Pinneberg. Nach Kritik der Gastronomen: Markthändler klagen über schlechte Information der Stadt und fühlen sich an den Rand gedrängt.
Überrumpelt und an den Rand gedrängt: Knapp eine Woche nach Eröffnung des Pinneberger Biergartens melden sich nach den Gastronomen nun auch die Markthändler zu Wort. Ihre Kritik an dem Projekt ist eine ähnliche.
Marco Schuh zum Beispiel steht seit 31 Jahren auf dem Pinneberger Wochenmarkt: „Ich fühle mich verpflichtet, die Dinge jetzt in die Hand zu nehmen“, sagt der Kurzwarenhändler. Der Glückstädter ist, so wie viele andere Händler auch, verärgert wegen des Biergartens. Er sei „ohne viel Info einfach genehmigt“ worden. Auch findet er es nicht in Ordnung, dass ein auswärtiger Gastronom nun den örtlichen Restaurants das Geschäft streitig mache. Seine größte Befürchtung ist aber, dass der Biergarten der Anfang einer Veranstaltungswelle sei, im Zuge derer die Händler noch öfters umziehen müssten. „Es gibt ja immer schon eine Marktverlegung während des Weihnachtsmarktes für fünf Wochen und während des Jazzfestivals“, sagt Schuh. Das sei auch alles akzeptabel, aber weitere Verlegungen möchte der Markthändler nicht hinnehmen. Noch dazu ärgert ihn, dass die Beschicker eben nicht nach ihrer Meinung gefragt worden seien.
So denkt auch Sabine Stahl aus Haseldorf, die gemeinsam mit ihrem Mann Heino einen Obststand auf dem Wochenmarkt betreibt: „Ich finde das auch nicht gut.“ Sie seien als Markthändler natürlich vom Biergarten betroffen. Genauso wie Schuh stört Stahl, dass durch den Biergarten einige Marktstände von ihren Plätzen weichen mussten: „Die Kunden finden einen teilweise gar nicht mehr, oder fragen sich, ob wir überhaupt noch da sind.“ Und wenn man die jetzige Situation betrachte, sei es auch nicht nachvollziehbar. „Wegen der Corona-Krise wird in Hamburg alles dichtgemacht.“ Und in Pinneberg sei ein Biergarten für theoretisch viele Menschen und mit Alkoholausschank entstanden.
Händler hat einen Brief an die Bürgermeisterin geschickt
Apropos Corona: Der Markt sei sowieso schon auseinandergezogen worden, so Schuh. Durch den Biergarten seien weitere drei bis vier Marktstände an den Rand des Platzes gerückt. Zwar wüssten die Kunden meistens, wo sie zu finden seien, aber: „Es geht ums Prinzip“, meint Schuh, „Das sind Marktflächen und keine Veranstaltungsflächen.“ Die Veranstaltungen könnten ja gern stattfinden, aber nicht auf der Marktfläche. „Es gibt doch genug Ausweichflächen, die Wiese hinter der Drostei zum Beispiel oder den Lindenplatz“, meint der Markthändler.
Nun hat Schuh ein Schreiben unter anderem an Bürgermeisterin Urte Steinberg und das Stadtmarketing geschickt. In seinem Brief fordert er unter anderem, dass weitere Veranstaltungen jeglicher Art in Zukunft nicht mehr auf der Marktfläche vor der Drostei stattfinden sollen.
Wie berichtet, ist seit vergangenem Freitag ein Biergarten mit bis zu 250 Plätzen auf dem Drosteiplatz aufgebaut. Der Unternehmer Jens Stacklies hat ihn gemeinsam mit Sponsoren, darunter die Stadtwerke-Tochter Pinnau.com, auf die Beine gestellt. Er ist noch bis zum 6. September jeden Tag von 12 bis 22 Uhr geöffnet. Das Angebot reicht von deftigen Spareribs bis hin zu Softeis und Waffeln.
Infolge eines Kommunikationsfehlers keimte schon kurz nach der Eröffnung Unmut bei den umliegenden Gastronomen auf. Sie kritisierten, dass das Biergartenprojekt nicht rechtzeitig mit ihnen abgesprochen worden sei und auch das Speiseangebot sich teilweise überschneide. Vor allem die Aussage Stacklies’, man habe das Angebot mit den Gastronomen abgesprochen, sorgte für Aufregung. Dies sei ganz klar nicht der Fall gewesen, so die Reaktion mehrerer Gastronomen.
Bei der Eröffnung des Biergartens am vorigen Freitag sprach Stacklies das Thema dann auch noch einmal an: „Wir werden das nächste Mal kommunikativer sein“. Um die Gastronomen zu besänftigen, hänge man auch ein Plakat an den Eingang des Biergartens, auf dem die umliegenden Restaurants angezeigt werden. Diesen Kompromiss hatte Sönke Hilmer von Pinnau.com angeregt und mit den Gastronomen besprochen. Bei ihnen hat sich mit diesem Angebot die Lage vorerst wieder beruhigt.