Elmshorn. Der “Homburger Veermaster“ ist zurück in Hamburg. Kapitän Jürgen Jürs begründete einst den legendären Ruf des Schiffs.

Die Kapitänsmütze locker auf dem Kopf, ein breites Grinsen im von Seemannsabenteuern gezeichneten Gesicht. Dazu eine Pfeife im „Snabel“, wie man in diesen Breiten sagt, der von einem rauen Bart umgeben ist. So muss man sich Kapitän Jürgen Jürs vorstellen, der einst die „Peking“ steuerte.

Jenen legendären Flying-P Liner, der seinerzeit für seine Schnelligkeit bekannt war, und am Montag frisch restauriert und unter großem Jubel nach 88 Jahren wieder in Hamburg eingelaufen ist. Aber wer war dieser Elmshorner, der den „Homburger Veermaster“ durch die Weltmeere steuerte, überhaupt?

Max Jürgen Heinrich Jürs wird im August 1881 in Elmshorn geboren, er gehört einer alten Seglerfamilie an. Sein Werdegang ist damit gewissermaßen vorgezeichnet, wie Abendblatt-Autor Matthias Gretzschel erzählt. Auch er hat sich mit diesem legendären Seemann beschäftigt. Bei den Arbeiten zu seinem Buch „Peking - Schicksal und Wiedergeburt eines legendären Hamburger Segelschiffes“ begegnete ihm naturgemäß auch immer wieder Kapitän Jürgen Jürs.

Jürs war schon aufgrund seiner Statur eine Respektsperson

Wenn er Jürgen Jürs beschreiben solle, müsse er an das Lied „Around the Wild Cape Horn“ des Folksängers Ralph McTell denken, in dem es heißt: „Our skipper’s name was Jervis, well i never met a man like him. He pulled two man out from the sea, by the hair, in a raging storm. And he kept that grip on the sailing ship.“ Ein grober Kapitän sei er wohl gewesen, dieser Jürs.

Er gab klare Anweisungen, um seine Crew zusammen- und nicht zuletzt am Leben zu halten. Mit fast 1,90 Meter und 120 Kilogramm war er schon qua Statur eine Respektsperson, „versehen mit den riesigsten Pranken, die ich jemals gesehen hatte“, schrieb Irving Johnson.

Johnson, einst Crewmitglied unter Jürs, beschreibt seinen Kapitän in seinem Tagebuch als „das Urbild eines verknitterten, bellenden, mit allen Wassern gewaschenen Seebären“. Die Aufzeichnungen wurden 2018 vom Elmshorner Morten Planer ins Deutsche übersetzt. Darin hält Johnson über seinen Vorgesetzten fest: „Der Kapitän bot ein großartiges Schauspiel, wenn er laut rufend, fürchterlich fluchend und armwedelnd über Deck stampfte“.

Jürs auf der "Peking": Er brüllte, und er verteilte Weihnachtskekse

Dabei spiegelte Jürs wohl auch die rauen Bedingungen, denn im Tagebuch wird eindrücklich die Brutalität der Seefahrt geschildert, die keine Gnade walten lässt, wenn bei Kälte, Nässe und Orkanböen nicht selten ein Kampf um Leben und Tod geführt wurde. Jürgen Jürs wurde seiner Aufgabe als Kapitän auf spezielle Art gerecht, wenn er aus heutiger Sicht zu ziemlich arbeitnehmerunfreundlichen Mitteln griff und seine Crew in Grund und Boden brüllte.

Die "Peking" ist zurück im Hamburger Hafen:

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Die "Peking" ist zurück im Hamburger Hafen

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    Doch mit einer solch klaren Haltung soll Jürs immerhin 66-mal die berüchtigteste Passage der Seefahrt überhaupt umsegelt haben – Kap Hoorn an der Südspitze Südamerikas. Allein 50-mal glückte ihm dieser Ritt über Wellen und oft tosende Stürme als Kapitän. Und zwar nicht nur mit der „Peking“, sondern auch mit anderen der berühmten Flying-P-Linern der Reederei F. Laeiz, unter anderem mit der „Preussen“, der „Padua“ und der „Priwall“. Kurzum: Kapitän Jürs beherrschte sein Handwerk, was ihm offenbar zu einer stählernen Furchtlosigkeit verhalf.

    Informationen zur "Peking":

    • Schiffstyp: Frachtsegler
    • Länge über alles: 115 Meter / Breite 14,40 Meter / Tiefgang max. 7,24 Meter
    • Takelagetyp: Viermastbark
    • Masthöhe: 62 Meter (über Kiel) / 51 Meter (über Deck) / 54 Meter (über Wasserlinie)
    • Segelfläche: 4100 m²
    • Geschwindigkeit: max. 17 Knoten (31 km/h)
    • Besatzung: 31 Mann plus 43 Seeoffiziersanwärter
    • Indienststellung: 16. Mai 1911
    • Heimathafen: Hamburg
    • Bauwerft: Blohm & Voss

    Aber nicht nur sein harter Führungsstil war ein Charakterzug des Elmshorners. Der Seemann soll durchaus auch sanfte Seiten gehabt haben. Johnson beschreibt in seinem Tagebuch auch, wie der Kapitän 1000-fach Weihnachtskekse an seine Crew verteilte und in seiner Kajüte liebevoll zahlreiche Pflanzen pflegte. Harte Schale, weicher Kern. So könnte man Jürs wohl auch beschreiben.

    Jürs starb an Land – in seiner Heimatstadt

    Im Mai 1920 heiratete der Kapitän in Süderhastedt Emma Maria Dethmann. Doch auch danach war er wohl eher selten zu Hause, denn seinen Beruf als Seemann, der die Weltmeere durchquerte, übte Jürgen Jürs bis zu seinem Tod aus. Dennoch starb er nicht auf See, sondern im Alter von 64 Jahren am 20. Dezember 1945 an einem Gehirnschlag in seiner Heimatstadt Elmshorn.

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    Doch der legendäre Kapitän sollte nicht in Vergessenheit geraten. Bis heute besuchen alte Crewmitglieder seinen Enkel Eiko Behrens in Elmshorn und erzählen von ihm. Auch Carsten Petersen, der eine Biographie über den Elmshorner Seemann schrieb, setzte sich für das Gedenken ein. Dank ihm gibt es heute die Käpten-Jürs Brücke in Elmshorn. Abendblatt-Autor Gretzschel aus Prisdorf meint zu Recht: „Jürs war einer der bedeutendsten Kapitäne seiner Zeit.“

    Das Buch zum Schiff

    Der Hamburger Buchautor Matthias Gretzschel, langjähriger Redakteur des Abendblatts, hat die wechselvolle Geschichte der „Peking“ akribisch rekonstruiert und damit auch einen Beitrag zur Historie der Reederei F. Laeisz geleistet. Auf 160 Seiten erzählt er anschaulich und mit stetem Blick auf die Zeitgeschichte, wie der 115 Meter lange schnelle Frachtsegler Fahrt über die Weltmeere und durch die Zeitläufte aufnahm.

    Er beschreibt auch, wie sie gerettet und für Hamburg gesichert werden konnte, nachdem ihr Schicksal schon besiegelt schien. Der Leser kann gedanklich beim Transport der „Peking“ von New York über den „Großen Teich“ in die Werft nach Wewelsfleth dabei sein.

    Erschienen ist das Werk bei Koehler in Hamburg in Kooperation mit dem Abendblatt (29,95 Euro). Es ist auch erhältlich in der Abendblatt-Geschäftsstelle und auf abendblatt.de/shop.