Quickborn. Brite kam 1945 mit den Besatzungstruppen nach Quickborn – und blieb. Nun wollen Forscher mehr über ihn wissen. Eine Spurensuche.

Dies ist die Geschichte von einer tiefen Freundschaft. Von einem legendären Fußballspiel. Und von einem Mann, der als Angehöriger der britischen Besatzungstruppen nach Quickborn kam, der blieb und der auf dem Friedhof an der Marienkirche begraben liegt. Sein Name: Frank Bushby.

Es ist aber auch die Geschichte von Uwe Langeloh (82), damals ein kleiner Junge, der sagt: „Frank Bushby war wie ein zweiter Vater für mich.“ Diese Geschichte beginnt am 3. Mai 1945 auf der Kieler Straße.

Es ist der Tag, an dem die Engländer in die Stadt einmarschieren. In Höhe des „Waldfrieden“ nehmen die britischen Soldaten die letzten Kämpfer der Wehrmacht gefangen. Langeloh versucht, so dicht wie möglich ans Geschehen heranzukommen, wird aber immer wieder weggejagt. „Aber das hat es für uns Jungs natürlich noch spannender gemacht“, sagt er heute.

Die Briten quartieren sich im Quickborner Hof gegenüber der Marienkirche ein. Und Uwe Langeloh beobachtet von seinem Fenster aus, wie der 33 Jahre alter Leutnant jeden Tag zur selben Zeit in die Gaststätte Wessel schräg gegenüber geht. „Was macht der da bloß immer?“, fragt er sich – und spricht den Soldaten schließlich an. Doch alles, was er auf Englisch herausbringt, ist so etwas Ähnliches wie die Frage nach Briefmarken: „Have you stamps?“

Diese Aufnahme zeigt Frank Bushby, noch in Uniform, bei einer Hochzeit in Quickborn. Die Dame an seiner Seite wird er später im Leben heiraten
Diese Aufnahme zeigt Frank Bushby, noch in Uniform, bei einer Hochzeit in Quickborn. Die Dame an seiner Seite wird er später im Leben heiraten © Archiv Willwater | Archiv Willwater

Trotzdem: Der Brite scheint beeindruckt vom Mut des Knirpses und antwortet freundlich. Irgendwie kommen sie dann auf das Thema Fußball zu sprechen, der Lieblingssport Langelohs. „Very good“, sagt Bushby. Und Uwe Langeloh, der unbedingt einen Fußball haben möchte, bittet lieber seine Schwester Elke, mit dem Briten zu sprechen. Weil sie besser Englisch kann. So erfahren beide, dass Bushby gern ein Fußballspiel zwischen den Quickbornern und den englischen Soldaten organisieren möchte. Vorher aber muss Uwe Langeloh noch seine Mutter von dieser sich anbahnenden Freundschaft überzeugen. „Du triffst dich nicht mehr mit diesem Engländer“, hat sie gesagt, „die haben Hamburg bombardiert.“ Dann lässt sie ihn doch gewähren.

Das Fußballspiel kommt irgendwann 1946 zustande, und Uwe Langeloh darf den Anstoß schießen. Bushby, der das Spiel als Schiedsrichter leitet, hat die Mannschaft des FC Holstein Quickborn, wie der größte Sportverein in der Stadt damals heißt, eigens mit einem Satz gelb-schwarzer Trikots ausgestattet. Die Einheimischen finden diesen Anblick erstaunlich und sprechen von den „Bienen“. Oder„Wespen“?

Genau wisse man das heute nicht mehr. Auch das Ergebnis dieses ersten Freundschaftsspiels zwischen Kriegsverlierern und einer Siegermacht in Quickborn sei nicht mehr bekannt, berichtet Matthias Willwater. Der Quickborner Kaufmann, der sich seit 25 Jahren der Aufarbeitung der Heimatgeschichte verschrieben hat, will jetzt mithilfe der Bevölkerung diese und ähnlich gelagerte Wissenslücken schließen. Auch Langeloh hofft, dass weitere Zeitzeugen dazu beitragen können, noch mehr über das Leben und Wirken und vor allem den Menschen Frank Bushby zu erfahren.

Uwe Langeloh (82) zeigt die Holzfigur, die Frank Bushby ihm vermacht hat
Uwe Langeloh (82) zeigt die Holzfigur, die Frank Bushby ihm vermacht hat © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Für Willwater kann das Wirken des Engländers Bushby nicht hoch genug gewürdigt werden. „Er hat die verfeindeten Nationen und Menschen zusammengebracht. Über den Fußball. Das zeigt, welche völkerverbindende Funktion der Fußball erfüllen kann.“

Heimatforscher Willwater will versuchen, noch tiefer in die Geschichte dieses Briten vorzustoßen, der nicht nur Quickborn über den Fußball mit England versöhnte, sondern sich offenbar auch selbst mit der norddeutschen Kleinstadt und ihren Einwohnern anfreundete und hier Freundschaften fürs Leben fand. „Diese Geschichte darf nicht verloren gehen.“

Zurück ins Nachkriegs-Quickborn. Wie dankbar der Verein FC Holstein Quickborn Frank Bushby ist, beweist ein Schreiben des Vorstands an den „sehr geehrten Sportskamerad“ vom Juni 1947, bevor Bushby wieder zurück in sein Heimatland reist. „Als Angehöriger der britischen Besatzungsmacht haben Sie sich durch Ihr hervorragendes sportliches Verhalten viele Freunde erworben“, heißt es darin auf Deutsch und Englisch. Der Verein wünsche Bushby „ein herzliches Lebewohl“ in der Hoffnung, „die hier in Quickborn angeknüpften freundschaftlichen Beziehungen führen Sie bestimmt einmal wieder nach Deutschland“. Zum Dank schenkt der Verein ihm eine Holzfigur.

Forscher bittet Bevölkerung um Mithilfe

Matthias Willwater hat sich in der Geschichtswerkstatt und bei der Initiative für ein selbstbewusstes Quickborn engagiert, die dann in den Henri-Goldstein-Verein mündete, der jetzt das ehemalige jüdische Kriegsgefangenenlager im Himmelmoor zu einer KZ-Gedenkstätte erklären lassen will.

Über Frank Bushby, sein Leben und Wirken in Quickborn hat er schon etliche Dokumente und alte Fotos, insbesondere vom früheren Kegelclub, zusammengetragen. Gern würde er noch weitere Informationen und Unterlagen über diesen ungewöhnlichen Engländer erhalten. „Ich liebe es, solche Puzzleteile zusammenzusetzen“, sagt Willwater.

Wer ihm dabei helfen möchte, wende sich telefonisch (04106/37 00) oder info@willwater.de per Email an ihn.

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Freundschaftliche Beziehungen führen Frank Bushby tatsächlich einmal wieder nach Quickborn. Ende der 50er-Jahre heiratet er die Witwe Annaliese Reimers. Er arbeitet in den 60er- und 70er-Jahren im britischen Konsulat in Hamburg. Uwe Langeloh hält über all die Jahre den Kontakt zu seinem englischen Freund aufrecht. „Ich hatte ihn gern. Er war immer so ein lustiger und sportlicher Typ“, sagt er.

Kurz bevor Frank Bushby 1991 im Alter von 79 Jahren stirbt, ruft er Uwe Langeloh noch mal zu sich. „Uwe, bei dir ist sie in guten Händen“, sagt er. Und verschenkt die Holzfigur, die er 1947 zum Dank für seinen Einsatz auf dem Fußballplatz bekommen hat.