Barmstedt. Zwei Tage lang zeigt das Museum, wie zu Zeiten der Grafschaft Rantzau in Barmstedt gelebt wurde. Was Besuchern geboten wird.

Es war die Hochphase der Grafschaft Rantzau. 76 Jahre lang, von 1650 bis 1726, waren die Grafen Rantzau nur dem Habsburger Kaiser in Wien unterstellt, besaßen eigenes Münzrecht und bildeten in Schleswig-Holstein zwischen dem dänischen Königshof und den Herzögen in Schleswig-Gottorf ein eigenständiges Reich. Die kleine Grafschaft war 230 Hektar groß und lag zwischen Elmshorn und Barmstedt. Sie reichte von Raa-Besenbek bis Langeln und von Ellerhoop bis Osterhorn. Zudem war der Reichsgraf, der in Barmstedt residierte, im Besitz der Güter Breitenburg, Drage und Neuendorf im Kreis Steinburg.

Barmstedt: Barockfest auf der Schlossinsel Rantzau

Es war die Zeit des Barock. Und daran möchten die an der Historie sehr interessierten Gestalter des Museums der Grafschaft Rantzau am 20. und 21. August mit einem Aktions-Wochenende erinnern. Sie laden die Besucher zu einem „Barocken Leben auf der Schlossinsel“ ein. „Zum ersten Mal wird es um das Museum herum eine Veranstaltung geben, die das Leben im 18. Jahrhundert widerspiegelt“, sagt Michael Theilig vom Museumsverein.

Diese Veranstaltung bilde den Abschluss der Ausstellung „Der Grafenmord vor 300 Jahren – das Attentat auf Reichsgraf Christian Detlef Rantzau im Wald bei Barmstedt und seine Vorgeschichte“. In jahrelanger Recherchearbeit in Archiven in Schleswig, Kopenhagen und Schwerin haben die Museumsgestalter den Tathergang der Ermordung des Grafen Christian Detlev von vor 300 Jahren bis ins kleinste Detail rekonstruiert.

Demnach war der Graf an jenem 10. November 1721 von seinem Schloss auf der Schlossinsel in Barmstedt morgens mit seinem Leibwächter in den Vosslocher Wald zur Schnepfenjagd aufgebrochen. Dort lauerten bereits die Heckenschützen im Gebüsch und schossen stehend hinter einer alten Eiche verborgen auf den Grafen, der vermutlich sofort tot war. Es war nicht das erste Attentat auf ihn. Mehrere andere hatte der bei seinen Untertanen äußerst unbeliebte Graf zuvor überlebt. An der Stelle, wo dieses historische Ereignis passiert ist, befindet sich heute ein Gedenkstein.

Barmstedt: Ausstellung beschäftigt sich mit dem Grafen-Mord

Dokumente, Bilder, Modelle, historische Schriftstücke und sogar ein Videofilm beschreiben das Attentat in der Ausstellung im Museum. Bald soll auch der jahrelange Gerichtsprozess in Rendsburg dort nacherzählt werden, der 1725 mit dem Schuldspruch gegen Christian Detlevs jüngeren Bruder, Wilhelm Adolph, endete.

Kein Wunder also, dass die Museumsfreunde auf ihrem Barockfest die Besucher auf eine spannende und lehrreiche Reise in die Vergangenheit mitnehmen wollen. „Es wird allerdings kein Kostümfest sein“, betont Theilig. „Uns geht es um eine möglichst große historische Genauigkeit.“ Damit die Besucher viel über das „normale“ Leben dieser Zeit erfahren können, werden alle Mitwirkenden Alltagskleidung aus dem 18. Jahrhundert tragen und ihren jeweiligen Tätigkeiten nachgehen.

