Pinneberg. Warum ist der Sonnabend-Wochenmarkt immer noch nicht umgezogen? Soll er das überhaupt noch? Und falls nein: Warum nicht?

Obgleich die deutschen Wochenmärkte noch immer sehr beliebt sind bei denen, die sie besuchen, verlieren sie tendenziell Kundschaft und Beschicker. Trotz Klima- und Nachhaltigkeitsdiskussion haben es die regionalen Bauern und Händler nämlich schwer, gegen die Angebote in Supermärkten und im Internet und die Dumpingpreise der Discounter zu bestehen und die nächste Generation für das anstrengende, familienfeindliche Markthändlerleben zu begeistern.

Jetzt, da in Pinneberg auch noch der Streit um den Biergarten entbrannt ist, sorgt sich Manfred Stache (Grüne & Unabhängige) um den Fortbestand des Wochenmarktes. Der Marktstandort Pinneberg werde durch Unsicherheit weiter geschwächt: „Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass es ein kapitaler Fehler war, den vielen, vielen Warnungen zum Trotz einen gut funktionierenden, großen Markt der Attraktivitätssteigerung der Innenstadt zu opfern“, sagt Stache.

Weniger die Markthändler als den Einzelhandel in der Innenstadt hatten die Pinneberger Politiker nämlich vor Augen gehabt, als sie vor Jahren beschlossen, den Sonnabend-Wochenmarkt vom großen Marktplatz mit vielen Parkplätzen hinter McDonald’s vor die Drostei zu verlegen. Lange Zeit ist allerdings nichts Konkretes passiert. Auch der Ankündigung, der Markt solle im Januar dieses Jahres umziehen, folgten keine Taten.

Sogar die Älteren erinnern sich an den Beginn der Umzugsdebatte

Tatsächlich hat diese unendliche Markt-Geschichte vor viel, viel längerer Zeit begonnen. Sönke Breckwoldt hat mit 19 Jahren angefangen, auf den Märkten Blumen, Stauden und Gehölze zu verkaufen, und schon damals, vor 37 Jahren, sollte der Markt umziehen. Heute ist Breckwoldt 56 Jahre alt. „Damals waren wir einfach zu viele, um verlegt zu werden. Ungefähr 80 Händler. Und was haben die von der Stadt gemacht? Einfach keine neuen Händler mehr zugelassen!“ Inzwischen sei der Pinneberger Sonnabend-Wochenmarkt auf rund 30 Händler geschrumpft. Die nächste Generation, die habe keine Lust mehr auf Wochenmarkt.

Obwohl Sönke Breckwoldt nicht mehr selbst auf den Märkten verkauft, steht er sechs Tage die Woche nachts um halb drei auf, um zum Großmarkt zu fahren und die grüne Waren heranzuholen. Ein hartes Leben: „Um halb fünf fangen meine Jungs an, den Wagen zu bepacken. Das geht nämlich nicht abends, weil die Wagen im Sommer zu warm werden.“ Vom Umzug hat Breckwoldt seit geraumer Zeit „gar nichts mehr gehört. Das ist wohl im Sande verlaufen.“

Händler kritisieren: Markt fällt zu oft aus

Die Biergarten-Idee von Jens Stacklies fand er gar nicht schlecht, einziges Manko sei doch der Platzmangel. „Wir leben von den Markt-Einnahmen. Ich zahle Steuern, und dann müssen wir den Markt dauernd ausfallen lassen. Wegen Jazzfest, wegen der ganzen Events.“ Das gefällt ihm nicht: „Die Marktleute wollen da bleiben, wo sie sind, denn da können sie überleben. Und die Kunden wollen auch nicht, dass sich was ändert, denn sonnabends kaufen sie oft kistenweise auf Vorrat ein und laden ihre Einkäufe gleich nebenan ins Auto.“ Die älteren Leute gingen nicht ins Parkhaus, „das ist denen zu eng da“, weiß er aus Erfahrung. Für den Sonnabend-Einkauf auf dem Drosteiplatz gebe es deshalb einfach nicht genügend Parkplätze.

Die FDP hat von Anfang an gegen die Verlegung des Wochenmarktes gestimmt. Dass bis jetzt nichts passiert, „da sind wir nicht böse drum“, sagt FDP-Chef Werner Mende. Im Gegenteil ist er dafür, den jetzigen Marktplatz aufzubereiten, um ihn wieder für mehr Händler attraktiv zu machen und in diesem Zuge vielleicht eine kleine Fußgängerbrücke über die Pinnau in die City zu bauen, „damit er dann in der ganzen Region bekannt wird“. Die SPD will dagegen den Umzug, aber „die Verwaltung kommt einfach nicht zu Potte“, sagt Gerhard Thomssen (SPD). Es müsse noch mal eine Vorlage verfasst werden, das sei ein Grund für den Stillstand, sagt sein Fraktionskollege, der passionierte Marktkunde Reinhard Matthies.

Zuständiger Rathaus-Mitarbeiter ist gerade im Urlaub

In der Verwaltung ist niemandem bekannt, dass die Verlegung des Sonnabend-Marktes auch einige Gegner hat: „Unserer Kenntnis nach sind alle Marktbeschicker mit der Verlegung einverstanden“, sagt Stadtsprecherin Maren Uschkurat. Warum es nicht vorwärts geht mit der Umsetzung, beantwortet sie so: „Es haben sich in den letzten Monaten noch weitere Bedarfe ergeben, für die derzeit nach Lösungen gesucht wird. Aufgrund der Corona-Pandemie hat sich auch hier einiges verzögert, der federführende Mitarbeiter wird sich nach seinem Urlaub weiter um diese Thematik kümmern.“

„Nach dem, was ich gehört habe, müssen wir über die Verlegung noch mal politisch beschließen“, sagt auch Carl-Eric Pudor (CDU), Leiter des Stadtentwicklungsausschusses. „Es soll Probleme mit der Aufstellung der Feuerwehr und mit Stromanschlüssen geben.“

Die Grünen & Unabhängigen haben jetzt einen Antrag entworfen, über den sie am 22. September im Stadtentwicklungsausschuss fraktionsübergreifend diskutieren wollen. Darin schlagen sie vor, die Verwaltung zu beauftragen, mit den Marktbeschickern feste Vereinbarungen zu treffen, was Einschränkungen für den Marktbetrieb durch Veranstaltungen auf dem Drosteiplatz betrifft.

Um dem Markt den Rücken zu stärken, lautet der erste Punkt: „Den Markt-Beschickerinnen und -beschickern wird vertraglich zugesichert, dass der Drosteiplatz an Markttagen (Dienstag, Donnerstag, Sonnabend) in Gänze zur Verfügung steht.“ Ausnahme sei der Weihnachtsmarkt. „Drei Events sind darüber hinaus die Oberkante“, sagt Stache. Solle ein weiteres dazukommen, müssten entweder Jazzfest, Kleinkunstfestival oder Weinfest ausfallen. Und bei der Verteilung der Wochenmarktstände in der Innenstadt sollten die Markthändler mit starker Stimme mitreden.