Tornesch . Christa Schade weiß, was Bienen mögen. In ihrem Garten finden sie alles, was sie brauchen. Dafür bekam sie den Tornescher Umweltpreis.
Das Bienen- und Insektensterben ist in aller Munde. Wer aktiv etwas dagegen tun möchte, sollte jetzt Krokusse, Schneeglöckchen oder Narzissen in die Erde bringen. „Diese Frühblüher sind für früh fliegende Insekten überlebensnotwendig und müssen jetzt im Herbst gesetzt werden“, sagt Christa Schade. Die 70-Jährige muss es wissen, denn sie hat erst kürzlich den Tornescher Umweltpreis gewonnen. Thema: insektenfreundlichester Garten. Durch die Auszeichnung möchte der Umweltausschuss einer Verkieselung und Versteinerung der Gärten entgegenwirken. An zwei Terminen haben Vertreter aus Politik und Verwaltung die Gärten der Bewerber begutachtet. Und kamen zum Ergebnis, dass Schades Garten der insektenfreundlichste ist. Die Begründung der Jury: „Wir waren sehr überrascht, was auch in einem so kleinen Garten alles für Insekten getan werden kann.“
Auf 40 Quadratmeter Fläche lässt sich vieles umsetzen
Tatsächlich misst Schades Garten gerade mal 40 Quadratmeter, und auf den ersten Blick ist er auch eher unauffällig. Bei genauerer Betrachtung gibt es aber viel zu entdecken. Die vielen Details machen das Gärtchen zum Paradies für Bienen, Schmetterlinge und sonstige Nützlinge. „Oft wird unterschätzt, dass Insekten ein wesentlicher Bestandteil im Gleichgewicht der Natur sind“, sagt Schade. Die Nützlinge bestäuben Pflanzen und dienen anderen Tieren, etwa Vögeln, als Nahrung.
Laut Nabu sind in den vergangenen 15 Jahren die Bestände der heimischen Insekten um mehr als 80 Prozent zurückgegangen. Der Einsatz von Pestiziden und die fortschreitende Verarmung der Landschaft machten es vielen Arten schwer, noch ausreichend Nahrung zu finden. Gärten gehörten daher zu ihren letzten Refugien. „Immer mehr Menschen haben Steingärten – da ist kein Platz für Insekten“, sagt Schade.
So fühlen sich Insekten im Garten wohl
Als sie ihr Reihenmittelhaus in Tornesch vor zweieinhalb Jahren erwarb, war es ihr wichtig, den kleinen Nützlingen einen geeigneten Lebensraum zu bieten. „Das ist auch in einem kleinen Garten möglich“, sagt sie. Auf den ersten Blick kaum zu erkennen, finden sich in ihrem Garten beispielsweise etliche Insektenhotels. Das sind künstlich geschaffene Nist- und Überwinterungshilfen für Insekten. In Schades Fall meist kleine, kreative Einzelbauten aus Holz, in die Löcher gebohrt wurden. Ein besonders großes ist speziell für Wildbienen angelegt. „Solitärbienen haben außerordentlich große Wohnungsnot“, sagt Schade und zeigt auf die bereits verschlossenen Löcher im Holzhotel: „Da sind schon Eier drin.“
Die Bienen haben ihre Brut mit etwas Pollen in den Löchern abgelegt. Aus dem Ei schlüpft zuerst eine Made, die dann im Frühjahr zur Biene wird und ihr Nest verlässt. Neben den Insektenhotels finden sich auch Nistkästen im Gehölz. Einen abgestorbenen Mandelbaum lässt Schade einfach stehen. „Das tote Holz ist ein hervorragender Nistplatz für Insekten“, sagt die ehemalige Krankenschwester.
Über die Nützlinge und speziell über Bienen hat Schade viel von ihrem Mann gelernt. Der ist seit mehr als 30 Jahren Hobbyimker und hat rund 25 Bienenstöcke in der Region, von denen er mit Wachs für die heimische Kerzenproduktion und Honig versorgt wird. Im Frühjahr und Sommer steht im Garten auch ein Bienenschaukasten mit Glaswänden, um ein Volk beobachten und mehr über die Hautflügler lernen zu können.
Hummeln brauchen ständig etwas zu essen
Auch an den dicken Freund der Biene hat Schade gedacht: „Das hier ist Beinwell – der ist besonders gut für Hummeln“, sagt sie und zeigt auf eine Pflanze. Das Raublattgewächs bietet den langrüssligen Hummeln viel Nahrung. Die zu den echten Bienen gehörende Gattung staatenbildender Insekten benötigt von Frühjahr bis Herbst ein ununterbrochenes Nahrungsangebot, denn schon wenige Tage Hunger können für einen Hummelstaat das Ende bedeuten. Die unentbehrlichen Helfer für den Obst- und Gemüsebau stehen unter Naturschutz. Mehr als die Hälfte der in Deutschland lebenden Arten sind gefährdet.
In Schades Garten finden sie Schutz, Nahrung und auch mehrere Wasserstellen. „Auch Insekten müssen trinken“, sagt Schade. Dafür hat sie mehrere kleine Miniteiche angelegt. Um die wachsen unter anderem Indianernessel, Beinwell und Pfaffenhütchen. Schade kennt den Namen und die Einsatzmöglichkeiten jeder einzelnen Pflanze. Manche Insekten sind auf bestimmte Arten angewiesen, andere sind da nicht so wählerisch. Ein Teil ihres Gartens bietet dabei nicht nur Hummeln, Bienen und Schmetterlingen Nahrung, sondern auch dem Menschen. „Aus den Hibiskusblüten lässt sich Tee machen“, sagt Schade. Auch viele Kräuter wachsen in Schades Garten: Thymian, Salbei, Pfefferminze, Rosmarin, Majoran und viele mehr. Die finden Verwendung in der Küche. Schade erlaubt einem Teil der Kräuter aber auch zu blühen. „Die Blüten sind bei Bienen besonders beliebt“, sagt sie. Da Kräuter zu unterschiedlichen Zeiten blühen, kann sich der Gärtner fast über das ganze Jahr an der Blütenvielfalt und den summenden Besuchern erfreuen.
Seinen Garten insektenfreundlich zu machen erfordert nicht viel Zeit oder Mühe. „Auch die Pflege ist nicht aufwendiger als bei einem normalen Garten“, sagt Schade. Mit etwas totem Holz oder einem kleinen, wilden Abschnitt im Garten könne jeder einen Lebensraum für Insekten schaffen. Schade: „Die Gartenarbeit ist dabei nicht nur gut für Insekten – sondern auch für Körper, Geist und Seele des Gärtners.“