„Ihre Kleidung ist nach historischen Vorbildern in Handarbeit und aus den zu dieser Zeit üblichen Materialien hergestellt worden“, erklärt Theilig. „Sie führen Lebensbilder und Handwerke vor, und man kann leicht mit ihnen ins Gespräch kommen, denn sie erklären gern, wer sie sind und was sie tun.“ Dazu passt, dass der Museumsverein eher durch Zufall in seinen alten Beständen und einem jahrzehntelang verschlossenen Schrank alte Trachten entdeckt hatte. Dicht an dicht hingen die alten Trachten, die der Experte Christian Lantau vom Schleswig-Holsteinischen Heimatbund auf die Zeit zwischen 1780 und 1840 einschätzte.

Museumsverein entdeckte zufällig einen historischen Schatz

Es waren gut 100 Hosen, Röcke, Westen, Oberteile und sogar alte Babykleidung. Aus Leinen, Baumwolle, Leder, Seide, Spitze, zum Teil mit silbernen Knöpfen verziert und alles handgenäht. Das Charakteristische an den jetzt erst wiederentdeckten Trachten von Barmstedt seien die gestreiften Beiderwandröcke, erklärte Experte Lantau. „Die sind typisch für die Region der Elbmarsch.“ Diese Röcke bestehen aus zwei Materialien, einer Leinenkette und einem Wollschutz, die so mehrfarbig gestreift per Hand zusammengenäht worden sind. „Diese Trachten haben einen hohen ideellen und dokumentarischen Wert für die Region“, urteilte der Experte.

Diese wiederentdeckten alten Trachten werden auf dem Barockfest ebenfalls gezeigt und dienten als Vorbild für die traditionelle Kleidung, die hier am 20. und 21. August zur Schau gestellt wird. Es wird auch ein vielseitiges Mitmach-Programm geben. Die Besucher können zeitgenössische Spiele ausprobieren. Sie können üben, wie man ein Seil dreht. Sie können mit Feder und Tinte zu schreiben versuchen und beim Klöppeln zusehen.

Barockfest auf der Barmstedter Schlossinsel

Am Stand eines „Büchsenmachers“ wird die Bauart und Funktionsweise historischer Vorderlader-Waffen erklärt und auch praktisch vorgeführt. An beiden Tagen werden verschiedene Gruppen anwesend sein und die Schlossinsel zu einem lebendigen Museum machen. Bei der Kostümierung hört der Mitmach-Charakter der Veranstaltung allerdings auf. „Um ein historisch korrektes Bild des 18. Jahrhunderts zu vermitteln, ist es dabei Besuchern nicht gestattet, kostümiert zu erscheinen“, bittet Theilig um Verständnis.

Und natürlich darf auch der Grafenmord nicht im Programm fehlen. Wer den Originalschauplatz des wohl ersten Attentates auf einen politischen Herrscher im Kreis Pinneberg sehen möchte, den führt Forstdirektor a. D. Hans-Albrecht Hewicker zum nahe gelegenen Tatort des grausamen Grafenmordes im Rantzauer Forst. Und in der Lesung „Fromm und keusch musst du sein“ wird das weibliche Leben im 18. Jahrhundert vorgestellt.

Barockes Leben: Schlossinsel Rantzau 11, Barmstedt, 20. und 21. August, von 11 bis 18 Uhr (Sonnabend) und 11 bis 17 Uhr (Sonntag). Eintritt ist frei. Es wird aber um eine Spende für das Museum gebeten

Das Programm an beiden Tagen: 13 Uhr: Vorführung historischer Vorderlader-Waffen; 14 Uhr: Hewicker führt zum nahe gelegenen Schauplatz des grausamen Grafenmordes im Rantzauer Forst, Dauer: etwa eine Stunde; 16 Uhr: Lesung: „Fromm und keusch musst du sein“ – Hamburger Frauenleben im 18. Jahrhundert (aus den Autobiografien von Margarethe Elisabeth Milow und Karoline Schulze-Kummerfeld), im Museum der Grafschaft Rantzau, Dauer etwa Stunde.