Hamburg. Wenn Sie den Preis eines Hauses erst einmal anfragen müssen, können Sie sich sicher sein: Diese Kaufsumme möchten Sie gar nicht wissen.
Über Geld spricht man nicht. Schon gar nicht in Hamburg. Hanseatisches Understatement. Man hat es, und wenn ja, viel. Oder eben nicht. So wie die Amerikaner auf einer Party locker über den eigenen Finanzstatus plaudern? Gütiger Himmel! Selbst guten Freunden gegenüber wird man ganz schmallippig, wenn es um die Höhe des Gehalts oder des Ersparten geht.
Als würde sich das Bankkonto bei Erwähnung gegenüber Dritten selbst auflösen. Dasselbe bei Immobilien. Über die absurd hohen Preise kann man sich wunderbar gemeinschaftlich ereifern – sobald es darum geht, bis zu welchem Kaufpreis man gehen könnte, müssen alle ganz schnell los.
Immobilienmarkt: Über Geld spricht man nicht
Der Hamburger Immobilienmarkt kann natürlich noch absurder. So werden immer wieder Häuser und Wohnungen zum Verkauf angeboten – aber nicht verraten, zu welchem Preis. Zumindest erfährt ihn nicht jeder. Sondern nur die, die genug Geld haben, um nicht darüber sprechen zu müssen. Das Gute an so einem „Secret Sale“ ist nur, dass man die Summe ohnehin lieber nicht wissen will.
Den Zusatz „Preis auf Anfrage“ findet man beispielsweise gerne bei Anzeigen von Immobilien in Rotherbaum, Winterhude oder Nienstedten. Da weiß man ja ohnehin schon, dass man sich derartige Objekte in diesem Leben nicht mehr leisten kann. Doch eine sogenannte „diskrete Vermarktung“ bei einem Haus in Wedel? Das ist eher ungewöhnlich.
Erschreckende Preise auf dem Immobilienmarkt
Gut, hier haben wir die Elbnähe, es gibt einen Yachthafen, einen angesagten Beachclub und einige noble Neubauprojekte, Wedel ist super angebunden, ja fast noch Hamburg – das merkt man auch an den Immobilienpreisen. Weshalb die Anzeige zu diesem Objekt auch selbstbewusst überschrieben ist mit: „Edel in Wedel“.
Trotzdem, wir sprechen hier immer noch von einer Kleinstadt im Kreis Pinneberg. Also, wie schlimm kann so ein Preis auf Anfrage schon sein? „Tja“, sagt die Maklerin am Telefon, „Sie brauchen jetzt wohl erst einmal einen Schnaps.“
Der Traum vom Einfamilienhaus
In der Tat hätte ich den gerne genommen, zunächst serviere ich aber lieber einmal die Fakten zu dem angebotenen Einfamilienhaus: 150 Quadratmeter Wohnfläche, 720 Quadratmeter Grundstück, typischer Gelbklinker, Baujahr 1968. Vor zehn Jahren wurde alles einmal modernisiert und das Souterrain zum Teil ausgebaut, was natürlich etwas gekostet haben mag, nun vor allem aber als „exklusiv und modern“ verkauft werden soll.
Zugegeben, ein hauseigener Brunnen und eine frei stehende Badewanne kann man durchaus so anpreisen. Ob 3-D-Licht-Paneele an den Zimmerdecken, eine Designertreppe und Zierbüsche im Garten der letzte Schrei sind oder einfach nur zum Schreien, ist natürlich Geschmacksache. Über die Exklusivität eines „lichtdurchfluteten Empfangsbereichs mit einer Garderobe“ sowie von bodentiefen Fenstern, Heizkörpern im Untergeschoss und Laminat im Obergeschoss darf man sich aber zumindest streiten. Und nein, es gibt auch keinen Elbblick.
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Fragen kostet (noch) nichts
Also Anruf bei der zuständigen Maklerin, zumindest nach dem Preis zu fragen, kostet ja nichts. Wird aber direkt mit einer Gegenfrage gekontert: „Was wären Sie denn bereit zu zahlen?“
Das ist doch mal „diskret“: Der potenzielle Käufer soll die Hosen runterlassen, während der Verkäufer sich in Schweigen hüllt. „Der Eigentümer möchte es so“, wird noch entschuldigend nachgeschoben, wobei man sich nun umso mehr fragt, was dieser eigentlich vor wem verstecken möchte. Hat er Sorge, dass Bekannte über die Annonce stolpern und ihm einen erfolgreichen Verkauf neiden könnten? Darf niemand erfahren, wofür er das Geld braucht? Welches Geheimnis steckt hinter dem „Secret Sale“?
Hamburgs Immobilienmarkt: Frustrierend
Schön wäre, der Anbieter fände seine Preisvorstellung selbst so überzogen, dass es ihm zu peinlich ist, diese zu nennen. Ist aber natürlich nicht so. Vielmehr handelt es sich um eine Art Testballon: Mal gucken, wie hoch man fliegen kann.
Wie viel das Haus denn nun kosten sollte? Okay, ich verrate es Ihnen, aber schenken Sie sich besser auch schon mal einen ein. Den edlen Gelbklinker gibt es für 1,8 Millionen Euro. Und jetzt möchte ich bitte nie mehr darüber sprechen.