Schenefeld. Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein starten Jobkampagne und werben auf ihren Fahrzeugen. Gesucht werden 100 neue Mitarbeiter pro Jahr.
Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) machen Werbung in eigener Sache, um ein großes Problem zu lösen: „Allein für den Fahrdienst suchen wir dieses Jahr 100 neue Kollegen“, sagt VHH-Geschäftsführer Toralf Müller. Und auch in anderen Bereichen benötigt das ständig wachsende Unternehmen frisches Blut. Das ist jetzt auch an und in den Bussen sichtbar: „Weil du es kannst“ ist das Motto der neuen Jobkampagne, für die 20 Busse des Unternehmens Reklame fahren und die Mittwoch auf dem Schenefelder Betriebshof erstmals öffentlich präsentiert wurde.
„Für uns ist es eine Herausforderung, neues Personal zu gewinnen“, sagt der Geschäftsführer des 1600 Mitarbeiter starken Unternehmens, das über zwölf Standorte – der größte liegt in Schenefeld – verfügt. 1337 Angestellte sind Busfahrer. Pro Jahr hören 60 von ihnen auf – zumeist aus Altersgründen. „Die müssen wir ersetzen. Und wir brauchen jedes Jahr 40 neue Kollegen, um unser ÖPNV-Angebot der starken Nachfrage entsprechend ausweiten zu können“, berichtet Müller.
Weil es immer schwieriger wird, die offenen Stellen zu besetzen, haben die VHH gemeinsam mit der Kieler Agentur Boy – sie ist auch für den Slogan „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“ verantwortlich – die Jobkampagne entwickelt. Sie umfasst neun unterschiedliche Motive, die groß an der Außenfassade und etwas kleiner in den Bussen zu sehen sind. Die Kampagne soll vermitteln, dass potenzielle Bewerber bei dem Unternehmen ihre eigenen Stärken einbringen können. Abgebildet sind keine Models, sondern echte Mitarbeiter der VHH.
Übrigens sind es zum Großteil Frauen. „Wir würden gern viel mehr Frauen beschäftigen. Wenn wir Männer abbilden, dann kommen Frauen in der Regel nicht auf die Idee, sich zu bewerben“, sagt Marketing-Leiterin Susanne Rieschick-Dziabas. Im Fahrdienst sei nur 14 Prozent der Belegschaft weiblich. Christine Krüger ist eine der Frauen hinterm Steuer. „Für mich war das schon ein Kindheitstraum“, sagt die 53-Jährige, die ursprünglich aus Sachsen-Anhalt kommt. Direkt nach der Wende verwirklichte sie ihren Traum und chauffiert mittlerweile seit 28 Jahren Fahrgäste durch die Gegend, seit 13 für die VHH. „Die Action in der Stadt macht mir total Spaß. Als Busfahrerin wird man auch als Frau für voll genommen, ich habe noch nie Stress gehabt“, sagt Krüger, die täglich irgendwo im Hamburger Westen unterwegs ist.
Viele Quereinsteiger sind schon über 40
Gesucht werden per Kampagne auch Kaufleute für Verkehrsservice, Kfz-Mechatroniker und Kfz-Lackierer. Am vordringlichsten jedoch Busfahrer. „Wir haben eine eigene Fahrschule mit fünf Bussen und sechs Fahrlehrern“, sagt Geschäftsführer Müller. Drei Monate dauert der Lehrgang, um einen Busführerschein zu erwerben. Müller: „Wir freuen uns über Quereinsteiger, über Menschen, die noch einmal einen Neustart wagen wollen. Viele, die bei uns anfangen, sind deutlich über 40.“
Die VHH verfügen laut Müller über viele Mitarbeiter, die 30 Jahre oder länger für das Unternehmen tätig sind. „Wir bieten einen unbefristeten Vertrag, eine gute Bezahlung und vernünftige soziale Rahmenbedingungen“, wirbt der Firmenchef. Und seine Marketing-Chefin ergänzt: „Mitarbeiter sind für uns keine Nummer, wir nehmen sie und ihre Bedürfnisse ernst, nehmen auch Rücksicht auf familiäre Belange.“ Menschen aus 60 Nationen arbeiten für das Unternehmen.
VHH in Zahlen
Auch andere Verkehrsbetriebe suchen händeringend Personal – etwa die Bahn. War Lokführer früher ein Traumberuf, wollen heute nur noch wenige in den Führerstand. Das betrifft nicht nur die Deutsche Bahn, sondern auch ihre private Konkurrenz. „Bundesweit besteht ein großer Bedarf an Lokführern“, bestätigt Christiane Lage-Kress, Sprecherin der AKN und ihres Tochterunternehmens Nordbahn. Und sie sagt weiter: „Wir freuen uns über Initiativbewerbungen von ausgebildeten Triebfahrzeugführern.“ Die Nordbahn bilde auch fortlaufend aus. Zehn Monate dauere der aus Theorie und Praxis bestehende Lehrgang.
75 Lokführer beschäftigt die AKN, 70 die Nordbahn. Hohe Krankenstände zwangen die Nordbahn in der Vergangenheit bereits dazu, Fahrten zu streichen. Lage-Kress: „Wir versuchen selbstverständlich, das zu vermeiden. Aber wenn plötzlich eine große Krankheitswelle auftritt, wird es schwierig, offene Schichten zu besetzen.“