Wedel. Der Umweltsenator kündigt im Fall des Wedeler Heizkraftwerkes „Kulanz und Offenheit“ an, doch die Anwohner spüren davon nichts.

„Mehr Kulanz und Offenheit“ beim Thema Schadstoffe aus dem Schornstein des Kohlekraftwerks Wedel: Was Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) aus Hamburg am Donnerstag vergangener Woche bei einer Infoveranstaltung in Rissen angekündigt haben, lässt die Nachbarn der betagten Anlage aufhorchen. Beklagen sie doch schon lange ätzenden Partikelregen, der unter anderem Autolack zerstört. Alteigentümer Vattenfall ist für derlei Schäden zuletzt nicht mehr aufgekommen.

Geht Hamburg, seit dem vollzogenen Netzrückkauf in der Verantwortung, nun anders mit dem Problem um? Eine am Montag an einen Kraftwerks-Nachbarn verschickte E-Mail aus dem Hause Wärme Hamburg GmbH – so heißt der nunmehr städtische Kraftwerksbetreiber – weckt Zweifel daran.

Wörtlich heißt es: „Wir haben Ihre Meldung erhalten. Unter Berücksichtigung der uns vorliegenden Erkenntnisse zu den Partikelemissionen des HKW Wedel, unter anderem aufgrund der ausführlichen Gutachten und Untersuchungen, müssen wir davon ausgehen, dass eine Schädigung durch Partikelniederschläge aus dem Kraftwerk ausgeschlossen ist.“ Kerstin Lueckow, Sprecherin der Wedeler Bürgerinitiative, ärgert sich darüber. „Das sind dieselben Textbausteine, die schon Vattenfall verwendet hat.“

Hinzu kommt, dass ein von der Aufsichtsbehörde LLUR in Auftrag gegebenes Gutachten jüngst doch eine ätzende Wirkung eingesammelter Partikelproben bestätigt hat. Dienstherr des LLUR ist Kerstans Parteifreund und schleswig-holsteinischer Amtskollege Jan Philipp Albrecht. Dessen Büro hat Kerstin Lueckow indes aufgefordert, es bei Schriftwechseln „nicht per se zu beteiligen“.

Es ist eine spannende Konstellation: Auf der einen Seite der Landesgrenze Jens Kerstan, Aufsichtsratsvorsitzender der Wärme Hamburg GmbH, der mit einem Weiterbetrieb des Kraftwerks bis 2023 plant und ganz nebenbei so langsam im Wahlkampfmodus läuft. Auf der anderen Seite Parteifreund Albrecht, der ihm als Chef der Aufsichtsbehörde notfalls in die Parade fahren müsste.