Wedel/Hamburg. Abschaltung des Heizkraftwerks war für 2022 geplant. Doch Laufzeitverlängerung nach Übernahme durch Stadt Hamburg.

Erst hieß es 2017, dann 2022, jetzt soll erst in fünf Jahren Schluss sein. Das überalterte und von Anwohnern als „ätzende Partikelschleuder“ bezeichnete Heizkraftwerk Wedel wird mit der Heizperiode der Jahre 2024/25 vom Netz gehen. Das kündigte Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) am Freitag in Hamburg an. Kompensiert werden soll die Stilllegung mit einem Gaskraftwerk südlich der Elbe und klimaneutrale Wärme aus unterschiedlichen Quellen. Nach der Übernahme der Wärmeversorgung durch die Stadt Hamburg will die vom grünen Senator geführte Behörde bis 2030 komplett aus der Kohle aussteigen, so wie es in der Hansestadt gesetzlich vorgeschrieben ist.

Damit verzögert sich die lange geplante Stilllegung des Meilers abermals. Robert Habeck (Grüne) hatte noch als Schleswig-Holsteins Energiewendeminister dem Abendblatt gesagt, die politische Position der Grünen lautet: „So schnell wie möglich abschalten.“ Hamburg lehnte seinerzeit eine Schließung noch ab. Im aktuellen schleswig-holsteinischen Koalitionsvertrag von CDU, FDP und Grünen widmeten sich die Parteien dann auf 16 Seiten den Themen „Klimaschutz und Energiewende“. Darin hieß es dann, die Jamaika-Koalition will das Steinkohleheizkraftwerk Wedel noch in dieser Legislaturperiode stilllegen, also spätestens bis 2022. Nun verzögert sich die Abschaltung des Meilers noch mal um drei Jahre.

Bekanntlich versorgt das Kraftwerk etwa 150.000 Wohneinheiten in Hamburg mit Fernwärme. Anwohner klagen seit 2015 über Rußpartikel, die in Wedel Autos, Terrassen und Wege beschmutzen und für etliche Ätzschäden verantwortlich sein sollen. Die neueste Untersuchung dieser Partikel legte das nahe. Vattenfall als alter Betreiber und auch die Stadt Hamburg als neuer Eigentümer lehnen aber bisher jeglichen Schadensersatz ab. Zudem ist das Kraftwerk seit Jahren einer der größten Kohlendioxidproduzenten in Schleswig-Holstein.

Der Wedel-Ersatzbedarf an Wärme für Hamburg soll nach der Abschaltung des Kraftwerks zu 55 Prozent aus klimaneutraler Wärme gedeckt werden, vor allem aus industrieller Abwärme und Müllverwertung. Die Investitionen dafür bezifferte Hamburgs Umweltsenator auf 550 Millionen Euro für das neue Gaskraftwerk nebst Speicher und den Leitungen, mit denen die südlich der Elbe erzeugte Wärme in den Hamburger Westen gebracht wird. Dazu kommen weitere 200 Millionen Euro an Investitionen in Kooperation mit anderen Unternehmen. Bis 2030 soll auch das Kraftwerk Tiefstack kohlefrei werden.