Pinneberg. Von bereits bestehendem Vertrag ist plötzlich nicht mehr die Rede. Warum Politiker das Vorgehen der Stadt Pinneberg kritisieren.
Es schien so, als sei bereits alles unter Dach und Fach: 360 Wohneinheiten sollten auf dem Gelände der ehemaligen Ilo-Motorenwerke in Pinneberg gebaut werden, davon 30 Prozent – später 25 Prozent – Sozialwohnungen. Das war in einem sogenannten städtebaulichen Vertrag zwischen Investor und Stadt festgeschrieben worden. Doch davon ist nun nicht mehr die Rede: Durch den Weiterverkauf des Grundstücks an die beiden Investoren Aug. Prien und Rockstone Real Estate sollen auf dem historischen Areal in bester Lage nun plötzlich weit mehr Wohnungen errichtet werden. Darüber haben die Politiker während der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungs-Ausschusses intensiv diskutiert.
Ilo-Park: Mehr als 400 Wohnungen für Pinneberg geplant
Bauamtsleiter Klaus Stieghorst hatte die Veränderungen in puncto Ilo-Park auf Anfrage des Abendblatts noch im Detail beantwortet, bevor er Anfang Januar in den Ruhestand ging. Die Kernaussage: „Bisher genehmigt beziehungsweise beantragt sind im Bereich des Bebauungsplanes 149 derzeit 439 Wohneinheiten. Für eine weitere Fläche steht der Bauantrag noch aus.“ Das dürfte besonders die Fraktion der Grünen & Unabhängigen auf die Palme treiben. Ratsherr Manfred Stache hat bereits umfangreiche Fragen an die Verwaltung gestellt.
Die Firma Aug. Prien bestätigt indes, dass sie auf dem Areal an der Mühlenau 211 Wohnungen bauen möchte. Das Unternehmen Rockstone Real Estate hält sich dagegen mit genauen Angaben bedeckt, annonciert die damit zusammenhängenden Projekte (Parkhaus, Bürogebäude, Wohnungen) aber mit großen Visualisierungen auf der eigenen Website.
Ilo-Park: Wurde die Stadt Pinneberg über den Tisch gezogen?
Eine Frage, die sich nun viele Politiker stellen: Wie kann es sein, dass sich die Zahl der genehmigten Wohnungen erhöht hat? Wurde die Stadt von den Investoren über den Tisch gezogen? SPD-Ratsherr Reinhard Matthies sieht das Problem in dem städtebaulichen Vertrag, der, so Matthies, offensichtlich das Papier nicht wert sei, auf dem es stehe: „Ich erwarte von der Verwaltung, dass wir wasserdichte Verträge bekommen, die sich nicht in Luft auflösen“, schimpft er. Die Frage sei nun, wie in Zukunft ein städtebaulicher Vertrag so gestaltet werden könne, „dass das, was wir wollen, auch wirklich stattfindet?“, wettert der Sozialdemokrat.
Ratsherr Manfred Stache (Grüne & Unabhängige) schließt sich etwas moderater an: „Wir müssen über das Problem reden. Haben wir überhaupt noch irgendwelche Gestaltungsmöglichkeiten? Und was sagt die Justiziarin der Stadt dazu? Wie viele Wohnungen werden noch obendrauf kommen? Diese Fragen möchten wir geklärt haben!“ Carl-Eric Pudor (CDU), Vorsitzender des Ausschusses, spricht sich dafür aus, alle aufkommenden Fragen gesammelt an die Verwaltung zu schicken, damit sie schriftlich beantwortet werden.
Wohnungen in Pinneberg notwendig in Bahnhofsnähe
Da die neue Bauamtsleiterin Anja Epper erst im Spätsommer die Nachfolge von Klaus Stieghorst antritt und weder Bürgermeisterin Urte Steinberg noch Klaus Krämer aus dem Bauamt Fragen im Ausschuss beantworten konnten, tappen die Politiker zurzeit im Dunkeln. So interessiert Manfred Stache vor allem, ob mit der gestiegenen Anzahl der genehmigten Wohnungen auch die Zahl der sozial geförderten Wohnungen gestiegen sei.
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Der mittlerweile ehemalige Pinneberger Bauamtsleiter Klaus Stieghorst bezeichnete das Ilo-Projekt zuletzt als großen Erfolg: Dass mehr Wohnungen als ursprünglich geplant errichtet werden sollen, sei mit dem städtebaulichen Vertrag, dem Bebauungsplan und den vorgegebenen Flächenbudgets vereinbar. Denn würden innerhalb der vorgegebenen Flächen mehr kleinere Wohneinheiten errichtet, sei das unproblematisch, solange die zulässigen Flächen zum Wohnen eben nicht überschritten würden.
Im Übrigen wies Stieghorst auf die im Sinne des Klimaschutzes gute Lage des Baugebiets hin: „Es hilft der Verkehrsvermeidung, wenn notwendiger Wohnungsbau direkt am Bahnhof entsteht und damit mehr Menschen die Nutzung von Bahn und Bus ermöglicht wird.“