Wedel. Seit 1984 ist Anke Rannegger als Stadtarchivarin der Rolandstadt tätig. Sie hütet zahlreiche Dokumente aus Wedes Stadtgeschichte.

Wer in das Reich von Anke Rannegger möchte, der muss erst einmal hinab in die Tiefen des Wedeler Rathauses. Denn im Keller befindet sich der Arbeitsplatz der städtischen Mitarbeiterin und vor allem befindet sich hier das Gedächtnis der Stadt. Damit ist nicht nur das Wissen der langjährigen Stadtarchivarin gemeint. Sondern im Untergeschoss des Rathauses werden auch zahlreiche Dokumente, Fotografien, Urkunden, Kartenmaterial, Filme und Bücher bewahrt. Die 64 Jahre alte Rannegger ist seit Jahrzehnten ihre Hüterin. Vor nunmehr 34 Jahren übernahm die Verwaltungsfachfrau mit Zusatzausbildungen den Job der Stadtarchivarin.

Wer seine eigene Familiengeschichte erforschen möchte, zu wissenschaftlichen Zwecken in die Geschichte der Stadt eintauchen will oder sich für Heimatkunde oder die Unternehmensgeschichte von Betrieben vor Ort interessiert, ist im Wedeler Stadtarchiv genau richtig. Dabei hilft Rannegger nicht nur Privatpersonen bei Recherchen weiter, sondern steht auch bei Anfragen von Schulklassen mit Rat und Tat zur Seite.

Zu den Aufgaben der Stadtarchivarin gehört unter anderem auch das aufwendige Einpflegen neuer Dokumente und Fotos, die ihr Wedeler vorbeibringen, in die umfangreiche Datenbank. Gleichzeitig erforscht Rannegger Kapitel der Stadtgeschichte, hält regelmäßig Lesungen und veröffentlicht Bücher. Unter anderem veröffentlichte sie „Nachrichten aus der Welt des Johann Rist“, schrieb über „125 Jahre Stadtrechte Wedel: Frauen in der Öffentlichkeit“ oder „1945 – als Flüchtling in Wedel: Eine Dokumentation der Stadt Wedel zur Nachkriegszeit.“ Sie sei in den Job damals mehr hineingerutscht, habe dann aber Blut geleckt, wie sie sagt. Was sie so fasziniert? „Wenn man spannende historische Zusammenhänge erkennt oder auf lustige Geschichten stößt.“ Dabei liebt sie es, weiter nachzuforschen. „Ich möchte immer noch mehr wissen“, erklärt sie.

Ein aktuelles Beispiel: Beim Ergänzen des Namensregisters vor 1945 stieß sie auf Helmut Gustav Bergmann. Bei ihren Recherchen stellte sich heraus, dass es sich bei dem Wedeler um einen ursprünglich aus Heilbronn stammenden Naturheilkundigen handelt. Dieser wollte 1922 auf dem Gelände des heutigen Krankenhauses in Wedel ein privat betriebenes Sanatorium errichten und dafür die alte Schützenhalle in Lufthütten umbauen. Allerdings versagte man ihm die Genehmigung aufgrund seiner 13 Vorstrafen. Darunter waren zwei, die er bekommen hatte, weil er Impfbefreiungszeugnisse ausgestellt hatte. „Ein Impfgegner zur damaligen Zeit. Das ist doch interessant“, so Rannegger. Zudem war er von Selbstheilung bei Syphilis und Harnröhrenkrankheiten überzeugt. Trotzdem ist es wohl ihm zu verdanken, dass fünf Jahre später an der gleichen Stelle ein Krankenhaus gebaut wurde. „Vielleicht hat er den Standort ins Gespräch gebracht“, überlegt Rannegger, die dem weiter nachgehen möchte und sich dabei auch über Hilfe von Ehrenamtlichen freut.

Im Bestand des Stadtarchivs befinden sich Unterlagen der Stadt Wedel (seit 1602), der Gemeinden Schulau (seit 1786) und Spitzerdorf (seit 1627). Wer im Archiv stöbern möchte, kann dies im Internet unter www.stadtarchiv-wedel.findbuch.net tun.