Pinneberg. Denkmalgeschützte Immobilie kostet 300.000 Euro. Die Renovierung verschlingt knapp sechs Millionen Euro – der Kreis hat viel vor.
Der Kreis Pinneberg wird bald zusätzliche Räumlichkeiten für kulturelle Veranstaltungen haben. So hat der Kreis jetzt das ehemalige Zollamt, die seit zwei Jahren leerstehende Immobilie am Drosteipark, vom Bund für 326.000 Euro gekauft.
Immobilien: Kreis Pinneberg kauft ehemaliges Zollamt
Weitere 300.000 Euro sind für die Planung der künftigen Nutzung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes von 1954 bewilligt. Um es dann für die Stiftung Landdrostei für deren Verwaltung, Ausstellungen oder Lager umzubauen und barrierefrei herzurichten, werden voraussichtlich weitere gut fünf Millionen Euro benötigt werden, heißt es dazu in der Verwaltungsvorlage.
„Das ist die Chance und auch der Schatz, dass Vereine und auch die Volkshochschule dann diese Räume nutzen können“, sagt Jens Bollwahn, Geschäftsführer der Stiftung Landdrostei. Und seine Kollegin Sabine Fricke, die künstlerische Leiterin der Drostei, hofft, dass ihr Verwaltungsbüro möglichst schnell in das frühere Zollamt direkt nebenan umziehen kann. „Das sollte relativ fix gehen“, glaubt sie. „Dann können wir sehen, was wir mit den Räumen in der Drostei machen, die wir dadurch gewonnen haben.“
Diese wären im Hochparterre etwas barriereärmer als die Räume im ersten Stock der Drostei, so Stefanie Fricke. Mittel- und langfristig böte sich das frühere Zollamt für Konzerte oder Ausstellungen im schönen, hellen Dachboden für bis zu 60 Besucher an, ist sie von dem neuen Platzangebot angetan. Auch könnten die Räume an private Veranstalter für Tagungen oder Workshops vermietet oder eben auch von Vereinen und Volkshochschulen genutzt werden.
Kreis Pinneberg bekommt Preisnachlass von 350.000 Euro
Zumal sich am ehemaligen Zollamt erheblich leichter ein barrierefreier Zugang realisieren ließe, wie dieser seit Jahren vom Behindertenbeauftragten des Kreises Pinneberg gefordert wird. Dafür könnte hinter dem Gebäude von außen ein Aufzug eingebaut werden, über den die Besucher stufenlos in das Veranstaltungsgebäude gelangen könnten, so Fricke.
Der Kreis Pinneberg ist nicht der erste, dem das Objekt vom Bund zum Kauf angeboten wurde. Auch die Kreisstadt Pinneberg hätte die unter Denkmalschutz stehende Immobilie aus dem Jahr 1954 mit dem 1450 Quadratmeter großen Grundstück am Drosteipark 1 bereits erwerben können. Doch die Pinneberger Politik lehnte das Vorkaufsrecht ab und überließ lieber dem Kreis den Vortritt.
Das zweigeschossige Gebäude verfügt über eine Nutzfläche von 700 Quadratmetern. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hat den Wert der Immobilie auf 640.000 Euro beziffert und dem Kreis einen Preisnachlass von 350.000 Euro eingeräumt, sodass sich mit den Grunderwerbskosten die bereits genannte Kaufsumme errechnete. Der Bodenrichtwert für die Immobilie liegt bei 500.000 Euro.
Kreis Pinneberg: Zollamt hat erheblichen Unterhaltungsstau
Im Gebäude selbst besteht ein erheblicher Umgestaltungs- und Modernisierungsbedarf, wie die Verwaltung, Kreispolitik und Stiftung Landdrostei bei einer Begehung feststellen konnte. So sind die vorhandenen Räume sehr kleinteilig gestaltet und seit den 1950er-Jahren im Innern kaum verändert worden. „Am Gebäude ist ein deutlicher Unterhaltungsstau festzustellen. Der bauliche Zustand wäre vor erneuter Inbetriebnahme dringend zu verbessern“, heißt es dazu in der Beschlussvorlage des Kreistages.
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Zukünftig soll das Gebäude attraktiven und barrierefreien Raum für kulturelle Formate bieten, die in dieser Form in der Drostei nicht möglich sind. Neben der notwendigen denkmalgerechten Sanierung des Bestandes soll deshalb ein Treppenhausanbau mit barrierefreiem Aufzug installiert werden, über den die Besucher alle Stockwerke erreichen können.
Es sind der gesamte Boden, die Dachkonstruktion, Fenster, Türen, Heizung, sanitäre Anlagen, Elektrotechnik sowie das Rohrleitungssystem in Absprache mit der Denkmalbehörde zu erneuern. Zudem geht die Verwaltung davon aus, dass der Klebstoff für den Parkettfußboden sowie die angebrachten PVC-Platten als Schadstoffe zu entsorgen sind. Auch der Brandschutz und die Sicherheitsbeleuchtung müssten komplett erneuert und ein modernes Datenleitungsnetz geschaffen werden, sodass sich eine Gesamtinvestition von beinahe sechs Millionen Euro einschließlich Grunderwerbskosten ergebe, heißt es in der Beschlussvorlage.
Kreis Pinneberg: Drostei könnte Räumlichkeiten nutzen
Der Kreistag hat dafür nun zunächst die genannten 626.000 Euro für Grunderwerb und Planungskosten mit großer Mehrheit bewilligt. Die Verwaltung rechnete vor, dass bei einer Bruttokaltmiete von 15 Euro je Quadratmeter an die Stiftung Landdrostei die jährliche Rendite zwei Prozent der veranschlagten Sanierungskosten ausmacht. Der notarielle Kaufvertrag werde demnächst unterzeichnet, kündigt Drostei-Chef Bollwahn an, der auch Kreiskämmerer ist. Er hofft, dass dann Ende nächsten Jahres die dringend benötigten neuen Räume im alten Zollamt zur Verfügung stehen. „Die Drostei platzt aus allen Nähten.“
Einzig die AfD/KWGP-Fraktion sprach sich dagegen aus und forderte, „ein aktuelles Gutachten über den baulichen Zustand des Gebäudes“, so Burghard Schalhorn. „Aber aus ideologischen Gründen wurde dieser Antrag abgelehnt“, kritisiert er. „Die große Frage stellt sich hier, wer hat oder was soll hier unter den Teppich gekehrt werden?“
Das Zollamt war bereits 2020 in die Parkstadt Eggerstedt umgezogen. Der Einzugsbereich der Behörde umfasst mehrere nordwestlich gelegene Stadtteile von Hamburg wie Rissen, Blankenese, Eidelstedt und Schnelsen, den Kreis Pinneberg, kleinere Teile des Kreises Steinburg und Regionen im Kreis Segeberg, darunter größere Städte wie Norderstedt und Henstedt-Ulzburg.