Wedel . Pflücken ausdrücklich erlaubt: Wedels neue Stadtkarte zeigt die Standorte von Obstbäumen – auf Initiative der Gruppe „Wedel im Wandel“.

„Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum in seinem Garten stand“, so beginnt das Gedicht von Theodor Fontane, das so manches Kind in der Schule auswendig lernen durfte. Was Kinder auch früh lernen: Du darfst nichts stehlen, auch nicht die Birnen aus Nachbars Garten. Doch wie verhält es sich denn mit dem Obst, das an Bäumen und Sträuchern auf öffentlichem Grund und Boden wächst und gedeiht? Die Stadt erntet sie nicht ab. Gleichzeitig sind Passanten unsicher, ob sie denn nun zugreifen dürfen, und auch nicht in jedem Fall ist klar, ob es sich überhaupt um einen öffentlichen Baum handelt, zum Beispiel wenn er auf einem Weg am Kleingarten wächst. In Wedel sorgt die Stadtverwaltung nun für klare Verhältnisse und gibt ganz offiziell einen Stadtplan zum „Obstklauen“ heraus.

„Die Idee dazu gab es schon lange“, sagt Annette Lomberg vom Wedeler Bauhof. Zusammen mit ihrer Kollegin, der Gartenbauingenieurin Bettina Parszyk, hatte sie die Bäume bereits aufgelistet. Dass diese Liste nun auch in einen Stadtplan übertragen und offensiv beworben wird, ist allerdings auch das Verdienst einer engagierten neuen Gruppe. Die Initiatorinnen von „Wedel im Wandel“ hatten sich an die Stadt gewandt – unter anderem mit dem Anliegen, kenntlich zu machen, wo geerntet werden kann. „Das war der Anstoß, die Idee nun auch endlich einmal in die Tat umzusetzen“, sagt Lomberg.

Etwa 100 Bäume und Sträucher, die pflückbare Fürchte tragen, sind auf dem Stadtplan verzeichnet. So kann beispielsweise entlang der Kleingärten im Autal reichlich genascht oder zur Weiterverarbeitung für Marmeladen und Kuchen gepflückt werden. Denn allein an dieser Ecke finden sich Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Quitten, Esskastanien und Walnüsse. Zudem sind Johannisbeer- und Brombeersträucher sowie Mirabellen in dem Plan verzeichnet.

Hier kann auch geerntet werden

In Elmshorn ruft die Stadt im Herbst zur Gemeinschaftsernte auf. Traditionell wird am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, zum Apfelpflücken auf die großen Streuobstwiese am Ortsausgang nach Seester an der Straße Kurzenmoor gerufen. Gleichzeitig wird das Streuobstwiesenfest gefeiert.

In diesem Jahr soll es dank Sponsoren und ehrenamtlicher Helfer zum 13. Mal über die Bühne gehen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen die Themen Nachhaltigkeit, Regionalität. Kinder können frisch gepressten Apfelsaft trinken.

In der Haseldorfer Marsch gibt es einen Obstgarten mit alten Sorten. Besucher dürfen sich bedienen, solange sie für den eigenen Bedarf und in kleinen Mengen pflücken. Der Garten ist jederzeit zugänglich und vom Hafen Haseldorf aus zu Fuß zu erreichen. Einfach den Elbdeich überqueren und dem Hinweisschild in Richtung Nord-Osten folgen. Die Bäume sind mit Infotafeln über die jeweilige Sorte versehen.

Im Internet unter mundraub.org finden sich zudem weitere Standorte von schmackhaften Pflanzen und Bäumen auch im Kreis Pinneberg. Hier kann auch jeder ihm bekannte Standorte selbst eintragen und mit anderen teilen.

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Wer nun gleich den Korb schultert und sich zum Ernten aufmachen will, für den gibt’s noch ein paar Wermutstropfen. Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung weisen zum einen daraufhin, dass es sich bei den verzeichneten Bäumen zum Teil um jüngere handelt, deren Ertrag vielleicht noch nicht so groß ausfällt. Zum anderen dürfen beim erlaubten Obstklau keine Äste beschädigt werden. In die Bäume zu klettern und dabei Äste herunterzutreten ist unerwünscht. „Wer eine Leiter benutzt, macht das auf eigene Gefahr. Die Stadt haftet nicht“, stellt Lomberg klar, und Parszyk ergänzt: „Wir befinden uns in Deutschland und im 21. Jahrhundert, da muss man so etwas klarstellen.“

Unklar ist dagegen den Mitarbeitern der Stadtverwaltung allerdings noch, um welche Obstsorten es sich bei den städtischen Bäumen genau handelt. „Wir haben die Baumschulen um Mitteilung gebeten, was damals genau geliefert wurde“, berichtet Parszyk. Aber bisher stehen Antworten aus. Klar sei nur, dass es sich teilweise auch um sehr alte Sorten handelt. Falls diese Informationslücke zukünftig geschlossen werden kann, könnte der Plan aber aktualisiert werden.

Ohnehin soll das Projekt Obst-Stadtplan sich möglichst erweitern. Wedeler, denen ihre Bäume über den Kopf wachsen oder die gern ihr Obst wie Herr von Ribbeck aus dem gleichnamigen Fontane-Gedicht mit anderen teilen möchten, können sich laut Lomberg an die Initiative „Wedel im Wandel“ wenden.

Initiative „Wedel im Wandel“ gründete sich 2017

Auf der Internetseite www.wedel-im-wandel.de finden sich Informationen und Kontaktdaten zu der 2017 gegründeten Gruppe. „Man liest so viel über Klimawandel, Vermüllung der Meere – aber was kann man tun?“, sagt Susann Pauls. „Den Kopf in den Sand stecken, das ist auch nicht richtig. Wir fangen deshalb einfach an.“ Und das vor der Haustür. Bislang haben die Mitglieder des Netzwerkes ein Themen-Kino in der Stadtbücherei initiiert und sich erfolgreich für die Idee „Essbares Wedel“ stark gemacht. So werden zwei Hochbeete am Kinderspielplatz am Hans-Böckler-Platz am 28. August eröffnet.

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Zudem haben sie Projekte in Planung, bei denen es um ein plastikfreieres Leben, Teilen und Tauschen, Gemeinschaftsgärten, Erneuerbare Energien und eine Regionalwährung geht. Das nächste Treffen der Gruppe ist für Freitag, 7. September, um 19 Uhr im Raum 2 der Volkshochschule geplant. Interessierte sind willkommen.

Die Wedeler Stadtverwaltung versorgt Interessierte übrigens nicht nur mit dem Standortplan, sondern auch mit Rezepten für Tee und Marmelade aus Kornelkirsche. Letzteres findet sich auf der Homepage der Stadt www.wedel.de, genauso wie der Stadtplan, der in den kommenden Tagen veröffentlicht wird.