Tornesch. Gegen das Insektensterben: Baumschuler und Landwirtschaftskammmer werben für Gehölze, die auch spät im Jahr noch Nahrung bieten.
Varroamilben und Pestizide machen den Bienen hierzulande gewaltig zu schaffen. Die Artenvielfalt bei Insekten geht seit einigen Jahren bedrohlich zurück, Bienen sterben massenhaft – doch dafür gibt es noch einen weiteren Grund: Sie finden zu wenig Nahrung und kommen nicht mehr über den Winter, weil sie verhungern oder zu geschwächt sind. Honigbienen, denen ihr Honig ja weggenommen wird, aber auch die 570 Wildbienenarten, Käfer, Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlinge treffen mittlerweile auf „ein sehr knappes Nahrungsangebot in unserer ausgeräumten Kulturlandschaft“, stellt der Baumschulbetriebsleiter und studierte Bienenkundler Reinhard Cordts fest. Er und andere Fachleute erklären, wie Garten- und Balkonfreunde schnell etwas daran ändern können.
Ortstermin in Tornesch in der Baumschule Sander, die sich auf Bienengehölze spezialisiert hat. Die Landwirtschaftskammer hat eingeladen. Und Firmenchef Jens Sander hat dafür sogar einen eigenen farbigen Katalog drucken lassen, klärt auf und bietet ein großes Sortiment an.
Wildblumen haben Bienen ab September nichts zu bieten
Wildblumenwiesen als Soforthilfe gegen das Bienensterben sind zwar derzeit in aller Munde. „Doch sind die Bienen auch im zeitigen Frühling und im Herbst auf einen Blütenflor mit ausreichend Pollen angewiesen“, sagt Cordts. Spätestens im September bilden Wildblumen Samen und haben den Bienen nicht mehr viel zu bieten. Dann, aber auch schon vorher kommen Gehölzpflanzen ins Spiel, Sträucher könnte man auch sagen, manche sind aber fast so groß wie Bäume.
Deutschlands private Gärten, stellt Frank Ostermann von der Landwirtschaftskammer fest, „leiden unter Pflanzen- und Naturverarmung“. In vielen Neubaugebieten mit Eigenheimen und berufstätigen Besitzern mit wenig Zeit für Gartenarbeit stehen momentan steinerne Gärten hoch im Kurs, sagt Ostermann: „Ein Kiesbeet mit ein paar Koniferen – das war’s! Rosenbeete – Fehlanzeige!“ Was auch in solchen Gärten den Bienen sofort helfen würde, wären in große Töpfe eingepflanzte Sträucher, die zu unterschiedlichen Zeiten blühen, ungefüllte Rosen (die gefüllten sind für Bienen nutzlos), aber auch Insektenhotels. „Das alles macht wenig Arbeit.“
Auch auf Balkonen und in sehr kleinen Gärten können kleinere Bienennährgehölze gedeihen, und die Rosenzüchter in Schleswig-Holstein reagieren mit neuen, bienenfreundlichen Züchtungen auf das Insektensterben.
Gewusst? Efeu kann auch blühen!
Etliche Sträucher stehen darüber hinaus zur Wahl. Bis in den Oktober ist zum Beispiel der Eibisch für Bienen attraktiv: Über und über mit pollenreichen, großen, oft zweifarbigen Blüten übersät, ist er wochenlang eine Augenweide. Solche Gehölzpflanzen sind auch deshalb sinnvoll, weil sich das Nahrungsangebot für Insekten schon innerhalb eines Jahres durch schnelles Wachstum verdoppeln kann.
Nur wenige wissen, dass auch Efeu blühen kann, insbesondere wenn er schon seit Jahren an einem Baum hinaufklettert. Solch blühender Efeu ist etwas unscheinbar, dafür aber immergrün und für Bienen ein Festmahl. Deshalb wurde der Strauch-Efeu gezüchtet, der bis Ende September blüht. Wer dagegen einen duftenden Sommerflieder im Garten hat, der auch Buddleja heißt und den die Schmetterlinge lieben, kann eine zweite Blühphase erreichen, indem er die abgeblühten Rispen abknipst.
Bis in den November oder sogar Dezember hinein blüht die Winterheide, aber auch der wunderschöne, üppige Zierstrauch mit dem poetischen Namen „Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch“. Anregungen für Gartensträucher, die Bienen ernähren, hat die Baumschule Sander mit ihrem Bienengehölz-Katalog ins Internet gestellt: www.e-sander.de.
Führung „Blütenfaszination im Spätsommer“: So 23.9., 14 Uhr, Gartenbauzentrum Schleswig-Hostein, Thiensen 16, Ellerhoop, 5 Euro