem Ausflug ins Schutzgebiet angeschlossen
Viele Naturfreunde haben sich dem Ausflug ins Schutzgebiet angeschlossen © Anne Dewitz | Anne Dewitz

In großer Zahl überwintern Weißwangengänse hier. 20.000 bis 30.000 Tiere sind es. Früher zogen sie im April nach Sibirien zu ihren Brutstätten, nun erst Mitte Mai. „Sie ziehen immer später. Erstmals gab es auch Nachweise in Hamburg, dass sie hier brüten“, sagt Heim. Grund dafür könnte der Klimawandel sein. Dass sich die Bestände stark erholt haben, hat aber einen anderen Grund. „Es gibt Berichte, dass sich die Gefangenen in russischen Gulags früher von den Eiern der Gänse ernährt haben“, sagt sie. Nun würden viel mehr Küken schlüpfen.

Pflege des Naturschutzgebietes ist ein gemeinsamer Kraftakt

Das europäische Schutzgebiet, das gemeinsam vom Land Schleswig-Holstein, der Stadt Hamburg und einer Stiftung verwaltet wird, ist geprägt von Auwäldern und freien Flächen. Angrenzende Flächen gehören dem Wasser- und Schifffahrtsamt des Bundes. Auch die Jägerschaft ist aktiv, bejagt verstärkt Räuber wie den Fuchs und den Marderhund in dem Brutgebiet. Rinder und Schafe weiden friedlich auf einer eingezäunten Fläche. Ein ortsansässiger Landwirt leistet mit seiner extensiven Viehhaltung ebenfalls einen Beitrag für die Natur. „Wir arbeiten alle sehr gut zusammen“, sagt Heim.

Ein Stück weiter. Gelbe Masten am Elbufer kennzeichnen Buhnen im Wasser, die das Wasser- und Schifffahrtsamt in verschiedenen Ausführungen installiert hat, um herauszufinden, welche das Ufer am besten vor Wellen schützen. „Die Auswertung nach drei Jahren hat ergeben, dass die mit einer Öffnung am besten geeignet sind“, sagt Heim. Ende des Jahres soll die Versuchsreihe wieder abgebaut werden.

Der Strandabschnitt an der Hetlinger Schanze ist für alle frei zugänglich.
Der Strandabschnitt an der Hetlinger Schanze ist für alle frei zugänglich. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Naturschutzgebiet – und mittendrin das Leuchtfeuer Julssand

Am Horizont taucht das Leuchtfeuer auf. „Sein charakteristischer weißer Anstrich und die architektonische Silhouette haben ihm den liebevollen Namen Kapelle eingebracht“, sagt Heim. Bis zum 11. Januar 2010 war es das älteste in Betrieb befindliche Leuchtfeuer an der Unterelbe, dann wurde sein Feuer endgültig gelöscht. Immer noch ist es ein charakteristisches Wahrzeichen für Boote auf der Elbe.

Heute steht das Haus leer. 2017 wurde das Gebäude vom Bund an einen Investor aus Hamburg-Finkenwerder verkauft. Er hatte ein paar Haseldorfer Handwerker, überboten, die ebenfalls Interesse an dem Objekt hatten. Seitdem zerfällt es. Fenster sind zugemauert , das Grundstück ist mit Stacheldraht umzäunt. Einen Zugang hat der Immobilienbesitzer nur über den Wasserweg, denn auch ihm bleibt der Zugang zum geschützten Brutgebiet verwehrt.

Lesen Sie demnächst die genaue Historie zum Leuchtfeuer Julssand.